Hamburg. Sollen die Hamburger sich auf ein neues System für Kaffee zum Mitnehmen einstellen? Das sagen die Gesundheitsbehörde und die Cafés.

Einen Cappuccino zum Mitnehmen, abgefüllt in den selbst mitgebrachten Thermosbecher? „Kein Problem“, sagt der Mitarbeiter der Campus-Suite-Filiale an der Straße Brandsende in der Nähe des Hamburger Hauptbahnhofs. Ohne zu zögern nimmt er das hellblaue Gefäß entgegen. „Das gibt sogar zehn Cent Rabatt.“

Die norddeutsche Coffee-Shop-Kette, die 30 Filialen betreibt, davon 14 in Hamburg, ist eine von denen, die bereits das umsetzt, was Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) jüngst im Interview mit dem Abendblatt forderte. Um die „Flut der Wegwerfbecher“ zu reduzieren, sollten Unternehmen „den Kaffee etwas günstiger anbieten, wenn der Kunde seinen eigenen Becher mitbringt“.

Kommentar: Wegwerfbecher, nein danke

Alternativ könnte es eine Art Pfandsystem geben, bei dem die Café-Besucher Mehrwegbecher benutzen, so der Senator weiter. Auf alle Fälle wolle man mit den Unternehmen möglichst rasch ins Gespräch kommen, um praktische Lösungen zu finden, die am Ende zu weniger Einwegverpackungen führen.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, wie wichtig eine rasche Lösung ist. Allein in der von Umwelt- und Stadtentwicklungsbehörde gemeinsam betriebenen Kantine landen pro Jahr mehr als 15.000 Becher im Müll, deutschlandweit sind es rund 2,8 Milliarden.

Der Abendblatt-Leser Stefan Bick verwies in einem Leserbrief auf eine Studie der Deutschen Umwelthilfe. Danach würden bundesweit pro Stunde 320.000 Coffee-to-go-Becher geleert. Deren Herstellung verschlinge 64.000 Tonnen Holz, 11.000 Tonnen Kunststoff – und so viel Energie, dass damit eine Kleinstadt versorgt werden könnte.

Das Hamburger Abendblatt hat am Montag getestet, wo in der Innenstadt Coffee to go auch in den Thermosbecher des Kunden ausgeschenkt wird. Bei Campus Suite lassen sich laut Inhaber Frank Stebesch im Verhältnis zwar immer noch wenige Kunden ihre Becher wiederbefüllen. „In Citylagen macht die Wiederbefüllung etwa 20 Prozent aus.“ Doch vor allem in Filialen in Universitätsnähe brächten viele Kunden ihre eigenen Becher mit. Die Kette bietet zudem Thermosbecher zum Kauf an.

Balzac Coffee befüllt mitgebrachte Becher

Auch in den Cafés der Balzac-Kette wird bereits die Befüllung eigener Becher angeboten, so auch in der Filiale Kurze Mühren. Zurzeit bekommt dort jeder Gast 25 Cent Ermäßigung, wenn er seinen Becher mitbringt. Bevor er ihn über den Tresen reicht, muss er den Deckel selbst abnehmen. Bei der Befüllung müssen die Angestellten beachten, dass die Innenfläche des Bechers nicht mit Teilen der Kaffeemaschine in Berührung kommt.

„Wir stellen fest, dass immer mehr Kunden ihren eigenen Becher mitbringen“, sagt der für Hamburg, Lübeck und Kiel zuständige Regionalmanager Marko Muczinski. „Vor allem in den Filialen in Bahnhofsnähe.“ Die Kunden seien häufig Pendler, die auf dem Weg zur Arbeit ihren Kaffeebecher auffüllen ließen. Auch bei Balzac können Kunden Thermosbecher kaufen.

Ob es in den Cafés von Balzac künftig auch Mehrwegbecher geben wird, ist unklar. „Wir arbeiten an unterschiedlichen Lösungen, um den Abfallmüll künftig zu reduzieren“, sagt Franziska Isensee, Assistenz der Geschäftsführung bei Balzac. Die Kette betreibt 43 Filialen, 19 davon in Hamburg.

Ähnlich wie Balzac und Campus Suite verfährt die US-amerikanische Caféhauskette Starbucks: Kunden können ihren eigenen Becher in den Cafés auffüllen lassen und erhalten dafür einen Rabatt von 30 Cent. So auch in der Filiale am Rödingsmarkt.

Aber auch in kleineren Coffee-Shops in der Hamburger Innenstadt bekommt der Kunde das Getränk in den eigenen Becher ausgeschenkt. So etwa bei dem Familienbetrieb The Coffee Shop an der Börsenbrücke, der in Hamburg eine weitere Filiale an der Poststraße und drei weitere Filialen in Berlin betreibt

Auch bei Tchibo kann man sich den eigenen Kaffeebecher füllen lassen oder einen Thermosbecher kaufen. In der Schanzenbäckerei an der Kleinen Johannisstraße nimmt die Verkäuferin ebenfalls den mitgebrachten Thermosbecher entgegen. Einen Rabatt auf den Kaffee gibt es hier allerdings nicht.

Verband: Für kleine Cafés schwer umsetzbar

Aus hygienischer Sicht spricht nichts gegen die Umsetzung der Vorschläge von Umweltsenator Kerstan. Es gebe keine gesetzlichen Vorschriften, die das Auffüllen eigener Kaffeebecher oder Mehrwegbecher in Cafés verbieten würden, sagt ein Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde. Ob diese Möglichkeiten angeboten würden, sei allein eine Entscheidung der Betriebe.

Der Gaststättenverband Dehoga hält wiederverwertbare Kaffeebecher für sinnvoll, sieht allerdings Probleme bei der Verwirklichung. „Für die großen Betriebe wäre das am ehesten umsetzbar. Aber die kleinen könnten ein Pro­blem bekommen, die ausreichende Menge an Bechern zu lagern“, sagte Anke Büttenbender. Zu klären sei auch, wie groß die Becher sein müssten, ob sie stapelbar seien und welche Möglichkeit am hygienischsten sei.

Ein Pilotprojekt mit einem Mehrwegbecher-Pfandsystem hat vor wenigen Tagen der Hamburger Kaffeeimporteur El Rojito gestartet. Daran beteiligen sich bislang elf Cafés und Bäckereien.