Teheran. Umschlagunternehmen will in Hafenstadt Bandar Abbas investieren, Staatsreederei Hamburg-Verkehr ausbauen.

Marcel Egger war in den vergangenen Monaten häufiger im Iran. Der Geschäftsführer des Terminalbetreibers Eurogate ist dabei, auszuloten, wie sich sein Unternehmen in der ökonomisch aufstrebenden Islamischen Republik engagieren kann. Und im Vergleich zu vielen anderen norddeutschen Unternehmen, die ihre Repräsentanten mit auf die aktuelle Delegationsreise der beiden Nachbarländer Hamburg und Schleswig-Holstein nach Teheran geschickt haben, ist Egger vergleichsweise weit mit seinen Geschäftsbeziehungen.

Es geht um den Betrieb zweier Containerterminals im iranischen Hafen Bandar Abbas am Persischen Golf, einem der großen Zukunftsprojekte des Iran. Noch liegt der Umschlag hier bei vergleichsweise bescheidenen 1,8 Millionen Containern (TEU). Doch werden die Vorstellungen des Regimes in Teheran Wirklichkeit, dann soll die Kapazität in Bandar Abbas mittelfristig auf neun Millionen TEU steigen. Zum Vergleich: Hamburg hat im vergangenen Jahr 8,8 Millionen TEU umgeschlagen. Bandar Abbas soll der zentrale Hafen in der Region werden. So weit der Plan. Und dafür benötigt der Iran kompetente und finanzstarke Partner aus dem Ausland.

Konkurrenz aus China

Bereits im August 2015 hat Eurogate mit einem lokalen Terminalbetreiber vor Ort eine Absichtserklärung über eine Kooperation in Bandar Abbas unterzeichnet. Das Ziel: Ein Joint Venture, welches künftig zumindest eines der drei Terminals betreiben soll. „Die Region hat großes Potenzial“, sagt Egger. „Wir wollen hier mögliche Chancen nutzen.“ An einer Ausschreibung hat sich Eurogate mit dem Partner vor Ort bereits beteiligt und dafür eine exzellente Bewertung bekommen.

Doch die Konkurrenz ist groß, kommt unter anderem aus China und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nun geht es an die Detailverhandlungen. Muss das teure Equipment an den Terminals gekauft oder kann es gemietet werden? Wie genau sieht das Joint Venture aus? Und dann stellt sich selbstverständlich die Frage nach der Finanzierung. Am gestrigen Montag ist Egger von Teheran nach Bandar Abbas geflogen. „Einfach mal wieder vorbeischauen“, sagt er vor dem Start. Und nach der Rückkehr heißt es für ihn abwarten.

Sanktionen in Folge des Atomprogramms

Abwarten muss die iranische Staatsreederei IRISL nicht mehr. Sie treibt bereits seit März wieder Handel mit Deutschland – wenn auch auf einem vergleichsweise kleinen Niveau. Alle 14 Tage läuft ein mit einer Kapazität von 2500 TEU eher kleiner Frachter den Hamburger Hafen an. Wegen der Sanktionen in Folge des iranischen Atomprogramms war dieser Dienst Mitte 2010 unterbrochen worden. Nun soll es nach dem Aussetzen des Embargos durch den Westen wieder stetig aufwärtsgehen mit dem Warenverkehr über See.

Wie wichtig das IRISL ist, zeigt sich an dem Besuch der Delegation unter Leitung von Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und seinem Amtskollegen aus Schleswig-Holstein, Reinhard Meyer (SPD), in der Zentrale der größten iranischen Reederei. Rund 20 Top-Manager haben sich an diesem Nachmittag Zeit für die Gäste aus Norddeutschland genommen.

Mit einem wort- und bildgewaltigen Video in englischer Sprache demonstrieren die Gastgeber zunächst ihre Leistungsfähigkeit, bevor sie die engen Bindungen zu Deutschland und speziell zu Hamburg loben. Und Wirtschaftssenator Horch ist sich mit IRISL-Chef Mohammad Saeidi am Ende der Konsultationen einig: Die Beziehungen müssen intensiviert werden. Geht es nach der iranischen Reederei, würde sie umgehend deutlich mehr Schiffe in wesentlich kürzeren Zeitabständen Richtung Hamburg schicken. Doch wegen des noch sehr geringen Warenaufkommens lohnt sich diese Ausweitung noch nicht. Noch.

Damit dieser Handel an Schwung zunimmt, trifft sich die norddeutsche Wirtschaftsdelegation am nächsten Morgen in einem Teheraner Luxushotel mit iranischen Unternehmern zum so genannten Hafenworkshop. Es geht vor allem darum, sich kennenzulernen, Visitenkarten zu tauschen, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Horch setzt auch hier seine Werbung für Hamburg als Handelspartner fort: „Wir sind der größte Seehafen und als Tor zur Welt ein sehr guter Partner für Sie alle“, übersetzt ein Simultandolmetscher. Die iranischen Gäste sind interessiert, konkrete Abschlüsse kommen aber nicht zustande. Man kennt sich nun, man sieht sich vielleicht schon bald wieder.

Viertgrößtes Ölvorkommen der Welt

Denn alle wissen, welches riesige ökonomische Potenzial der Iran mit seinen rund 80 Millionen Einwohnern hat. Und welche Chancen das Aussetzen der Handelssanktionen womöglich bietet. Nicht nur dass das Land über die zweitgrößten Gas- und viertgrößten Ölvorkommen der Welt verfügt. Die Investitionspläne der Teheraner Regierung sind gigantisch und das Bildungsniveau der Bevölkerung ist im internationalen Vergleich hoch, sodass auch Fachkräfte für mögliche Großprojekte zur Verfügung stünden. Zudem erwartet der Iran bereits in diesem Jahr einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um satte sechs Prozent und konnte die Inflation von rund 45 Prozent im Jahr 2013 auf nun acht Prozent drücken.

Wirtschaftssenator Frank Horch (l.)
und Minister Reinhard Meyer (r.) umrahmen
IRISL-Chef
Mohammad Saeidi
Wirtschaftssenator Frank Horch (l.) und Minister Reinhard Meyer (r.) umrahmen IRISL-Chef Mohammad Saeidi © HA | Oliver Schade

Und dennoch scheint sich bei vielen Firmen aus dem Westen nach den wenigen Monaten der wirtschaftlichen Öffnung schon so etwas wie Ernüchterung breitgemacht zu haben. Während kurz nach dem Aussetzen des Embargos noch Goldgräberstimmung vorherrschte, zeigen sich potenzielle Investoren mittlerweile skeptischer. Nur noch 16 Prozent planen nach einer aktuellen Umfrage konkrete Investitionen in der Islamischen Republik, eine Mehrheit von 53 Prozent will sich nun doch nicht mehr am Persischen Golf engagieren. Offene Finanzierungsfragen und Furcht vor Rechtsunsicherheiten zeigen ihre Wirkung. Und dazu kommt seit wenigen Tagen nun auch noch die Frage, welche Folgen die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten für den Iran-Handel haben wird. Sicherlich auch eine Entwicklung, die Eurogate-Geschäftsführer Marcel Egger sehr genau beobachten dürfte.