Die Demonstration der Linken im Parlament darf nicht Schule machen.

Mal eben ein paar Pappschilder hochhalten und als Abgeordnete im Parlament gegen die Ungerechtigkeit in der Welt protestieren, und schon hat man die Aufmerksamkeit der Medien, einschließlich der sozialen, auf sich gezogen. Spontane Aktionen sind für den Augenblick eben spannender als lange Haushaltsdebatten. Jetzt also die Fraktion der Linken, die die Sitzung der Bürgerschaft als Bühne für ihren Protest gegen Abschiebungen nach Afghanistan missbrauchte.

Ja, missbrauchte. Natürlich sind Würde und Integrität des Hohen Hauses nicht ernstlich infrage gestellt, nur weil acht Parlamentarier eine kleine Pappschild-Demo veranstalten. Es geht bei diesem Vorgang um etwas Grundsätzliches: Das Parlament ist der Ort des gesprochenen Wortes, des freien Wortes, wie zu präzisieren ist. Hier darf, hier soll jeder seine Meinung sagen. Dazu gehört selbstverständlich auch, sich die Meinung des anderen anzuhören und im Falle des Widerspruchs sich mit ihr argumentativ auseinanderzusetzen.

Die Debatte, der Streit um das bessere Argument, ist eine Grundfunktion der Demokratie. Das hinzubekommen ist häufig schwer genug. Wer die Bürgerschaft jedoch als Bühne für vordergründigen Protest benutzt, verkennt deren Charakter als zivilisierten Schonraum, von dem umgekehrt jeder Abgeordnete profitiert. Kurzum: Das Beispiel der Linken darf nicht Schule machen.

Damit nicht der falsche Eindruck entsteht, die Linken seien die Krawallbrüder und -schwestern in der Bürgerschaft: Gerade die Abgeordneten dieser Fraktion zählen sonst zu den leidenschaftlichen Debattierern. Nur am ges­trigen Mittwoch war das anders. Und deswegen traf die Linken zu Recht die härteste Strafe für Abgeordnete: für den Rest der Sitzung schweigen zu müssen.