Hamburg. Deutsche Fischer fangen in diesem Jahr etwa 40 Prozent weniger. Das Nordsee-Tier wird zum Luxuslebensmittel.

Liebhaber von frischen Krabben müssen jetzt ganz tapfer sein: Das Nordsee-Getier bleibt absehbar bis weit in das nächste Jahr hinein ein Luxus-Lebensmittel. Beim Fischhändler Breckwoldt in Blankenese etwa kosten 100 Gramm Krabbenfleisch aktuell 7,90 Euro. Normal sind 4,50 Euro. „Wenn Kunden jetzt ein Krabbenbrötchen bestellen, warnen wir sie vorher“, sagt Inhaber Georgios Karanikolas. Damit es ordentlich schmeckt, kommen bei ihm 100 bis 150 Gramm Krabbenfleisch zwischen die Brötchenhälften. „Das kostet dann bis zu zwölf Euro“, sagt der 44-Jährige, der das Traditionsgeschäft seit vier Jahren führt. Kein Einzelfall, Krabben sind nach einer kurzen Preisberuhigung deutlich teurer als im vergangenen Jahr.

Es herrscht Krabbenkrise

Schon im Sommer hatten die gestiegenen Preise für die Meerestiere für Aufregung gesorgt, an den St.-Pauli-Landungsbrücken kletterte der Krabbenbrötchenpreis auf 9,50 Euro. Damals hatten Fischer, Händler und Gas­tronomen noch darauf gesetzt, dass sich der Krabbenbestand im Herbst wieder regeneriert und die Preise sinken. Aber das ist nicht passiert. Jetzt herrscht Krabbenkrise.

„Die Krabbenfischer werden in diesem Jahr ihren niedrigsten Fang machen“, sagt Philipp Oberdörffer, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischerei (EzDK). Schon im ersten Halbjahr dieses Jahres ging den 170 deutschen Krabbenfischern nur die Hälfte der normalen Fangmenge ins Netz. Auf das ganze Jahr gerechnet werde das Minus bei 40 Prozent liegen, heißt es.

Preishoch bleibt bis zum Sommer

„Bis Sommer nächsten Jahres wird sich das auch nicht ändern“, sagt Oberdörffer. Schuld daran ist der Wittling, ein dorschartiger Fisch, der seit Jahresbeginn sehr präsent in der deutschen und dänischen Nordsee ist. Sein Lieblingsfressen: Krabben, besonders junge Krabben.

„Der Jahrgang wurde quasi aufgefressen“, sagt der Fischerei-Biologe. Und damit auch die Hoffnung auf die nächste Krabbengeneration. So ein schlechtes Jahr habe es zuletzt 1990 gegeben. Etwas besser sei die Situation in den Niederlanden, sagt Oberdörffer.

Fangmenge um fast die Hälfte gesunken

In einem normalen Jahr werden in Deutschland etwa 13.000 Tonnen Krabben gefangen. Schon 2015 war die Fangmenge jedoch auf 11.000 Tonnen leicht gesunken. In den ersten neun Monaten 2016 betrug sie laut der Statistik der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mit 3946 Tonnen nur noch etwas mehr als die Hälfte der Vorjahresmenge. Im September hatten die Fischer sogar nur ein Drittel des Fangs im September 2015 im Netz.

Trotz der geringen Fangmengen verdienen die Krabbenfischer gut. Statt drei bis vier Euro pro Kilo ungepulter Krabben bekommen sie jetzt neun Euro. „Der Umsatz ist so hoch wie nie“, sagt EzDK-Geschäftsführer Oberdörffer. Trotzdem sehen die Erzeuger die Entwicklung mit Sorge. „Sie würden lieber mehr fangen und die Kunden sicher versorgen“, so der Krabben-Fachmann. Es bestehe die Sorge, dass Krabben angesichts der Kostenexplosion zunehmend aus dem Markt verschwinden könnten. Denn die hohen Preise werden an die Kunden weitergegeben.

Krabben nur noch auf Bestellung

Beim Sylter Fischhändler Gosch beobachtet man die Entwicklung genau. „Wir haben die klare Philosophie, dass unsere Produkte für die Kunden bezahlbar sein müssen“, sagt Rüdiger Brochonski, Leiter der Lizenzgeschäfte. Im Sommer hatte das Unternehmen die Preissteigerung noch ausgeglichen und weiterhin Krabbenbrötchen für 4,95 Euro verkauft. Derzeit kostet ein Krabbenbrötchen in den 38 Filialen des Unternehmens maximal 6,50 Euro. Auch bei Tellergerichten mit Krabben wurden die Preise angehoben. Mehr, so Brochonski, wolle man den Kunden nicht zumuten, um sie nicht zu verschrecken. Mögliche Folge: Krabben gibt es dann nur noch auf Bestellung, oder gar nicht mehr.

Kunden kaufen kleinere Mengen

Aber auch, wenn man sich sein Krabbenbrötchen selbst macht, sind die Preise happig. Selbst wenn man beim Direktvermarkter kauft. Am Marktstand des Krabbenhandels von Kerstin Adrovic aus Friedrichskoog auf dem Ottenser Spritzenplatz kosten 100 Gramm Krabbenfleisch inzwischen 5,50 Euro. „Die Leute nehmen jetzt kleinere Mengen“, sagt Verkäufer Eugen Münz. Den 200-Gramm-Topf, normalerweise durchaus eine gängige Größe, bietet er inzwischen gar nicht mehr an. Im Onlineshop des Feinkost-Händlers Frische Paradies, der auch ein Ladengeschäft in Hamburg betreibt, kosten 200 Gramm Krabbenfleisch 19,59 Euro plus Versandkosten – und sind teurer als Garnelen.

Frische Krabben, nicht gefroren

Fischhändler Karanikolas aus Blankenese verkauft auch jetzt noch etwa 20 Kilogramm Krabbenfleisch in der Woche, unter anderem an Gastronomen. Dabei ist ihm wichtig, dass er nur frische Ware in der Auslage hat. „Es gibt auch Anbieter, die gefrorene Krabben auftauen und untermischen“, sagt der Breckwoldt-Inhaber. Dann könne man günstiger kalkulieren. Für ihn ist das keine Option. „Trotz der hohen Preise kommen die Kunden und kaufen Krabben“, sagt er. „Erstmal sind die Preise natürlich ein Schreck, aber inzwischen tritt ein Gewöhnungseffekt ein.“ Bei der Fischbude „Brücke 10“ an den Landungsbrücke kostet das Krabbenbrötchen weiterhin 9,50 Euro. Gekauft werden sie trotzdem.