Hamburg. Hunde müssen derzeit im ganzen Stadtgebiet angeleint werden, Katzen im Haus bleiben. Fragen und Antworten zur Vogelgrippe.

Nachdem bei verendeten Wildvögeln in Rothenburgsort der gefährliche Geflügelpest-Erreger H5N8 nachgewiesen wurden, ist die Verunsicherung bei Hamburgs Tierhalten groß. Hunde und Katzen dürfen sowohl im Sperrbezirk mit einem Radius von drei Kilometern um den Fundort der toten Vögel sowie in einem Beobachtungsgebiet mit einem Radius von elf Kilometern Radius rund um den Fundort nicht mehr frei herumlaufen.

Den in der Bundesverordnung zum Schutz vor Geflügelpest vorgeschriebene Radius von mindestens zehn Kilometern wurde durch die Gesundheitsbehörde erweitert, um das komplette Stadtgebiet erfassen zu können. Für Hunde gilt stadtweit Leinenpflicht; auch Katzen müssen allerorts das Haus hüten. „Es besteht die Gefahr, dass die Haustiere das H5N8-Virus nach dem Kontakt mit verendeten Vögeln weiter verbreiten“, hieß es bereits am Sonntag aus der Gesundheitsbehörde.

Kommentar: Leinenzwang wirkt hysterisch

Viele Hamburger ignorieren indes das Leinengebot. Auf den Alsterwiesen tobten am Dienstagmittag jede Menge Vierbeiner frei herum. Auf Abendblatt-Nachfrage antworteten Hundehalter, nichts von der Regelung für Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet zu wissen.

Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro

Larissa Zolotar führte ihre beiden Hunde auf der Hundewiese am Cliff aus. Sie hatte die beiden Möpse angeleint. Die Hamburgerin hatte am Morgen durch die Medien von der Anleinpflicht erfahren. "Ich merke aber schon nach wenigen Minuten, wie unausgeglichen die Hunde sind", sagt sie. "Wenn alle anderen Hunde frei herumlaufen, ist die Versuchung groß, meine Hunde auch von der Leine zu lassen." Das kann teuer werden. Wer seine Hunde innerhalb Hamburgs nicht an der Leine führt, muss mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro rechnen. Die Kontrolle und die Verhängung von Bußgeldern obliegt den Bezirksämtern.

Bezirksamt Mitte kontrolliert verstärkt

Das Bezirksamt Mitte wird die Einhaltung des Leinenzwangs verstärkt kontrollieren, kündigt Pressesprecher Norman Cordes an. Gleichzeitig steht aber nicht fest, woher das zusätzliche Personal kommen soll. Momentan sind nach Abendblatt-Informationen fünf bis sechs Mitarbeiter im sogenannten Hundekontrolldienst angesiedelt – dieser Dienst ist für alle Bezirke im Bezirksamt Mitte angesiedelt.

Sollte ein Mitarbeiter allerdings einen Hundehalter antreffen, dessen Hund ohne Leine ist, kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren angestrengt werden. Zunächst aber werde es der Mitarbeiter wohl bei einer Ermahnung belassen. Wer aber häufiger erwischt wird und seinen Hund trotz des Leinenzwangs frei herumlaufen lässt, muss mit einem empfindlich hohen Bußgeld rechnen.

Unterdessen sind auch Hamburgs Katzenhalter, deren Katzen Freigänger sind, also regelmäßig draußen sind, stark verunsichert. Allein in der auf Katzen spezialisierten Tierarztpraxis Cats Only in Eimsbüttel gingen am Dienstagmorgen etliche Anrufe ein. „Wie erkenne ich Geflügelpest bei meiner Katze, ist meine Katze gefährdet?“, waren häufige Fragen, die Tierarzt Michael Garner beantworten musste.

Sein Tipp für Halter von Freigängern, die nun 21 Tage in der Wohnung bleiben müssen: „Sorgen Sie für ausreichend Abwechslung, für Spielmöglichkeiten und für Sitz- und Liegegelegenheiten in der Höhe. Das mögen Katzen. Sie sollten ein großes Katzenklo anschaffen und das Streu acht bis zehn Zentimeter hoch einfüllen.“ Es könne gut passieren, dass Katzen, die nun drinnen bleiben müssen, ihr Geschäft irgendwo in der Wohnung verrichten, aus Frust.

Tierschutzverein kritisiert Stubenarrest und Leinenzwang

Kritik am Leinenzwang und am „Stubenarrest“ für Katzen kommt vom Hamburger Tierschutzverein. Sprecher Sven Fraaß: „Diese Maßnahmen sind Augenwischerei und wir bezweifeln deren Erfolg.“ Katzen einzusperren und Hunde anzuleinen werde nichts an der Ausbreitung der Vogelgrippe ändern.

In Niedersachsen gibt es keinen generellen Leinenzwang und Hausarrest für Katzen. Dort regelt das jeder Landkreis individuell. Das Friedrich-Loeffler-Institut sagt dazu, dass die Infektion von Säugetieren mit H5N8 eher unwahrscheinlich ist. Hunde oder Katzen bergen aber ein Verschleppungsrisiko, indem sie mit infizierten Kadavern oder Kot in Berührung kommen und den Erreger an vielen Stellen in der Umwelt verbreiten. „Insofern ist eine Anleinpflicht auch in Großstädten durchaus sinnvoll“, sagt Sprecherin Kristin Schalkowski.

Hunde und Katzen können sich infizieren

Zahlreiche Hamburger hätten sich seit Auftreten des Vogelgrippe-Virus' ans Bürgertelefon gewandt. Es habe Mitteilungen über Fund von toten Vögeln gegeben. „In den meisten Fällen handelte es sich aber um besorge Hunde-, Katzen- und Geflügelbesitzer, die Fragen hatten", sagt Rico Schmidt, Sprecher der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz. Die Gesundheitsbehörde hat für diesen Zweck auf hamburg.de eigens eine Liste von Häufigen Fragen und Antworten zur Geflügelpest veröffentlicht.

Wichtigste Frage der Haustierhalter: Können Hunde und Katzen infiziert werden? Die Antwort: Fleischfresser wie Hunde und Katzen können sich theoretisch infizieren, wenn sie große Mengen des Erregers aufnehmen. Praktisch sind solche Fälle bislang nicht bekannt geworden. Hunde und Katzen können das Virus allerdings weiter verbreiten. Daher soll ein direkter Kontakt mit toten oder kranken Vögeln verhindert werden.

Ist Geflügelpest auch für Menschen gefährlich?

Infektionen des Menschen mit den aktuell auftretenden H5N8-Viren wurden bislang weltweit nicht nachgewiesen. Wie bei allen Geflügelpestviren sind aber auch bei H5N8 erhöhte Schutzmaßnahmen beim Umgang mit potenziell infiziertem Geflügel und Wildvögeln einzuhalten.