Hamburg. Mit myToys gibt es erneut ein Geschäft für Kinder in der Hamburger Innenstadt. Werden bald weitere folgen?

Die Fahrt auf der Rolltreppe hinunter ins Basement der früheren Landesbankpassage führt in ein Reich in Rosa und Gelb: pinke Puppen, Ponys, Prinzessinnen nehmen die Regale ein. Die mehr als 600 Quadratmeter Verkaufsfläche, die zuvor einen Supermarkt beherbergten, teilen sie sich mit Brett-, Karten- und Gesellschaftsspielen, Lego-Baukästen, Plüschteddys und Plastiktieren, Playmobilfiguren und Puzzles. In einem anderen Teil des Ladens dominiert das Gelb. Es ist die Farbe der Eigenmarke des Mieters, der vor Kurzem eingezogen ist: myToys.

Das heißt übersetzt „Meine Spielsachen“ – und die Eröffnung des Ladens ist in doppelter Hinsicht eine Überraschung. In der Hamburger Innenstadt gibt es nach langer Zeit wieder ein größeres Spielwaren-Fachgeschäft. Und in der Branche, in der als einer der ersten der Onlinehandel die Ladengeschäfte unter einen starken Umsatzdruck setzte, hat der stationäre Handel offenbar doch eine Zukunft.

„Wer in der Innenstadt Spielwaren kaufen will, ist bislang vermutlich zu Karstadt oder Kaufhof gegangen“, sagt der myToys-Gründer, -Mitgesellschafter und -Geschäftsführer Oliver Lederle. Das Fehlen eines „überzeugenden Angebots“ in der City war für ihn der ausschlaggebende Grund für die Ansiedelung in der teuren Innenstadtlage. Bislang wagten sich vornehmlich Flagship-Stores von umsatzstarken Marken wie Lego in das Zentrum der Städte. Die Hamburger Dependance des dänischen Bausteinherstellers liegt nicht weit von myToys entfernt ebenfalls an der Spitalerstraße. Lederle findet das unproblematisch und hat trotzdem meterweise Lego in die Regale räumen lassen. „Ich denke, wir müssen uns mit unserem Sortiment nicht verstecken“, sagt er.

Und auch aus Sicht von Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels, ist die myToys-Ansiedelung in der Hamburger City folgerichtig. Zwar gebe es weiter eine Konzentrationsbewegung im Einzelhandel. Doch nachdem in den vergangenen Jahren viele kleinere Einzelhändler unter dem Druck von Onlineshops und riesigen Spielzeugmärkten mit Tausenden Quadratmetern Verkaufsfläche entweder aufgegeben, sich auf bestimmte Produktgruppen konzentriert oder mittelgroße Geschäfte in günstigeren Stadtrandlagen eröffnet hätten, gebe es jetzt neue Entwicklungen in der Branche. „Das ,je größer, desto besser‘, die Zeit der Gigantomanie ist vorbei“, sagt Fischel, und „online only ist out, omnichannel ist in.“

Schon seit 16 Jahren gehört myToys zur Otto-Gruppe

Die Verzahnung von Online- und stationärem Handel mit Vollsortiment hat auch Lederle im Sinn. Begonnen hat das 1999 in Berlin gegründete Unternehmen, in das die Hamburger Otto Group schon ein Jahr später als Mehrheitsgesellschafter einstieg, als reiner Onlineshop. 2006 eröffnete das erste myToys-Ladengeschäft. Mittlerweile sind es bundesweit 16 und im Schnitt sollen zwei pro Jahr dazukommen. Vornehmlich in mittelgroßen Städten wie dem ostfriesischen Leer. Berlin und Hamburg sind die einzigen Großstadt-Standorte. Doch den überwiegenden Anteil seines Umsatzes erzielt das Unternehmen weiter im E-Commerce

Die Voraussetzungen für die Eröffnung neuer Spielwarenläden sind derzeit besonders günstig. Die Branche profitiert von der großen Konsumfreude der Verbraucher in Deutschland und verzeichnet kräftig steigende Umsätze. 2015 waren es bundesweit knapp unter drei Milliarden Euro. Auch in diesem Jahr sei der Handel bislang gut und stabil unterwegs, sagt Verbandsgeschäftsführer Fischel. „Wir gehen mit großer Zuversicht in den Jahresendspurt vor Weihnachten.“ In den letzten Wochen vor dem Fest erzielt die Branche ihre höchsten Umsätze im Jahr.

Lage der Hamburger Filiale nicht optimal

Doch auch auf längere Sicht seien „die Rahmenbedingungen nicht schlecht. Die Geburtenrate steigt ja wieder“, sagt Fischel. Mehr Kinder heißt mehr Umsatz und das schon vor dem Alter, ab dem Einhörner mit kämmbarer Mähne oder martialische Actionheld-
Figuren an die Spitze des Wunschzettels rücken. Viele der größeren Spielwarenläden wie myToys haben auch Kindersitze fürs Auto im Sortiment und sogenannte Nursery-Abteilungen mit allerlei Nützlichem fürs Neugeborene wie Schnuller und Lätzchen.

Optimal für Laufkundschaft ist die Lage der Hamburger Filiale nicht. Sie liegt am Gerhart-Hauptmann-Platz etwas versteckt nahe dem Zweiteingang der neuerdings „Perle Hamburg“ genannten Passage. Trotzdem gelte für sie, was für alle Filialen gilt, betont myToys-Chef Lederle: „Das ist keine Marketing-Veranstaltung für unseren E-Commerce.“ Jede Filiale müsse sich selbst tragen. „Und das wird hoffentlich schnell der Fall sein.“

myToys, Perle Hamburg, Spitalerstraße 22, Montag bis Sonnabend: 10.00 bis 20.00 Uhr