Hamburg. Start-up Seedheart stellt Frühstücksmischungen nur aus Kernen, Beeren, Saaten her – und expandiert jetzt nach Berlin.
Dem Müsli geht’s an die Haferflocken! Zwei Hamburger haben das Getreide aus dem Müsli verbannt und eine im wahrsten Sinne des Wortes „kernige“ Alternative zu den herkömmlichen Frühstücksflocken kreiert. Sie besteht ausschließlich aus Saaten, Kernen und Beeren in Bioqualität. Hinter dem Start-up aus der Sternschanze stehen Tobias Blume (42) und Tilman Rautenstrauch (32), die Seedheart Mitte des Jahres in die Läden brachten und seitdem mehr als 6000 Packungen ihres Power-Frühstücks verkauft haben.
Und das alles ohne Foodkenntnisse oder Gründererfahrungen. Die Idee Seedheart hatte Tobias Blume „on the road“ – auf der Straße – irgendwo im Nirgendwo Australiens. Dort war der Controller während eines viermonatigen Sabbaticals mit einem Campervan unterwegs und lernte in den dortigen Supermärkten eine Form der Ernährung kennen, die er von zu Hause nicht kannte.
Marktlücke entdeckt
Frühstücksmischungen aus Saaten, Kernen und Beeren – aber ohne Getreide, Rosinen, künstliche Zusatzstoffe und Zucker. Der Weltenbummler war von dem Superfood-Frühstück so begeistert, dass er nach seiner Heimkehr in Deutschland darauf nicht verzichten wollte. Doch da er in den Reformhäusern und Biomärkten nur die herkömmlichen Müslis fand, mixte er sich seine Superfood-Mischung kurzerhand selbst.
Dass er damit den Grundstein zu Seedheart legt, stellt sich erst später heraus. Später, als er seinem Freund Tilman ein paar Portionen abfüllt und dieser begeistert von der neuen Form der Ernährung ist. Später, als die beiden Sportler bei Triathlons andere Teilnehmer von ihrem Power-Mix probieren lassen und sich alle nach dem Lieferanten erkundigen. Später, als sie merken, dass sie mit ihrer Mischung eine Marktlücke aufgetan haben.
„Reich an Nähr- und Ballaststoffen"
Das Besondere an Seedheart: „Es ist reich an Nähr- und Ballaststoffen, Proteinen sowie Vitaminen und enthält essenzielle Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Durch den hohen Anteil an Ballaststoffen, Eiweiß und mehrfach ungesättigten Fettsäuren sättigt es schnell und lang anhaltend“, sagt Tobias Blume und schwärmt von Zutaten wie Amaranth, Goldhirse, Leinsamen, Chiasamen und Quinoa, Kürbis- und Sonnenblumenkernen, Sesam, Cranberrys, Datteln, Gojibeeren, Weißmohn, Vanille und Zimt. Sein Versprechen: „Hohe Nährstoffdichte, positive Gesundheitswirkung.“
Früher war er Controller, heute ist er Geschäftsführer, Ernährungsexperte, Müsli-Macher, Pressesprecher, Vertriebler, Buchhalter und noch viel mehr. Gemeinsam mit Tilman Rautenstrauch hat er Seedheart aus der heimatlichen Küche, in der die ersten Portionen für Freunde gemixt und abgefüllt wurden, in die Regale von Mutterland, Bio Company und einigen Edeka-Märkten gebracht. Was die beiden Gründer früher in Handarbeit gemacht haben, erledigt heute ein Großhändler in Hamburg für sie.
Alle ein bis zwei Monate rund 250 Kilogramm
Bei Bode Naturkost werden alle ein bis zwei Monate rund 250 Kilogramm ihrer Superfood-Mischung hergestellt – das sind rund 850 Pakete. Pro Sorte. Mit den drei Sorten Classic, Cashew & Cacao sowie Very Berry ist Seedheart an den Start gegangen. Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 5,99 und 6,99 Euro für die 300-Gramm-Packung. In wenigen Tagen folgen zwei neue Varianten: sogenannte Superfood-Porridges mit Buchweizen und Hirsegrütze, Lupinenschrot und Flohsamen.
Der Markt dafür ist da, Müsli erobert den Frühstückstisch. Während traditionelle Frühstücksflocken und Cornflakes immer weniger gegessen werden, legen Müslis kräftig zu. 2015 wurden im Lebensmitteleinzelhandel mit Müslis 393 Millionen Euro umgesetzt – 2009 waren es 275 Millionen.
Laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie gehören Müslis nach persönlich zusammengestellter Rezeptur, wie sie etwa das bayerische Unternehmen MyMüsli anbietet, zu einem der Trendprodukte des Jahres. Kein Wunder also, dass der Müsli-Markt umkämpft ist und Dr. Oetker, Seitenbacher oder Kölln immer neue Varianten und Verkaufsformen (wie zum Beispiel Müsli im Becher) auf den Markt bringen. Selbst Kellogg, die jahrelang auf Produkte wie Smacks oder Frosties setzten, haben vor zwei Jahren Müslis mit ins Programm genommen.
Mit der Konkurrenz auf dem Müsli-Markt will Seedheart allerdings nicht verglichen werden. „Wir bieten ein vollkommen anderes Produkt an, das nichts mit herkömmlichen Müslis gemeinsam hat“, sagt Tobias Blume. Er hat diesen Satz schon oft gesagt. Auf Messen, wo er Seedheart vorgestellt hat, auf Sportveranstaltungen, wo er die Mischung verköstigen lässt. Und bei Einzelhändlern, denen er seinen Superfood-Mix präsentiert hat. Die Mühe hat sich gelohnt, immer mehr Läden nehmen Seedheart ins Sortiment auf.
Derzeit arbeitet Seedheart daran, auch außerhalb von Hamburg bekannt zu werden. Ein erster Schritt ist getan: Ab Februar bietet die Bio Company die Superfood-Sorten auch in ihren Märkten in Berlin an. Sollte sich Seedheart dort so gut verkaufen wie in der Hansestadt, kommt das Produkt voraussichtlich bundesweit in die Läden. Außerdem laufen derzeit Gespräche mit einer Hotelkette, die das Power-Frühstück künftig auf dem Büfett am Morgen platzieren will. Seedheart greift eben nicht nach den Sternen. Sondern den Kernen.