Hamburg. Die Hamburger Abiturienten-Quote erreicht im vergangenen Jahr 58,4 Prozent – ein Rekordwert, der den Schulsenator freut.

Die Schulbehörde hat noch einmal ganz genau nachgezählt: Jetzt sind es 9768 Schülerinnen und Schüler, die in diesem Jahr Abitur gemacht haben – 317 mehr als 2015. Ein neuer Rekord: Die Abiturquote ist auf 58,4 Prozent (2015: 56,7) geklettert. Die Quote, die noch 2012 bei 49,2 Prozent lag, bezieht sich auf alle Schüler, die gemeinsam die neunte Klasse durchlaufen haben. Auch in absoluten Zahlen ein enormer Zuwachs: Gegenüber 2012 ist die Zahl der Abiturienten um 1530 oder 19 Prozent gestiegen.

„Der Trend zum Abitur ist ungebrochen“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) bei der Vorstellung der Zahlen. Der SPD-Politiker freut sich über die Entwicklung und teilt nicht die Meinung, dass ein immer weiterer Anstieg der Abiturquote nur mit einem Niveauverlust erkauft werden kann. „Ich bin gegen die These, dass eigentlich nur 25 Prozent der Menschen das Abitur schaffen können.

Kommentar: Schwächen im Abitur beseitigen

Es gibt keinen biologischen Korridor“, sagte der Schulsenator und brachte ein Beispiel aus dem Sport. Während das einwohnerstarke Brasilien nur wenige Medaillen bei Olympia geholt habe, sei das Land von dem zahlenmäßig kleineren Großbritannien im Medaillenspiegel weit überholt worden. „Und warum? Weil es in Großbritannien eine bessere Sportförderung und bessere Trainer gibt.“ Das sei an den Schulen genauso möglich.

„Ich will nicht auf Biegen und Brechen, dass jeder Schüler Abitur macht, aber ich will einen Anstieg der Abiquote auch nicht auf Krampf verhindern“, sagte Rabe. Entscheidend sei, dass die Reifeprüfung „keinen Millimeter leichter werden“ dürfe. Aus Sicht des Schulsenators bietet vor allem das bundesweite Zentralabitur die Gewähr, dass das Niveau unverändert bleibt.

Bereits das Hamburger Zentralabitur habe zur Qualitätssicherung des Schulabschlusses beigetragen und die Maßstäbe der einzelnen Schulen angeglichen. Bei dem Sechs-Länder-Abitur, bei dem seit 2014 zum Teil identische Aufgaben in den Kernfächern gestellt werden, hätten sich die Hamburger Schüler behauptet. In diesem Jahr war zum Beispiel die hilfsmittelfreie Aufgabe im Fach Mathematik gleich.

Im nächsten Schritt gilt von 2017 an das bundesweite Zentralabitur in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Das bedeutet: In elf Bundesländern werden die schriftlichen Prüfungen in diesen Fächern sogar am selben Tag abgehalten, in den anderen zeitversetzt. Alle Kultusminister haben sich auf einen Aufgabenpool verständigt. In den Fächern Deutsch und Englisch werden zwei der vier im Abitur gestellten Aufgaben dem Pool entnommen. Im Fach Mathematik entstammen sogar alle Aufgaben dem Pool.

Rabe sieht Problemzonen

Die Länder haben einen gewissen Spielraum bei der Umformulierung von Aufgaben, aber Rabe stellte klar: „Wir übernehmen die Aufgaben so, wie sie von der Kultusministerkonferenz vorgegeben werden.“ Ein offener Punkt ist die Frage der Benotung. „Die Lehrer erhalten zu den Abi-Klausuren umfangreiche Handzettel mit Hinweisen, wie die Benotung zu erfolgen hat“, erläuterte Michael Just, Leiter der Grundsatzabteilung der Schulbehörde.

Allerdings wird nicht untersucht, ob es eine unterschiedliche Benotungspraxis etwa in Bayern und in Hamburg gibt. „Ein Austausch von Klausuren zwischen den Ländern, um sie wechselseitig zu benoten, ist im Moment noch nicht vorgesehen“, sagte Rabe.

Ein paar Problemzonen sieht Rabe trotz aller Freude auch beim Hamburger Abitur. „Die Ergebnisse von schriftlichen und mündlichen Prüfungen sowie den Vornoten weichen schon erheblich voneinander ab“, sagte der Senator. Wie berichtet, lag die Gesamtdurchschnittsnote aller schriftlichen Prüfungen im Abitur 2016 bei 2,9, ganz exakt bei 2,93. (entspricht 8,2 Punkten). Deutlich besser sind die Vornoten mit einem Mittelwert von 2,54 und die mündlichen Prüfungen mit 2,59 ausgefallen. Am krassesten ist die Diskrepanz im Fach Mathematik an den Stadtteilschulen: Die Abiturienten waren durchschnittlich mit 2,67 vorzensiert, erreichten in der Klausur aber nur einen Mittelwert von 4,14.

Mathematik bleibt das Problemfach

Bei der Ursachenforschung tat sich Rabe schwer. „Es kann daran liegen, dass die Hamburger Schüler ihre Stärken mehr in der Rede und im Präsentieren haben“, so der Senator. Es könne aber auch an einer unterschiedlichen Notengebung bei schriftlichen und mündlichen Prüfungen liegen. „Das ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.“

Weil die Vornoten, also die Zensuren in der Oberstufe, zu zwei Dritteln in die Abitur-Gesamtnote einfließen, liegt der Abischnitt in Hamburg insgesamt bei 2,44 (2015: 2,43; 2012: 2,46). Wenig überraschend ist auch aus Rabes Sicht, dass die Gymnasiasten beim Abitur mit 2,34 besser abschneiden als ihre Mitschüler an den Stadtteilschulen, die nur 2,61 erreichen. Rabe: „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Ausgangslage der Stadtteilschüler eine andere ist. Die meisten haben zum Beispiel keine Gymnasialempfehlung.“

Mathematik bleibt das Problemfach der Hamburger Schüler: Hier liegt die Durchschnittsnote der Abiturklausur bei 3,28, mündlich 2,98. Englisch ist mit den Mittelwerten 2,69 (schriftlich) und 2,25 (mündlich) hingegen das Paradefach. Es gibt, wie berichtet, einen Zusammenhang zwischen den Noten und dem sozialen Umfeld. „Die besten Noten werden dort vergeben, wo die Schüler aus so sozial bevorzugten Elternhäusern kommen“, sagte Rabe.