Hamburg. Wo wird demonstriert, wo der Verkehr beeinträchtigt? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Ministertreffen.

Es soll einer der größten Polizeieinsätze der Hamburger Geschichte werden. Wenn am 8. und 9. Dezember die Außenminister aus 57 Staaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Hansestadt zusammenkommen, werden sogar Kampfflieger der Bundeswehr startbereit sein, um Angriffe aus der Luft zu verhindern. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen:


Wie viele Polizisten sind im Einsatz?
Zur Spitzenzeit werden rund 13.200 Beamte eingesetzt sein. 10.500 von ihnen unterstehen der Hamburger Polizei, darunter 6250 aus anderen Bundes­ländern. Allein 700 Beamte sind Angehörige von Spezialeinheiten. Die Bundespolizei, die für den Flughafen und an den Bahnhöfen zuständig ist, hat in der Spitze 2700 Beamte im OSZE-Einsatz. Auch 37 Pferde und 62 Diensthunde sollen in Hamburg die Sicherheit erhöhen.


Wie werden Tagungsorte geschützt?

Insgesamt stehen der Hamburger Polizei 6,3 Kilometer „Hamburger Gitter“ zur Verfügung. Allein 630 Meter werden am Rathaus aufgebaut. Der Rathausmarkt mit dem Weihnachtsmarkt bleibt frei. Dort verläuft die Absperrlinie, an der 530 Beamte eingesetzt werden, wenige Meter vor dem Rathausportal. Rund um die Messehallen werden drei Kilometer Gitter aufgebaut. Dort werden 500 Polizisten an der Absperrlinie eingesetzt. An einigen Stellen sind auch feste Zäune aufgebaut worden.

Wie werden die vielen Polizisten versorgt?
Für die Einsatzkräfte sind 35.000 Übernachtungen in 78 Hotels gebucht worden. 90.000 Lunchpakete liegen bereit. Es werden 51.000 warme Mahlzeiten, inklusive Hotelverpflegung, vorbereitet.

Wie stark wird der Straßenverkehr beeinträchtigt?

Die Polizei wird allein 3000 Fahrzeuge, darunter 23 Wasserwerfer und 18 Sonderwagen, zumeist Panzerwagen, im Einsatz haben. Die meisten Fahrzeuge werden in Kolonnen fahren. Das bedeutet, dass die gesamte Kolonne auch Ampeln gemeinsam passiert, wenn sie bereits auf Rot umgesprungen ist. Zudem werden viele der Fahrzeuge im öffentlichen Raum geparkt sein. Das wird zusätzlich Fahrstreifen blockieren. Auch die Delegationen werden in Konvois unterwegs sein. Sie werden von Polizeifahrzeugen begleitet und halten beispielsweise vor roten Ampeln. Mehrere Konvois werden „geschleust“, weil für sie besondere Sicherheitsstandards gelten. Sie halten nicht bei Rot. Motorradpolizisten werden vorausfahren und Kreuzungen für den Konvoi absperren, damit dieser durchgehend fahren kann.

Wie wird aus der Luft und auf dem Wasser für Schutz gesorgt?
Die Bundeswehr verfügt über sogenannte Alarmrotten. Sie bestehen aus mehreren Abfangjägern vom Typ Eurofighter, die in kürzester Zeit aufsteigen können und innerhalb von fünf Minuten auf Abfangkurs sind. Solche Abfangjäger sind abrufbereit, um einzugreifen, wenn während des OSZE-Treffens Flugzeuge in die für die Zeit der Konferenz eingerichteten Flugverbotszone von 30 Meilen eindringen. Die Rotte ist aber nicht der Polizei unterstellt. Die Polizei wird zudem zehn Hubschrauber im Einsatz haben, die auch nachts fliegen. Zudem ist ein Flugzeug der Polizei Hessen, eine zweimotorige P68 Observer im Einsatz, die zur Luftraumüberwachung dient. In der Flugverbotszone dürfen auch keine Drohnen aufsteigen. Der normale Flugverkehr in Fuhlsbüttel ist nicht beeinträchtigt. Auf dem Wasser hat die Polizei 35 Boote im Einsatz.


