Hamburg. Trotz personeller Überbesetzung herrschen lange Wartezeiten in Kundenzentren. Montag und Dienstag alle geschlossen.

Einen neuen Ausweis beantragen? Klappt in Hamburg frühestens kurz vor Weihnachten. Denn die 20 Kundenzentren der Stadt verteilen nach wie vor eher Lektionen in Geduld als zügige Dienstleistung. Trotz Einstellungsoffensive hat sich die Terminvergabe für Behördengänge nicht wesentlich verbessert. Aktuell müssen Bürger mindestens 56 Tage warten, bis sie im Amt ein offenes Zeitfenster erwischen. Die nächsten Termine sind erst vom 20. Dezember an zu haben. Unabhängig davon, ob man einen neuen Ausweis braucht oder einen Hund anmelden möchte. Die Ämter in Hamburg-Nord oder Fuhlsbüttel sind 2016 sogar schon komplett ausgebucht, Kunden werden erst wieder im neuen Jahr bedient.

„Die Situation ist immer noch nicht zufriedenstellend“, räumt Bettina Maak, Sprecherin des Bezirksamtes Harburg, ein. „Auch wir stellen uns unter Dienstleistung etwas anderes vor.“ Das Harburger Amt verantwortet die Terminvergabe aller Kundenzen­tren der Stadt. Große Hoffnungen hatten Behörden und Politik in die Nachbesetzung freier Stellen gesetzt. Doch zu einer Entlastung für Bürger und Mitarbeiter ist es nicht gekommen.

Tschentscher: Überbesetzung keine Dauerlösung

Tatsächlich sind die 20 Ämter inzwischen zwar überbesetzt, 222 statt planmäßiger 219 Stellen sind vergeben. „Ein voller Einsatz der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzt allerdings eine qualifizierte Einarbeitung voraus, für die insgesamt sechs Monate kalkuliert sind“, sagt Amtssprecherin Maak. Heißt: Noch sind nicht alle neuen Mitarbeiter mit den nötigen Handgriffen vertraut, noch sind nicht alle fit für den Dienst am Bürger.

Dabei sollte nach dem katastrophalen Frühjahr alles ganz schnell gehen: Als Reaktion auf den akuten Notstand, als nur 170 Stellen in den Kundenzentren besetzt waren und zeitweise keine Termine mehr vergeben wurden, hatte der Senat nicht nur sein Bedauern ausgedrückt, sondern auch ein Sofortprogramm aufgelegt. Stellen wurden extern ausgeschrieben, Arbeitszeiten temporär aufgestockt, Kollegen der Kasse Hamburg zur Verstärkung eingesetzt und Nachwuchskräfte angefordert. Die Finanz­behörde hatte den Bezirken zudem erlaubt, bis zu 110 Prozent der Stellen zu besetzen, in Person von Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) aber auch deutlich gemacht, dass die Überbesetzung keine Dauerlösung sei. Doch auch kurzfristig bleiben die Erfolge aus.

„Die neuen Kollegen werden zum Teil in zentralen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen geschult, zum Teil aber auch durch erfahrene Mitarbeiter, die währenddessen für die Kundenbedienung nur eingeschränkt zur Verfügung stehen“, erklärt Bettina Maak. In den kommenden Wochen und Monaten soll die Zahl der eingearbeiteten Mitarbeiter steigen. „Wir gehen daher davon aus, dass sich die Lage entsprechend entspannen wird und sich die Vorlaufzeit für Termine reduziert.“

"Umfangreiche technische Umstellungsarbeiten"

Im Empfinden der Hamburger verschärft sich die Situation aber gerade. Denn nachdem sämtliche Kundenzen­tren bereits an diesem Montag geschlossen waren, sollen sich die Türen auch am kommenden Montag und Dienstag nicht für den Publikumsverkehr öffnen. Weil die Computersysteme turnusmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden, gewährt die Verwaltung 48 Stunden lang keinen Einlass. Termine wurden für diesen Zeitraum erst gar nicht vergeben.

Für Finanzsenator
Peter Tschentscher
(SPD) ist die personelle
Überbesetzung
keine Dauerlösung
Für Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) ist die personelle Überbesetzung keine Dauerlösung © HA | Marcelo Hernandez

„Es handelt sich um umfangreiche technische Umstellungsarbeiten“, sagt Bettina Maak. „Deshalb entfällt die Sprechzeit in allen Hamburger Kundenzentren.“ Folglich werde an den verbleibenden Sprechtagen dieser Woche mit starkem Besucheraufkommen gerechnet. Spontankunden, die trotz Terminsystem weiterhin ihr Glück versuchen können, müssten sich auf noch längere Wartezeiten als sonst gefasst machen. „Und wem ausgerechnet an den Schließtagen am Flughafen auffällt, dass sein Reisepass ungültig ist, der kann sich vorübergehende Dokumente von der Bundespolizei ausstellen lassen“, sagt Bettina Maak.

In die terminarme Zeit der Ämter fällt zudem der Umzug des Kundenzentrums Fuhlsbüttel. Noch bis zum 18. November ist das Amt an der Hummelsbütteler Landstraße geöffnet. Danach, vom 1. Dezember an, werden die Dienstleistungen rund um das Einwohnermeldewesen in Langenhorn am Langenhorner Markt 7 erledigt.

Numerisch und theoretisch hat sich die Situation zumindest beim Personalschlüssel bereits in ganz Hamburg entspannt. Im Bezirk Nord sind mit 37 Stellen bereits zwei Mitarbeiter mehr als vorgesehen eingesetzt, Altona ist mit 29,5 von 28 Stellen ebenso überbesetzt wie die Bezirke Bergedorf mit 15 Stellen und Harburg mit 20 Stellen. Wandsbek hat sein Soll von 42 Stellen nahezu erreicht. Nur in Mitte fehlen noch drei Mitarbeiter von 55 und in Eimsbüttel zwei von 29.