Hamburg. Bürgerschaft verabschiedet den Haushalt für 2017 und 2018. Oppositionsfraktionen verweigerten dem Etat die Zustimmung.
Es war Punkt 22.30 Uhr am Donnerstagabend, als sich die Hände erhoben: Die Abgeordneten von SPD und Grünen verabschiedeten in diesem Moment den Doppelhaushalt für die Jahre 2017 und 2018. Die Oppositionsfraktionen von CDU, FDP, Linken und AfD verweigerten dem Etat ihre Zustimmung – erwartungsgemäß. Denn das mehr als 4000 Seiten starke Werk fächert nicht nur bis ins Detail auf, für welche Bereiche wieviel Geld zur Verfügung steht. Sondern es stellt auch die Leitplanken für die Entwicklung der Stadt in den kommenden beiden Jahren dar, quasi ein in Zahlen gegossener Koalitionsvertrag – und dem kann die Opposition naturgemäß nicht zustimmen.
Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zur finanziellen Lage der Stadt:
Was besagt die Schuldenbremse?
Wichtigster Orientierungspunkt für alle Bundesländer ist die gesetzliche Schuldenbremse, die vorschreibt, dass von 2020 an Haushalte ohne Neuverschuldung aufzustellen sind. Hamburg hat die Schuldenbremse 2012 mit den Stimmen von SPD und den damaligen Oppositionsparteien Grüne und FDP in die Verfassung aufgenommen und dabei noch verschärft: Ziel des Senats muss es sein, schon von 2019 an ohne neue Kredite auszukommen.
Wie steht Hamburg bislang da?
Im klassischen Kernhaushalt, der öffentliche Unternehmen und Beteiligungen außen vor lässt, hat die Stadt schon 2014 erstmals seit Jahrzehnten einen Überschuss erzielt: 420 Millionen Euro. Auch 2015 stand am Ende ein Plus von rund 200 Millionen, für 2016 wird ebenfalls ein positiver Abschluss erwartet. Nach der kaufmännischen Betrachtungsweise („Doppik“), nach der in Hamburg seit 2015 die Haushalte aufgestellt werden, weist die Stadt hingegen noch ein jährliches Defizit von mehr als einer Milliarde Euro auf. Den Unterschied machen vor allem Abschreibungen und Rückstellungen aus, zum Beispiel für Pensionen früherer Beamter.
Wie hoch sind die Schulden?
Laut Senat wurden mit den Überschüssen aus 2014 und 2015 Schulden abgebaut, so dass der Schuldenstand im Kernhaushalt erstmals seit Jahrzehnten gesunken ist: von rund 23,8 auf 23,2 Milliarden Euro. Die Gesamtverbindlichkeiten des „Konzerns Hamburg“, also inklusive aller Beteiligungen und öffentlichen Unternehmen, steigt dagegen noch und lag Ende 2015 bei 42,6 Milliarden Euro – 800 Millionen Euro mehr als Ende 2014.
Was plant der Senat?
Für den kommenden Doppelhaushalt geht der Senat erstmals seit Menschengedenken schon in seiner Finanzplanung davon aus, dass nicht nur keine Kredite benötigt, sondern sogar Überschüsse erwirtschaftet werden: 29 Millionen Euro in 2017 und 220 Millionen in 2018 – Tendenz weiter steigend. Kaufmännisch betrachtet wird ein Defizit von 1,06 Milliarden Euro in 2017 und 832 Millionen in 2018 erwartet. Bis 2024 soll es schrittweise auf Null sinken – dann wäre die Stadt finanzpolitisch endgültig über den Berg. So ein ehrgeiziges Ziel hat sich außer Hamburg nur Hessen gesetzt.
Was hilft, was schadet?
Drei Sondereffekte beeinflussen seit Jahren die Finanzpolitik: Erstens die seit sechs Jahren sprudelnden Steuereinnahmen – an so eine lange Phase des Aufschwungs kann sich kaum ein Finanzpolitiker erinnern. Zum Vergleich: 2005 hatte die Stadt Steuereinnahmen von 7,06 Milliarden Euro zur Verfügung, 2015 schon 10,08 Milliarden – ein Plus von mehr als 40 Prozent in zehn Jahren.
Zweitens helfen die niedrigen Zinsen den Haushältern. Auch hier ein Vergleich: 2010, im letzten Jahr des CDU-geführten Senats, mussten 906 Millionen Euro Zinsen bezahlt werden, das waren gut elf Prozent der Steuereinnahmen. Für 2017 hingegen wird mit 625 Millionen Euro Zinsen kalkuliert – weniger als sechs Prozent der Steuereinnahmen.
Der dritte Sondereffekt hebt die anderen teilweise auf: Die Flüchtlingskrise hat Hamburg alles in allem schon mehr als 1,5 Milliarden Euro gekostet – allein für dieses Jahr stehen 800 Millionen Euro zur Verfügung. Für 2017 und 2018 besteht die Hoffnung, dass die Ausgaben etwas sinken.
Welches Konzept verfolgt der Senat?
Das Finanzkonzept des Senats ist denkbar einfach: Aus den Einnahmen der vergangenen zwei Jahrzehnte wird ein Trend für die kommenden Jahre abgeleitet. Daran haben sich die Ausgaben zu orientieren, die sogar durch ein „Finanzrahmengesetz“ gedeckelt sind. Das ist ein strenger Konsolidierungskurs, der aber auf Kürzungen und Sparprogramme verzichtet. Hinzu kommt: Weil die Einnahmen über Jahre immer weit über den Planungen lagen, wurden der Trend und damit der Finanzrahmen Ende 2015 einmalig angehoben. So können rund 400 Millionen Euro mehr ausgegeben werden. Pro Jahr.
Was sind die Schwerpunkte?
Der neue Spielraum macht es möglich: Von Polizei und Justiz über Kitas und Schulen bis zur Wissenschaft bekommen fast alle Bereiche ab dem kommenden Jahr mehr Geld. Den einen großen Gewinner gibt es nicht.