Welche Proteste sind angekündigt?

Alle angemeldeten Demonstrationen finden am 8. Dezember statt. Am Jungfernstieg wird eine kleinere Versammlung von 9 Uhr bis 13 Uhr erwartet. Von 12 Uhr bis 15 Uhr wird es eine Kundgebung auf dem Karolinenplatz geben. Von 16.30 Uhr bis 19.30 Uhr wollen Kurden vom Hachmannplatz zur Feldstraße ziehen. Die linke Szene hat eine Demonstration vom U-Bahnhof Feldstraße zum Dammtordamm in der Zeit von 18 Uhr bis 22 Uhr angemeldet. Eine Kundgebung wird es dann noch einmal von 20 Uhr bis 23 Uhr an der Feldstraße geben. Bei angekündigten Aktionen der linken Szene wird mit bis zu 200 Teilnehmern gerechnet.

Was genau ist die OSZE?
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist hervor­gegangen aus der KSZE, der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die in den 70er-Jahren einen entscheidenden Anteil an der Entspannung zwischen Ost und West hatte. Diese Konferenz endete 1975 mit der Schlussakte von Helsinki. Die OSZE mit Sitz in Wien und 57 Teilnehmerstaaten ist die einzige Organisation weltweit, in der alle europäischen Länder, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die USA, Kanada und seit 2012 auch die Mongolei vertreten sind. Zu den wichtigsten Zielen der OSZE gehört Rüstungskontrolle sowie die Schaffung von Sicherheit und Konfliktmanagement im OSZE-Raum. Beschlussfassende Gremien sind vor allem die Treffen der Staats-und Regierungschefs, der Ministerrat, der sich jährlich trifft und der Ständige Rat in Wien. Der OSZE-Vorsitz wechselt jährlich; 2016 hat ihn Deutschland inne – das Land, das am meisten Personal für die OSZE stellt.


Warum findet die OSZE-Konferenz in Hamburg statt?
Die OSZE tagt in der Hansestadt, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hansestadt bereits als Austragungsort des Gipfels der Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Indus­triestaaten und Schwellenländer (G20) am 7. und 8. Juli 2017 vorgeschlagen hat. Der OSZE-Gipfel dient auch der Vorbereitung dieses Treffens.

Welche Gäste werden zur Konferenz erwartet?
Erwartet werden die Außenminister der 57 OSZE-Mitgliedstaaten, darunter John Kerry (USA), Sergej Lawrow (Russland) und Jean-Marc Ayrault (Frankreich). Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist Vorsitzender der Konferenz. Erwartet werden insgesamt rund 1300 Diplomaten und 1700 Sicherheitsbeamte sowie technisches Personal.

Worüber reden die Außenminister und Delegationen?
Der Dauerkonflikt in der Ukraine dürfte das wichtigste Thema sein. Die derzeit größte Mission der OSZE ist die „Special Monitoring Mission“ in der Ukraine, für die bis zu 800 OSZE-Beobachter vorgesehen sind. Ferner soll über Terrorismus und Rüstungskontrolle gesprochen werden.

Wo wohnen die Außenminister und ihre Delegationen?

Die Hamburger Luxushotels profitieren vom OSZE-Gipfel. Welche Delegation in welchem Haus wohnt, ist geheim. In wohl allen Fünfsternehotels der Innenstadt sind Teilnehmer untergebracht. Nach Abendblatt-Informationen wird US-Außenminister John Kerry mit seiner Delegation im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten absteigen. Im Hotel Atlantic sollen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und die deutsche Delegation Quartier beziehen. Im Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee steigen dem Vernehmen nach mehrere Außenminister ab. Darunter auch Charles Flanagan aus Irland. Die Isländer wohnen im Reichshof an der Kirchenallee. In den Hotels herrscht die höchste Sicherheitsstufe. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat die Häuser besucht und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen veranlasst.