Hamburg. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Grundsteuer sollen künftig in die Aufwertung von Hamburgs Grünanlagen fließen.

Er war der Auslöser des ersten offenen Koalitionskrach im rot-grünen Bündnis – nun aber hat der Senat ihn gemeinsam beschlossen: den Hamburger Naturcent. Diese laut Umweltbehörde „bundesweit einmalige Regelung“ soll einen „ökologischen Finanzausgleich für Flächenverbrauch infolge von Bauprojekten“ schaffen. „Künftig wird es bei vielen Grün- und Brachflächen eine finanzielle Zuführung im Haushalt zugunsten des Umweltbereichs geben, die sich an der Höhe der zusätzlichen Grundsteuer nach Bebauung bemisst“, verkündete die Umweltbehörde des Grünen-Senators Jens Kerstan nach der Senatssitzung am Dienstag in schönstem Amtsdeutsch.

Das Geld solle „aufwachsend und dauerhaft in die Pflege von Parks und Naturschutzgebieten“ fließen. Ziel sei es, „trotz des Wachstums der Stadt die Grün- und Lebensqualität zu erhalten und zu verbessern“. Bauherren und Mieter würden durch den Naturcent nicht zusätzlich belastet.

Naturcent richtet sich nach Bebauungsdichte

Es soll also „für einen Großteil der neuen Wohn- und Gewerbeflächen in Hamburg künftig ein Finanzausgleich“ geben, der sich nach den zusätzlichen Einnahmen aus der Grundsteuer richtet, die aus der Neuerschließung von Flächen entstehen. „Dabei gilt: Je dichter die Bebauung und je größer die Versiegelung, desto höher die Summe“, so die Umweltbehörde. Die Einnahmen fließen demnach in das Sondervermögen „Naturschutz und Landschaftspflege“.

Die Regelung gilt laut Senatsbeschluss rückwirkend ab 1. Januar 2016. „Als sofort verfügbare Abschlagszahlung werden drei Millionen Euro bereitgestellt“, so die Behörde. Verteilt werden die zusätzlichen Einnahmen von der Umweltbehörde. „Die Bezirke können für geplante Projekte Geld aus dem Sondervermögen beantragen“, so die Kerstan-Behörde. „Die Entscheidung über die Vergabe richtet sich hauptsächlich an der Konzeptqualität aus.“ Möglicherweise werde ein Beirat eingerichtet, der mit entscheiden soll.

Viele Grünflächen trotz Bauboom

„Hamburg ist eine Stadt mit vielen Grünflächen und mit einer hohen Lebensqualität. Das soll auch so bleiben – auch wenn unsere Stadt einen Bauboom erlebt und wenn mehr Menschen nach Hamburg ziehen“, sagte Umweltsenator Kerstan. „Deshalb haben wir jetzt einen Mechanismus geschaffen, der einen vernünftigen Ausgleich und neuen Spielraum schafft, um die Parks und Grünflächen aufzuwerten. Das ist gerade dort wichtig, wo viele Menschen keine eigenen Gärten haben und auf gut gepflegte Grünanlagen angewiesen sind. Mit der Naturcent-Regelung fließen dauerhaft und aufwachsend Gelder in einen Topf, so dass wir Parks und Naturschutzgebiete künftig noch besser und häufiger pflegen können.“

Im Sommer hatte der Naturcent noch für offenen Streit in der Koalition gesorgt. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hatte damals eine Einigung im Bündnis für das Wohnen zwischen Stadt und Wohnungswirtschaft verkündet. Kerstan dementierte dies kurt danach öffentlich – und drohte damit, das Bündnis nicht zu unterstützen, sollte nicht vorher auch die konkrete Regelung zum Naturcent festgeschrieben werden. Schließlich setzte Kerstan sich durch.

SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal lobte die Einführung des Naturcents am Dienstag als Mittel zur „Verbesserung der Freiraumqualität“. Alexander Porschke, Hamburg-Chef des Naturschutzbund Deutschland sagte: „Wir machen uns große Sorgen wegen der ausufernden Bauvorhaben. Da ist es ein positives Zeichen, dass mehr Geld für die Natur verfügbar gemacht wird.“ Linken-Umweltpolitiker Stephan Jersch übte Kritik. „Statt Grünflächen gerecht in der Stadt zu verteilen werden grüne Leuchttürme geschaffen, von denen nur wenige Privilegierte profitieren“, so Jersch. „So steuert Hamburg weiter auf den Flächenfraß zu.“