Hamburg. Kabinenpersonal von Eurowings legt Arbeit nieder. Piloten des Mutterkonzerns Lufthansa streiken Mittwoch. Tipps für Fluggäste.
Streikende Flugbegleiter haben am heutigen Dienstag bundesweit etwa jeden siebten Flug der Eurowings-Gruppe am Boden gehalten. 62 von 442 geplanten Verbindungen wurden gestrichen, wie ein Sprecher der Lufthansa-Tochter in Köln mitteilte.
Ver.di hatte zuvor überraschend für die Zeit zwischen 5 bis 20 Uhr einen Streik angekündigt. Aufgerufen sind die Kabinenbeschäftigten von Eurowings in Hamburg und Düsseldorf. Am Helmut-Schmidt-Flughafen in Fuhlsbüttel wurden am Morgen bereits je sieben Abflüge und Ankünfte gestrichen. Im Laufe des Tages könnten jedoch noch weitere Ausfälle bei den insgesamt 40 Starts und Landungen von Eurowings hinzukommen. In Hamburg hat die Gesellschaft sechs Maschinen stationiert.
Passagiere der Eurowings müssen sich auch auf größere Verspätungen gefasst machen. So startete beispielsweise die Maschine nach Catania um 11.15 Uhr mit 45 Minuten Verzögerung. Die Fluggesellschaft empfahl allen Reisenden, sich auf der Internetseite des Unternehmens unter www.eurowings.com zu informieren, ob ihr Flieger abhebt. Alternativ gibt es dazu Informationen unter www.hamburg-airport.de (im Bereich Rund ums Fliegen/Abflug bzw. Rund ums Fliegen/Ankunft).
Mittwoch streiken die Piloten
Die Gewerkschaft Ver.di und das Unternehmen streiten ums Geld und um weitere Verbesserungen für das Eurowings-Kabinenpersonal. Auch die Piloten der Muttergesellschaft Lufthansa wollen an diesem Mittwoch den Flugverkehr komplett bestreiken. Betroffen seien alle Flüge aus Deutschland. Das kündigte die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit am Montagabend in Frankfurt an. In Hamburg könnten demnach 30 Abflüge und 30 Ankünfte von insgesamt 403 Verbindungen von und nach Hamburg betroffen sein. Das teilte die Pressestelle des Hamburg Airport auf Nachfrage mit. Die Lufthansa bedient von und nach Hamburg eine Verbindung nach München, sowie nach Frankfurt am Main.
Vorstellungen der Tarifpartner klaffen weit auseinander
Es handelt sich um den 14. Streik in der laufenden Tarifauseinandersetzung. Dieses Mal geht es ausschließlich um die Tarifgehälter von rund 5400 Piloten der Lufthansa, der Lufthansa Cargo und der Tochtergesellschaft Germanwings. Die Piloten verlangen Tariferhöhungen von 22 Prozent über einen Zeitraum von fünf Jahren. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit hatte am vorigen Mittwoch erneut den Vorschlag des Unternehmens abgelehnt, in eine Schlichtung zu den offenen Gehaltsverhandlungen einzusteigen.
Grund sei das viel zu niedrige Gehaltsangebot, das man als Grundlage einer Schlichtung nicht akzeptieren könne, hatte VC-Sprecher Markus Wahl der Deutschen Presse-Agentur gesagt. „Statt nach einer wirklichen Lösung zu suchen, hat Lufthansa so wenig angeboten, um sich für eine folgende Schlichtung bestmöglich aufzustellen.“
Tatsächlich klaffen die Vorstellungen der Tarifpartner sehr weit auseinander: Die Gewerkschaft fordert über einen Zeitraum von fünf Jahren bis April 2017 Gehaltserhöhungen von insgesamt 22 Prozent in fünf Stufen. Der vorherige Tarifvertrag über die Gehälter der rund 5400 Piloten von Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings war Ende April 2012 ausgelaufen. Lufthansa hat nach eigenen Angaben ein Lohnplus von 2,5 Prozent für den 20 Monate längeren Zeitraum bis Ende 2018 angeboten. Angesichts von Milliardengewinnen des Unternehmens könne man Reallohnverluste beim Personal nicht hinnehmen, hatte die VC bereits am Montag erklärt.
Lufthansa hatte vorige Woche versucht, den drohenden Pilotenstreik in letzter Minute abzuwenden. „Es ist noch nicht zu spät für eine Einigung“, erklärte Personal-Vorständin Bettina Volkens und appellierte an die Pilotengewerkschaft, gemeinsam mit dem Unternehmen in eine Schlichtung zu den offenen Vergütungsfragen zu gehen. Neben der Gehaltsfrage sind auch andere Tarifthemen wie die Betriebsrenten und die Übergangsversorgung nach wie vor ungelöst.
