Hamburg. Das Bergedorfer Wohngebiet für 15.000 Menschen ist strittig. Nun durfte die Union nicht offen mit der IBA über die Pläne reden.

Es ist nicht nur ein ambitionierter, sondern auch ein umstrittener Plan: Das große, neue Wohngebiet Oberbillwerder soll junge Familien nach Bergedorf in den Hamburger Osten locken. Doch das 120 Hektar große Marschland nördlich der S-Bahn-Haltestelle Allermöhe, das bis zum Jahr 2030 mit etwa 5000 bis 7000 Wohnungen bebaut werden könnte, sorgt schon im Vorfeld für mächtig Knatsch.

Nun echauffiert sich die Bergedorfer CDU, ohnehin Kritiker des Großvorhabens, über Geheimgespräche zur geplanten Bebauung Oberbillwerders. So seien der Bergedorfer Bürgerschaftsabgeordnete und Kreisvorsitzende Dennis Gladiator sowie der Fraktionsvorsitzende Sven Noetzel von der stadteigenen IBA Hamburg GmbH zu einem Gespräch über Oberbillwerder eingeladen worden.

Christdemokraten nennen die Geheimniskrämerei eine "Farce"

Zuvor sei den Unionsvertretern allerdings von Senat und Bezirksamt unter Strafandrohung mitgeteilt worden, das Verschwiegenheitsgebot zu beachten. Im Klartext: Sie dürften gegenüber der IBA nicht offen über Inhalte einer geheimen Vorlage der Senatskommission reden. Nach Meinung der CDU ein grober Fehltritt, weshalb sie die Einladung ausschlug.

"Das ist eine Farce", sagt Sven Noetzel dem Abendblatt. „Es kann nicht sein, dass wir als Bezirksversammlung kurzfristig streng vertrauliche Unterlagen zu Oberbillwerder vorgelegt bekommen und in zukunftsweisenden Gesprächen bei der IBA nicht darüber reden dürfen." Dabei werde man von einem städtischen Unternehmen eingeladen. "Das soll dann eine Beteiligung sein?", fragt Noetzel. "Das ist keine Beteiligung, das ist eine Frechheit.“ Noetzel empfindet diese Ansage als Einschüchterung durch den Senat. "Unsere Kritik soll nicht die IBA treffen, jedoch ist ein Gespräch, bei dem man nichts sagen darf, sinnlos!"

Grundsätzlich sehen die Pläne, die der Bergedorfer SPD-Vorsitzende Ties Rabe im November 2015 vorstellte, Wohnraum für 10.000 bis 15.000 Menschen "auf der grünen Wiese" vor. Damit würde es sich beim neuen Stadtteil Oberbillwerder um eines der größten Hamburger Neubauvorhaben des kommenden Jahrzehnts handeln. Allerdings existieren bisher weder ein Masterplan noch eine Finanzierungsschätzung. Zumal die Christdemokraten schon bei der Vorstellung der SPD-Pläne heftige Kritik am Ausmaß des Wohngebiets äußerten.

SPD stellt sich riesiges Wohngebiet vor, CDU befürchtet "Ballermöhe III"

Aus städtebaulicher Sicht sei der Plan "fragwürdig", Noetzel habe sogar "Angst" vor "Ballermöhe III". Denn mit den Wohngebieten Allermöhe I und II habe die SPD bewiesen, dass sie keinen Städtebau könne. Eine Entwicklung könne nur behutsam vorangetrieben werden – mit Bürgern und Politik. Möglicherweise sei die IBA auch der richtige Partner, Billwerder sei schließlich eines der letzten intakten Straßendörfer der Stadt.

Auch Dennis Gladiator versteht die aktuelle Geheimniskrämerei nicht: „Schon im ersten Anlauf wollte der Senat die IBA mit der Entwicklung beauftragen, ohne das Vorhaben inhaltlich mit der Politik und den Bergedorferinnen und Bergedorfern zu erörtern. Damit ist der Senat aufgrund des Widerstands aus Bergedorf gescheitert." Danach sei zugesagt worden, das Verfahren ordentlich, umfassend und transparent zu gestalten. "Doch wieder soll die Beauftragung im Hauruck-Verfahren durchgedrückt werden", so Gladiator. "Das ist weder transparent noch hat dies etwas mit ordentlichem Handeln zu tun."

Stadteigenes Unternehmen IBA sei durchaus geeignet, das Wohngebiet zu entwickeln

Solange der Senat kein ordentliches Verfahren wähle, um dieses massive Wohnungsbauprojekt transparent diskutieren zu lassen, werde die Union dieses Gebaren nicht dadurch legitimieren, vor der endgültigen Beauftragung mit der IBA Gespräche aufzunehmen. Darum sei die Einladung der IBA abgelehnt worden.

Wenn es nach der SPD geht, soll ein riesiges Neubaugebiet zwischen Billwerder Billdeich und S-Bahngleisen entstehen. Der Schwerpunkt soll auf Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern liegen. Die Sozialdemokraten wollten "eine gesunde Mischung" (Rabe) mit Geschoss- und Sozialwohnungen hinbekommen. Der Fokus liege auf jungen Familien, die beabsichtigen, Eigentum zu bilden. Ihnen soll eine Abwanderung ins Umland erspart werden.

"Wir wollen einen schönen Stadtteil", sagte Paul Kleszcz seinerzeit bei der Vorstellung der Grobplanung. "Deshalb soll der Raum ansprechend mit viel Grün gestaltet werden." Man verfolge das Konzept Wohnen am Wasser. Die Infrastruktur mit Straßen, Einkaufsmöglichkeiten, Kitas und Schulen werde mitgedacht.