Hamburg . Bakterien und Motten machen die beliebten Bäume in Hamburg krank. 200 mussten bereits gefällt werden.

Diesem Patienten sieht man auf den ersten Blick an, dass es ihm nicht gut geht: Im Gegensatz zu den meisten anderen Bäumen sind die Blätter der Hamburger Kastanien schon seit Wochen dunkelbraun gefärbt, einige haben ihr Laub schon ganz verloren. Dass es um die Kastanienbäume in Hamburg schlecht gestellt ist, hat zwei Gründe.

Der erste ist die sogenannte Miniermotte, die sich in den vergangenen Jahren ausgebreitet hat und die zu den größten Feinden der Kastanie zählt. „Wir haben es derzeit schon mit der dritten Generation der Motte in diesem Jahr zu tun“, so Jan Dube, Sprecher der Hamburger Umweltbehörde. Für gesunde Bäume stellt die Motte allerdings keine lebensbedrohliche Gefährdung da – ebenso wenig für Menschen, die Kastanien sammeln möchten.

Feind Nummer zwei ist deutlich gefährlicher für den Baum. Es geht dabei um Bakterien, die auf den etwas sperrigen Namen „Pseudomonas syringae pv. aesculi“ hören und die seit einigen Jahren in ganz Deutschland und Europa auftreten. „Die Bakterien, bei denen die Übertragungswege noch unklar sind, führen dazu, dass sich holzzerstörende Pilze einnisten können“, so Behörden-Sprecher Dube. Eine Infektion lässt die Rinde der Bäume zunächst bluten. Diese Wunden in der Rinde sind wiederum sehr anfällig für schädliche Pilze wie den Austernseitling oder Samtfußrüb-ling. Das führt dazu, dass eben noch prächtige Rosskastanien absterben. Ein Gegenmittel gibt es derzeit noch nicht. Deshalb bleibt vorerst nur, die Bäume zu fällen, bevor ihr morsches Geäst Menschen erschlägt oder die Kastanien einfach umfallen.

So mussten von den etwa 6300 Kastanien an Hamburgs Straßen in den vergangenen drei Jahren bereits 200 gefällt werden, ohne durch neue ersetzt zu werden. „Weil wir die Überlebenschancen junger Kastanien gerade nicht einschätzen können, sehen wir derzeit von Neuplanzungen ab“, so Dube weiter. Wie viele Bäume aktuell befallen sind, ist unklar. „Die Baumprüfungen sind noch nicht abgeschlossen.“

Einfache Methode bei der Miniermotte

Während es gegen die Pseudomona-Bakterien kein probates Mittel gibt, gibt es bei der Miniermotte eine recht einfache Methode, von der auch Bürger Gebrauch machen können: Laub sammeln.

„Wer in seinem Garten eine betroffene Kastanie hat, der sollte das auf den Boden gefallene Laub sammeln und die Laubsäcke der Stadtreinigung füllen“, su Dube. Die Beutel gibt es auf allen Recy­clinghöfen, bei der mobilen Problemstoffsammlung und in vielen Budnikowsky-Filialen für einen Euro pro Stück. Die ausschließlich mit Laub gefüllten Säcke können zu bestimmten Terminen von Oktober bis Dezember an den Fahrbahnrand zur Abholung gestellt werden. „Das Laub muss anschließend vernichtet werden, damit die Schädlinge nicht überleben“, heißt es von der Umweltbehörde.

Durch die Vernichtung der Schädlinge könne verhindert werden, dass die Miniermotte gleich im Frühjahr wieder am Baum auftaucht. Vorerst scheint dies die einzig wirksame Methode zu sein, denn natürliche Fressfeinde, die sich auf die Tiere spezialisiert haben, gibt es nicht. Es wurden aber wiederholt Blau- und Kohlmeisen beobachtet, die zuweilen in Kastanien in größeren Trupps Blatt für Blatt absuchen. Bei solchen Bäumen halte sich der Befall manchmal so weit in Grenzen, dass nur ein Teil der unteren Blätter vor dem Herbst abfällt.

Die Kastanienschalen
sind noch grün,
obwohl die Blätter
schon verdorrt sind
Die Kastanienschalen sind noch grün, obwohl die Blätter schon verdorrt sind © picture alliance

Auf den Gesamtbaumbestand in Hamburg gesehen, nehmen Kastanien einen eher kleinen Platz sein. Die fünf häufigsten Baumgattungen unter den Hamburger Straßenbäumen sind die Linden (Tilia), dicht gefolgt von den Eichen (Quercus). Gemeinsam machen beide Gattungen mit über 100.000 Bäumen 45 Prozent des Straßenbaumbestands aus.

Wer sich für Hamburgs Straßenbäume engagieren möchte, kann das weiterhin über die Aktion „Mein Baum – meine Stadt“ tun (www.hamburg.de/mein-baum-meine-stadt). Auf einer interaktiven Karte können Bürger, Firmen und Vereine freie Pflanz-Standorte wählen, spenden und „ihren“ Baum pflanzen lassen. Ab 500 Euro Spendeneingang übernimmt die Stadt die restlichen Pflanzkosten. Aber auch jeder kleinere Spendenbetrag ist möglich und wird aufsummiert, bis eine Pflanzung gesichert ist. Betreut wird die Aktion von der Loki-Schmidt-Stiftung.