Hamburg. Auch am Leinpfad sollen Radler Vorrang haben und Tempo 30 für Autos gelten. Alle 23 Baustellen auf einen Blick.
Ein Jahr lang ist Kirsten Pfaue jetzt im Amt. Die Position als Radverkehrskoordinatorin wurde damals neu geschaffen, denn der Senat misst diesem Thema große Bedeutung bei. Bis zum Ende der 2020er-Jahre soll der Anteil des Radverkehrs auf 25 Prozent in der Hansestadt steigen. So steht es auch in dem bereits im Juni verabschiedeten Bündnis für Radverkehr. Bei der letzten Untersuchung im Jahr 2008 waren es gerade mal zwölf Prozent: „Wir verfolgen ein ehrgeiziges Ziel. Aber gerade das spornt mich und alle anderen Beteiligten an“, sagte Kirsten Pfaue.
Die 42-Jährige macht sich täglich ein Bild vom Zustand der Radwege in Hamburg, denn sie ist eigentlich immer mit dem Fahrrad unterwegs, natürlich mit Helm: „Wir haben einen großen Nachholbedarf, was den Ausbau und die Sanierung der Radwege betrifft. Aber wir sind auf einem guten Weg“, sagte Pfaue, die zuvor Leiterin des Rechtsamts im Bezirk Wandsbek war.
Bis Ende 2018 sollen rund 33 Millionen Euro für neue Fahrradstraßen und Radwege sowie die Sanierung ausgegeben werden. 30 Millionen Euro gibt der Bund und der Rest die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI). Die 14 Velorouten sollen von etwa 80 Kilometer auf 280 Kilometer ausgebaut und dann ausgeschildert werden.
23 konkrete Maßnahmen haben die Bezirke inklusive Kostenberechnung jetzt benannt. Dafür sollen rund 29,3 der 33 Millionen Euro ausgegeben werden: „Nun steht fest, wofür das Geld ausgegeben wird, und das ist ein Meilenstein“, sagte Pfaue. Allein fünf neue Fahrradstraßen (siehe Tabelle) soll es geben. Und das, obwohl es an dem Umbau des Harvestehuder Wegs, der 2014 zur Fahrradstraße umgebaut wurde, viel Kritik und Nachbesserungsbedarf gab.
In Zukunft noch mehr Fahrradstraßen
Am Leinpfad auf der Veloroute 4 sind rund 1,4 Millionen Euro veranschlagt. Der Umbau beginnt in einer Woche. Dort gab es schon im Voraus Kritik von Anwohnern und der Opposition – zumal viele Radfahrer mit dem bisherigen Zustand durchaus zufrieden sind.
Doch für Pfaue sind die Fahrradstraßen, auf denen die Radfahrer Vorrang haben und für Autofahrer Tempo 30 gilt, ein großer Gewinn: „Die Erfahrungen an der Uferstraße und am Harvestehuder Weg zeigen, dass die Fahrradstraßen sehr gut angenommen werden und diese zu einem angenehmen Radfahrerlebnis beitragen. Denn hier können die Radfahrer nebeneinander fahren und kommunizieren. Für schnelle Radfahrer ist genug Platz zum Überholen“, sagte Pfaue. Deshalb werde es in Zukunft sicherlich noch mehr Fahrradstraßen geben. Bislang gibt es 13 von ihnen in Hamburg.
Eine weitere Maßnahme ist die Sanierung der Radverkehrsverbindung durch die City Nord zwischen der Sengelmannstraße und dem Jahnring auf einer Länge von 850 Metern, für die rund 2,1 Millionen Euro veranschlagt werden. Im Bereich Stresemannallee/Eidelstedter Weg soll der Radweg auf einer Länge von 1450 Metern instand gesetzt werden, dafür wurden Kosten in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro errechnet.
Hamburg braucht auch Abstellmöglichkeiten
Aber Hamburg braucht nicht nur neue Fahrradwege, sondern vor allem auch Abstellmöglichkeiten. An den U- und S-Bahn-Haltestellen ist das chaotische Bild von wild abgestellten Fahrrädern täglich zu beobachten. Hier soll das Bike&ride-Programm Abhilfe schaffen. Bis 2026 soll die Zahl der Abstellplätze an den 133 U- und S-Bahn-Haltestellen von 16.000 auf 28.000 steigen.
Und was passiert in der Innenstadt? „Hier besteht Handlungsbedarf. Wir benötigen mehr Fahrradbügel im öffentlichen Bereich, aber auch Tiefgaragen wären eine Option“, sagte Pfaue. Zudem sei der Einzelhandel gefragt, der zum Beispiel auf privaten Flächen Platz zum Abstellen der Räder schaffen könnte.
Der ehemaligen Landesvorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) ist bewusst: „Wer mit dem Fahrrad fährt, braucht auch Platz, um dieses sicher abzustellen.“
Auch StadtRad ist ein Thema
Auch das Thema StadtRad beschäftigt Hamburg, denn der Vertrag zwischen der Stadt und der Deutschen Bahn läuft Ende 2018 aus. Zurzeit wird eine europaweite Ausschreibung vorbereitet. Das StadtRad ist ein Erfolgsmodell: Allein in diesem Jahr wurden bislang rund 2,4 Millionen Räder ausgeliehen. Bis 2017 soll die Zahl der Stationen von 203 auf 209 steigen: „Natürlich setzen wir auf eine Erweiterung dieses Angebots im gesamten Stadtgebiet, eben wegen der großen Nachfrage und Beliebtheit der StadtRäder. Aber das wird alles Bestandteil der Ausschreibung sein“, sagte Pfaue. Für sie sei es auch eine interessante Option, dass künftig Pedelecs und Lastenräder beim StadtRad angeboten werden.
Auch die Politik kennt die Bedeutung des Radverkehrs: „Mir ist der Lückenschluss beim Ausbau des Veloroutennetzes besonders wichtig. Wichtig ist mir, dass schnell längere, zusammenhängende Strecken für den Radverkehr fertiggestellt werden“, sagte Grünen-Verkehrsexperte Martin Bill. Der beste neue Radweg nütze nichts, wenn man am Ende der Ausbaustrecke nicht weiterkomme.
CDU-Verkehrsexperte Dennis Thering sagt: „Radverkehrsförderung ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft der Mobilität in einer Millionenmetropole wie Hamburg. Diese muss aber intelligent und darf nicht pauschal sein. Sie muss mit Augenmaß und ohne Zwang erfolgen. Die Sicherheit muss immer und überall oberste Priorität haben.“