Bisher keine Lösung bei Eurowings
Auch bei der Lufthansa-Billigflugtochter Eurowings ist es trotz mehrmonatiger Verhandlungen bisher zu keiner Lösung im Tarifkonflikt gekommen. „Der Eurowings-Vorstand hat die Arbeitsniederlegung provoziert“, sagte Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Obwohl die Gespräche mit Ver.di weit fortgeschritten seien, habe das Unternehmen darauf beharrt, gemeinsam mit Ver.di und der Flugbegleitergewerkschaft UFO einen Tarifvertrag zu verhandeln. „Als mitgliederstärkste Gewerkschaft bei Eurowings bestehen wir auf einem eigenständigen Tarifabschluss“, so Behle. In den vergangenen sieben Jahren habe UFO keine tabellenwirksame Erhöhung erreicht. Ver.di fordert für die rund 460 Kabinenmitarbeiter unter anderem eine Anhebung der Gehälter und der Funktionszulagen von je sieben Prozent bei einer Tariflaufzeit von zwölf Monaten. Die Airline wurde mit dem Streik auf dem falschen Fuß erwischt. Ver.di habe die Tarifverhandlungen nicht als gescheitert erklärt, sagte ein Eurowings-Sprecher.
Welche Rechte haben nun die Passagiere?
Betroffene Lufthansa-Flüge können kostenlos storniert werden, wie ein Lufthansa-Sprecher erklärte. Ab Dienstagmittag wird der Sonderflugplan auf der Lufthansa-Seite veröffentlicht. Außerdem bietet Lufthansa ab sofort kostenlose Umbuchungen an. Wer im Besitz eines Lufthansa-, Swiss-, Austrian-Airlines- oder Brussels- Airlines-Tickets für Flüge am 23. November 2016 ab Deutschland ist, kann auf der Webseite des Unternehmens unter „Meine Buchungen“ umbuchen – auch, wenn der Flug nicht vom Streik betroffen ist. Umbuchungen sind allerdings nur innerhalb des Originaltarifs möglich. Das Ticket muss vor dem 21. November 2016 ausgestellt worden sein und der neue Reisezeitpunkt vor dem 1. März 2017 liegen. Wer sein Flugticket bei einem Reiseveranstalter gebucht hat, kann sich nach Angaben von Lufthansa auch direkt an den Veranstalter wenden.
Stornierungen bei Eurowings
Der Eurowings-Streik hat am Dienstagmorgen begonnen und soll um 20 Uhr enden. Langstreckenflüge sowie Flüge, die von Germanwings, SunExpress oder anderen Partner-Airlines ausgeführt werden, sollen von den Streikmaßnahmen nicht betroffen sein, heißt es auf der Webseite des Unternehmens. Betroffene Eurowings-Flüge können sowohl vor als auch nach der geplanten Abflugszeit kostenlos storniert oder umgebucht werden. Über die aktuelle Lage können sich Reisende etwa unter „Flugstatus“ auf der Eurowings-Webseite informieren.
Ersatzangebote der Gesellschaften
Die Fluggesellschaft muss Kunden so schnell wie möglich eine alternative Beförderung anbieten. Bei streikbedingten Flugausfällen oder deutlichen Verspätungen ist eine Umbuchung auf einen anderen Flug möglich. Die Airline kann jedoch auch andere Transportwege anbieten, wenn das Ziel per Bus oder Bahn erreichbar ist. Verschiebt sich ein Flug nur um wenige Stunden, können Kunden warten, bis der Flugbetrieb wieder aufgenommen wird. Fällt der Flug jedoch definitiv aus oder verspätet sich um mehr als fünf Stunden, dürfen sie das Ticket zurückgeben. Dann gibt es das Geld zurück.
Recht auf Essen und Getränke
Verschiebt sich der Flug wegen eines Streiks, haben Passagiere je nach Dauer der Verspätung und Streckenlänge Anspruch auf Betreuungsleistungen wie Essen und Getränke. Meist erhalten sie dafür Gutscheine von der Fluggesellschaft oder – bei einer Pauschalreise – vom Veranstalter. Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, muss die Airline oder der Veranstalter auch die Übernachtung in einem Hotel übernehmen.
Keine Entschädigung
Nach aktueller BGH-Rechtsprechung liegt im Fall eines Streiks höhere Gewalt vor. Das bedeutet: Reisenden steht keine Entschädigung zu, wenn der Flug ausfällt oder sich mehr als drei Stunden verspätet. Das gilt unter der Bedingung, dass die Airline alles in ihrer Macht stehende unternimmt, um die Folgen des Streiks zu minimieren.
Leistungen bei Pauschalreisen
Bei Pauschalreisen geht es um die rechtliche Frage: Hat der Veranstalter seine Leistungspflichten erfüllt? Wenn nicht, dann lässt sich der Reisepreis mindern – je nach Schwere des Mangels. Wer zum Beispiel zwei Tage am Flughafen festsitzt und damit wertvolle Urlaubszeit verpasst, kann den Reisepreis anteilig mindern. Handelt es sich um eine Kurzreise, kann der Kunde unter Umständen sogar kostenlos von der Reise zurücktreten und den Reisepreis zurückfordern. Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit gibt es aber nicht.
Kein Preisaufschlag bei erster Klasse
Wer von der Fluggesellschaft auf einen anderen Flug umgebucht wird, und plötzlich einen Sitzplatz in der ersten Klasse hat, muss dafür keinen Aufpreis zahlen. Die EU-Fluggastrechteverordnung besagt, dass die Fluggesellschaft bei einer Höherstufung keinen Preisaufschlag verlangen darf.