Hamburg. Der Umschlagrückgang in Hamburg ist vorerst gestoppt. Doch Konkurrent Antwerpen baut seinen Marktanteil aus.
Der Weg zurück zu alter Stärke ist mühsam. Das wissen auch Axel Mattern und Ingo Egloff, die beiden Geschäftsführer des Marketing-Vereins des Hamburger Hafens. Er ist Hüter der wichtigsten Wirtschaftsdaten, die er alle drei Monate in einer Leistungsbilanz des Hafens veröffentlicht. Zuletzt fiel es den Marketingexperten schwer, Positives zu berichten. Die Umschlagzahlen waren im vergangenen Jahr massiv eingebrochen. Hamburg fiel hinter Antwerpen auf Platz drei der größten Häfen Nordeuropas zurück. Und auch 2016 begann mit Rückschlägen.
Am Mittwoch vermeldeten Mattern und Egloff wieder einmal neue Quartalszahlen – und diesmal gaben sie sich optimistisch. Der Umschlagrückgang in Hamburg ist demnach nämlich vorerst gestoppt. Mehr noch: Der Umschlag wächst sogar wieder, wenn auch sehr, sehr langsam. Der wichtige Containerumschlag ging in den ersten neun Monaten 2016 im Vergleich zum schwachen Vorjahr zwar noch einmal um 0,1 Prozent auf 6,7 Millionen Standardcontainer (TEU) zurück. Der gesamte Güterumschlag hat sich aber im gleichen Zeitraum um 0,3 Prozent auf 105 Millionen Tonnen erhöht. Das liegt nicht zuletzt an der Zunahme von Massengut: Gips, Asche, Düngemittel, Kohle und Erz sind von Januar bis September vermehrt umgeschlagen worden.
"Der Hamburger Hafen bleibt stabil"
Für das Gesamtjahr erwartet die Hafen Hamburg Marketing aber nur ein Umschlagergebnis wie im Vorjahr. Das ist Stagnation. Mattern feierte dies dennoch wie einen Sieg: „Die Weltwirtschaft hat sich abgeschwächt, der China-Handel nachgelassen. Brasilien und Russland stecken weiter in der Rezession, aber der Hamburger Hafen bleibt stabil, das ist eine gute Nachricht“, sagte er bei der Vorstellung der Zahlen.
Seinen Optimismus zieht er nicht zuletzt aus dem bisherigen Jahresverlauf: „Hier zeichnet sich eine starke Dynamik ab“, sagt er. Tatsächlich war der Seegüterumschlag in den ersten drei Monaten dieses Jahres sogar um noch einmal 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Im zweiten Quartal ergab sich aber schon ein leichtes Plus von 0,7 Prozent. Von Juli bis September wuchs der Umschlag dann sogar um 2,7 Prozent. Noch deutlicher wird die Zunahme beim Containerumschlag, der Anfang dieses Jahres um 3,4 Prozent eingebrochen war. Zwischen Juni und September jedoch wurden 2,3 Prozent mehr Container bewegt als im Vorjahreszeitraum. „Es geht wieder aufwärts“, sagte Matterns Kollege Egloff. Knapp neun Millionen Stahlboxen werden 2016 insgesamt umgeschlagen, lautet seine Erwartung. Es gibt Anzeichen, dass sich diese Hoffnung bewahrheiten könnte.
Der Handel des Hamburger Hafens mit Russland war nach Ausbruch der Ukraine-Krise, den folgenden Sanktionen sowie der einsetzenden Rezession um 35 Prozent eingebrochen. Nun ist er wieder um 4,4 Prozent gewachsen. Russland ist nach China wieder der zweitwichtigste Handelspartner des Hafens. Vor allem der Import von Papier, Holz und Düngemitteln aus Russland hat wieder angezogen.
Antwerpen hat Hamburg Marktanteile abgenommen
Zudem gibt es neben China eine Reihe asiatischer Schwellenländer wie Indien und Vietnam, deren Handelsbeziehungen zu Hamburg zwar noch gering sind, aber stetig wachsen. Dieses ist nicht zuletzt auf die Verlagerung von Produktionsstätten aus China und Südkorea zurückzuführen.
Drittens geben die neuen Fahrpläne der großen Reederei-Allianzen, soweit sie bereits bekannt sind, keinen Grund für Pessimismus: Alle Liniendienste, die bisher Hamburg angelaufen haben, werden auch künftig die Elbe hinaufkommen. Die Ladung bleibt also erhalten. Und schließlich kann Hamburg mit dem Weitertransport der Güter auf der Schiene punkten, der 2016 wieder um 3,1 Prozent gewachsen ist. Mehr als 200 Güterzüge verteilen täglich die Waren aus dem Hamburger Hafen in ganz Europa. Diese hohe Taktdichte kann kein anderer Konkurrent bieten.
Dennoch wird Hamburg seinen Platz als zweitgrößter europäischer Hafen nach Rotterdam so schnell nicht zurückgewinnen. Konkurrent Antwerpen hat Hamburg in den ersten neun Monaten dieses Jahres weitere Marktanteile abgenommen und den Containerumschlag um vier Prozent erhöht. Das zeigt: Große Schritte wird es im Hamburger Hafen vorerst nicht geben.
Es sei denn, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Weg für die Elbvertiefung schnell frei macht. „Wenn das Gericht das Projekt genehmigt, wird schlagartig mehr Ladung in den Hamburger Hafen kommen“, sagt der Geschäftsführer der Hamburg Port Authority Jens Meier. Das Gericht will Ende Dezember das Verfahren abschließend mündlich verhandeln.
Hilfreich wäre zudem ein höherer Ölpreis. Das würde den Handel mit Russland beleben, weil für die Wirtschaft des Landes Öl und Gas wichtig sind. Andererseits könnte ein höherer Ölpreis die Zulieferverkehre mit kleineren Frachtern über Hamburg in die Ostseehäfen wieder ankurbeln. Gegenwärtig fahren einige große Schiffe trotz hohem Treibstoffverbrauch direkt etwa nach Göteborg oder Danzig, und liefern ihre Ware dort ab, statt in Hamburg.