Hamburg. CDU-Fraktionschef André Trepoll wird selbst bei der eigenen Klientel nicht als Alternative zu Bürgermeister Scholz wahrgenommen.

Die meisten tun es heimlich. Wer will schon als eitel gelten? Aber der öffentliche Mensch muss doch wissen, wie es um seine Prominenz und seinen Ruf in der Welt steht! Also googelt er immer mal wieder den eigenen Namen. Man kann die Suchmaschine auch zur Klärung der Machtverhältnisse benutzen. Früher gab es die lustige Internetseite Googlefight. Dort trug man zwei Namen ein, sagen wir, den von CDU-Fraktionschef „André Trepoll“ und seiner Stellvertreterin „Karin Prien“. Während die Maschine das Weltnetz durchsuchte, prügelten sich auf dem Bildschirm zwei Männeken, am Ende stand das mit den meisten Fundstellen als Sieger auf einem Podest, der Verlierer klein daneben.

Prien bekannter als Trepoll

Würde man das heute mit Trepoll und Prien machen, bekäme die Stellvertreterin das höhere Treppchen. Das muss Trepoll zwar nicht wirklich wurmen. Langfristig problematischer könnte für den 39-jährigen die aktuelle Gesamt-Konstellation werden. Die in den Medien und sozialen Netzwerken omnipräsente Blankeneserin Prien hat ihre Ambitionen auf eine Bundestagskandidatur aufgegeben – dürfte dafür in Hamburg auch weiter für jede Menge Schlagzeilen sorgen. „Karin Prien ist wohl die bekannteste Hamburger CDU-Politikerin“, räumen Fraktionskollegen ein.

Trepoll dagegen hat offenbar größte Mühe, von den Bürgern überhaupt wahrgenommen zu werden. Nicht einmal jeder vierte Hamburger kann nach einer in dieser Woche vom Abendblatt veröffentlichten Umfrage der Uni Hamburg mit seinem Namen etwas anfangen. Von denen, die ihn kennen, sind insgesamt 68 Prozent und sogar 45 Prozent der CDU-Anhänger mit seiner Arbeit unzufrieden.

Seiner Partei konnte Trepoll mit seiner soliden Arbeit in der Bürgerschaft bisher auch nicht helfen: Sie verharrt bei 18 Prozent, was dem zweitschlechtesten Wahlergebnis aller Zeiten entsprechen würde. Wer auf eine schnellere Erholung vom 15,9-Prozent Debakel von 2015 gehofft hatte, dürfte enttäuscht sein – zumal die SPD mit 48 Prozent Kurs auf eine absolute Mehrheit nimmt.

Was ein Politologe sagt

Auch dem SPD-Bürgermeister Olaf Scholz kann Trepoll nicht das Geringste anhaben – der ist laut Umfrage über die Maßen beliebt, selbst 69 Prozent der CDU-Anhänger sind mit seiner Arbeit zufrieden. Mithin: Der bisweilen betulich wirkende Trepoll wird selbst bei der eigenen Klientel nicht als Alternative zu Senatschef Scholz wahrgenommen.

Das könnte gerade an der Ähnlichkeit der beiden Herren liegen. Auch Scholz ist ja kein Volkstribun, sondern ein stiller politischer Facharbeiter. Die Wähler aber wünschen sich nun einmal inhaltliche und politische Alternativen – und nicht Kandidaten und Parteien, die wie Abziehbilder voneinander wirken. Auch das hat die Umfrage gezeigt. Nur 26 Prozent der Hamburger stimmten darin der Aussage zu, dass sich die Parteien genügend unterscheiden und „der Bürger klare Alternativen hat“.

Was also könnte die CDU tun, um mehr Profil zu gewinnen? Eine Möglichkeit nennt der Politikwissenschaftler Kai-Uwe Schnapp, der die Uni-Umfrage leitete: „Die CDU könnte Scholz eine Frau entgegensetzen.“

Frauen in Spitzenpositionen bei der CDU?

Aber halt! Frauen in Spitzenpositionen bei der Hamburger CDU? Da könnte man ja genauso gut Jubelfußball vom HSV erwarten. Schließlich haben die oft seit Junge-Unions-Zeiten verbrüderten Männer gerade dafür gesorgt, dass keine Hamburger CDU-Frau mehr in den Bundestag kommt. Geht es nach dem 17er-Ausschuss, in dem Parteichef Roland Heintze, Fraktionschef Trepoll und die durchweg männlichen Kreis-Chefs den Ton angeben, nominiert die CDU auf den ersten vier Plätzen der Landesliste nur Männer. Die bisherige Bundestagsabgeordnete Herlind Gundelach wurde auf den chancenlosen Platz 5 degradiert.

"Geschlechtergerechte" Gremien

Mit dieser Patriarchen-Planung ignoriert die Parteiführung eigene Beschlüsse. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Frauen ... in Führungspositionen stark unterrepräsentiert sind“, heißt es in den 2012 von der CDU Hamburg beschlossenen Leitlinien – und weiter: „Als CDU wollen wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und unsere Gremien geschlechtergerecht besetzen.“ Im Bundesstatut heißt es: Bei Wahllisten „soll das vorschlagsberechtigte Gremium unter drei aufeinanderfolgenden Listenplätzen jeweils mindestens eine Frau vorschlagen“. Statt „mit gutem Beispiel voranzugehen“, ließ Parteichef Heintze die Männer-Liste in dieser Woche von den Juristen der Bundespartei absegnen – und berichtete dem Vorstand, dass alles okay sei. Die schönen Sätze in Leitlinien und Statut seien nicht bindend.

Gibt es Aufstand der Frauen?

Ob Heintze damit beim Nominierungsparteitag am 8. Dezember, der das letzte Wort bei der Listenaufstellung hat, ohne Wunden durchkommt oder es einen Aufstand der Frauen gibt, ist offen. „Ich erwarte, dass die Liste korrigiert wird“, sagt Heintzes Stellvertreterin Birgit Stöver. Und Fraktionsvize Prien kündigt an: „Wir wollen das durchkämpfen.“ Ziel wäre es wohl, Herlind Gundelach, bisher Bundestagsabgeordnete für Harburg und Bergedorf, wieder auf Platz 3 zu hieven. Ob die das will, ist allerdings nicht klar. „Ich halte mir das offen“, sagte Gundelach dem Abendblatt. Die „große Unterstützung“ nach dem Männer-Coup habe sie „sehr beeindruckt“.

Handicaps der Herren

Der Kampf der CDU-Frauen könnte auch ein Vorgeschmack auf die Zeit nach der Bundestagswahl sein. Anfang 2018 beginnt die Suche nach einem Spitzenkandidaten für die Bürgerschaftswahl 2020. Bisher sieht es so aus, als wollten Parteichef Heintze und Fraktionschef Trepoll die Kandidatur unter sich ausmachen. Dabei haben beide Herren Handicaps: Heintze hat kein Bürgerschaftsmandat, also keine publikumswirksame Plattform. Und den Namen Trepoll kann sich offenbar kaum ein Hamburger merken. Könnte es also sein, dass noch eine Frau auftaucht, die besser aufgestellt ist?

Ob die Frauen aber wirklich gewillt sind, die Machtfrage zu stellen, wird sich beim Parteitag zeigen. Allzu viel Angst müssen die Männer wohl nicht haben. Wenn es ernst wurde, dann haben die Frauen in der Hamburger CDU noch immer rechtzeitig gekniffen.