Hamburg. Menschen in zentrumsfernen Stadtteilen bleiben ihrem Zuhause besonders treu – auch aus Angst vor hohen Mieten.
Hamburger, die in zentrumsnahen Stadtteilen leben, ziehen deutlich häufiger um als Menschen in den äußeren Stadtteilen. Das ist das Ergebnis einer neuen Untersuchung des Statistikamts Nord.
Aus dieser geht hervor, dass Hamburger im Schnitt seit 13,3 Jahren in ihrer Wohnung leben. In den ländlich geprägteren Stadtteilen sieht es anders aus: In Tatenberg, Reitbrook, Spadenland, Altengamme, Neuengamme und Kirchwerder (alle im Bezirk Bergedorf) etwa leben die Bewohner seit durchschnittlich mehr als 20 Jahren in ihren Wohnungen.
Dagegen ist die Fluktuation in den zentrumsnahen Wohnlagen deutlich höher: In der (erst seit 2005 bewohnbaren) HafenCity, in Hammerbrook, Billbrook, Kleiner Grasbrook/Steinwerder, Sternschanze, St. Pauli, St. Georg, Veddel und der Altstadt leben die Menschen im Durchschnitt seit weniger als zehn Jahren in derselben Wohnung. Aber auch in Harburg und Heimfeld liegt die Wohndauer deutlich unter dem Hamburger Mittel (8,9 Jahre beziehungsweise 11,2 Jahre).
Wie das Statistikamt weiter mitteilte, sei die Auswertung auf Basis der Daten des Melderegisters erstellt worden. Eine vergleichbare Erhebung habe es in der Vergangenheit noch nicht gegeben. „Auch Vergleiche etwa zu Schleswig-Holstein können wir nicht anstellen, da die Melderegistrierung dort nicht zentral organisiert ist“, so ein Sprecher.
Aus Angst vor hohen Mieten ziehen viele lieber nicht um
Siegmund Chychla, Chef des Mietervereins zu Hamburg, sieht mehrere ausschlaggebende Faktoren für die Fluktuationsunterschiede innerhalb Hamburgs. „In den begehrten Stadtteilen wie der Sternschanze oder St. Pauli wird häufiger umgezogen, da dort viele Singles, junge Leute und Studenten leben – und die wechseln häufiger die Wohnungen als etwa Familien, die überwiegend nicht in Szenestadtteilen wohnen.“ Weiter würden sich viele Menschen auch gegen einen Umzug entscheiden, weil sie sich die Miete der neuen Wohnung nicht leisten könnten. Grundsätzlich bestünde auch ein Zusammenhang zwischen Umzügen und steigenden Mietpreisen. „In Gegenden, in denen die Menschen häufig umziehen, steigen die Mieten in der Regel stärker an. Das liegt daran, dass die Vermieter die Preise dann meist stark anheben“, so Chychla weiter. „So wirkt sich die Zahl der Umzüge direkt auf die Höhe der Mieten aus. In Winterhude, wo die Fluktuation höher ist, liegen die Neuvermietungspreise beispielsweise im Schnitt bei 12 bis 13 Euro, in Allermöhe mit einer hohen Verweildauer zwischen 8 und 9 Euro.“
Weitere Faktoren benennt auch Dirk Schubert, emeritierter Professor für Wohnen und Stadtentwicklung an der HafenCity Universität (HCU). „Am Stadtrand gibt es deutlich mehr Einfamilien- und Reihenhäuser und darüber hinaus auch mehr Eigentum. Daher kann man davon ausgehen, dass die Flexibilität für räumliche Veränderung dort deutlich geringer ist.“ Seiner Einschätzung nach ist die Verweildauer in den Hamburger Wohnungen gestiegen. „Nach meinen Informationen wohnten die Menschen noch vor einigen Jahren im Schnitt eher neun bis zehn Jahre in ihren Wohnungen. Dass sie heute seltener umziehen, ist als Indikator für einen angespannten Wohnungsmarkt zu sehen“, so Fischer weiter. „Wer länger in einer Wohnung verweilt, der tut es unter Umständen eben auch, weil es keine ausreichenden Alternativen dazu gibt.“
Hinweise zu den persönlichen Beweggründen für Umzüge gehen aus einer Mobilitätsstudie des Wohnungsvermittlungsportals Immonet hervor. Demnach ist die Liebe die Hauptmotivation für einen Wohnungswechsel. 49 Prozent der Befragten gaben an, schon einmal wegen eines Partners umgezogen zu sein. Am zweithäufigsten wurde der Wunsch nach einer größeren Wohnung genannt. Weiter konnten Unterschiede zwischen dem Umzugsverhalten von Männern und Frauen ausgemacht werden: Zwar würden beide in etwa gleich häufig die Wohnung wechseln, allerdings gaben Männer deutlich häufiger an, schon einmal wegen eines neuen Arbeitgebers umgezogen zu sein.
Weitere Erkenntnis: Menschen im Norden sind besonders umzugsfreudig. Im Schnitt würden sie 4,8-mal die Wohnung wechseln. Wer im Osten lebt, zieht nur etwa viermal um. Weniger überraschend sind die Unterschiede zwischen Jung und Alt. Demnach ziehen Menschen zwischen 18 und 20 häufiger an Orte, die mehr als 200 Kilometer entfernt sind. Die Hälfte der Deutschen aber bleibt ihrer Heimat treu. 50 Prozent haben laut der Umfrage ihren Wohnort noch nie gewechselt.