Hamburg . Auf dem Kongress für Notfallmedizin im CCH machten zwei Experten Vorschläge, wie die Notfallversorgung verbessert werden kann.

Überfüllte Notaufnahmen, Patienten, die mit Bagatellerkrankungen dorthin kommen, die eigentlich vom Hausarzt versorgt werden können – die Situation in den Notaufnahmen ist auch Thema des Notfallmedizinkongresses der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), der bis Freitag mit fast 6000 Teilnehmern im Hamburger Congress Centrum stattfindet.

„Es muss dringend etwas getan werden, die niedergelassenen Ärzte müssen in die Versorgung mit eingebunden werden“, sagte Kongresspräsident Prof Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf. Mit dem Divi-Präsident Gerhard Jorch aus Magdeburg ist er sich einig, dass die Einrichtung von sogenannten Portalpraxen von niedergelassenen Ärzten, die die Versorgung von leichteren Erkrankungen vornehmen, eine gute Möglichkeit ist.

Kosten für ambulante Behandlung in Notaufnahmen nicht gedeckt

Doch das ist nicht das einzige Problem, das in der Notfallversorgung gelöst werden muss. Wenn die ambulante Versorgung von Patienten in den Krankenhäusern gewollt sei, müsse man dafür eine Form der Finanzierung finden, sagte Jorch. Denn im Moment sei es so, dass die Krankenhäuser mit der ambulanten Versorgung minus machten. Laut Jorch erhalten sie für die ambulante Versorgung eines Patienten rund 35 Euro, haben aber Kosten von 160 Euro.

Eine denkbare Regelung sei, dass die Krankenhäuser mit Notfallambulanzen einen bestimmten Sockelbetrag für die Vorhaltung der personellen, technischen und baulichen Ausstauung erhielten. Mit dem neuen Krankenhausstrukturgesetz solle die Behandlung zwar besser vergütet werden, aber wie hoch diese Vergütung ausfalle, sei noch unbekannt.

Unnötige Verzögerungen müssen noch besser vermieden werden

Verbesserungen sind laut Jorch auch in der Notfallversorgung nötig. So sind die Rettungsdienste zwar angewiesen, Patienten in das nächste geeignete Krankenhaus zu bringen. Aber die Vorgabe „geeignet“ werde oft nicht eingehalten. Jorchs Vorschlag ist, die Rettungsdienste mit Diagnoselisten zu versorgen, aus denen hervorgeht, bei welchen Erkrankungen die Rettungswagen welche Fachabteilungen anfahren sollten. Außerdem müsse dafür gesorgt werden, dass Patienten mit bestimmten Erkrankungen ohne zeitraubende Umwege über Krankenhausaufnahmen in spezialisierten Zentren behandelt werden.

Als Beispiel schilderte er den Fall einer jungen Schwangeren, die wegen Blutungen das nächste Krankenhaus aufsuchte. Dort sei sie zwar von einem Gynäkologen untersucht worden der sie dann an das nächste Perinatalzentrum weiter überwiesen habe. Doch diese Vorgehensweise habe so viel Zeit gekostet, dass das Baby nicht gerettet werden konnte. Wäre sie gleich zu dem weiter entfernten Perinatalzentrum gefahren, hätte das Kind überlebt. Ein weiterer Vorschlag von Jorch: den Mutterpass mit einem Stempel zu versehen, aus dem hervorgeht, an wen sich die Schwangere im Notfall wenden soll.

Patientenverfügungen sind nur wertvoll, wenn sie eine konkrete Situation beschreiben

Ein weiteres Thema des Kongresses war die Patientenverfügung. „Die Patientenverfügungen sind oft leider sehr unkonkret. Sie sind nur wertvoll, wenn sie eine konkrete Situation beschreiben“, sagte Kluge. Nun seien medizinische Laien sicher damit überfordert, Vorgaben für jede denkbare medizinische Situation zu machen. Aber bei Patienten mit chronischen Erkrankungen, wie zum Beispiel einer schweren chronischen Bronchitis, sollten in ihrer Patientenverfügung schon genau festlegen, wie die medizinische Behandlung aussehen soll, wenn sie selbst nicht mehr entscheiden können.

UKE-Umfrage: Nur knapp 40 Prozent der Intensivpatienten haben eine Vorsorgevollmacht

Hilfe dabei bietet auch die Vorsorgevollmacht, mit der man nahestehende Personen, die die Bedürfnisse des Patienten kennen, ermächtigt, für ihn Entscheidungen zu treffen, wenn er dies selbst nicht mehr kann. „Spätestens mit 60 Jahren sollte jeder eine Vorsorgevollmacht haben“, sagte Kluge. Die Realität sieht aber leider anders ais. Das UKE hat 1000 Patienten von Intensivstationen bei ihrer Verlegung auf eine Normalstation zu diesen Dokumenten befragt. Das Ergebnis: Nur 38,6 Prozent hatten eine Vorsorgevollmacht und 30 Prozent eine Patientenverfügung. Nur bei 23 Prozent lagen diese Unterlagen bei ihrer Aufnahme ins Krankenhaus den Ärzten vor.