In Bergedorf entsteht der neue Stadtteil Oberbillwerder
Nutzer der S-Bahn-Linie 21 kennen die Grünflächen gegenüber von Allermöhe vom versonnenen Blick aus dem Fenster. Hier im Osten präsentiert sich die Stadt überraschend ländlich, man wähnt sich längst außerhalb Hamburgs. Noch.
Es ist nachvollziehbar, dass sich der Senat angesichts rasant wachsender Einwohnerzahlen – gespeist durch Binnenmigration, aber vor allem durch die Flüchtlingswelle – nach Bauland umschaut, umschauen muss. Und doch beschleichen nicht wenige Bürger Zweifel. Hamburg galt stets als grüne Metropole, ja als „Stadt im Wald“. Wenn nun die grünen Flecken mehr und mehr verschwinden, Weiden Wohnungen weichen und auf Gartenparzellen Geschosse wachsen, ist das ein tiefer Eingriff nicht nur in den Natur-, sondern auch den Gefühlshaushalt. Für einige mag dort eine neue Heimat entstehen, für andere geht sie verloren. Es mutet bizarr an, dass aufwendige Bezirksentscheide über die Gestaltung eines Grundstücks veranstaltet werden, ganze Quartiere oder gar Stadtteile aber von oben überplant werden.
Doch was bleibt der Politik anderes übrig? Die Menschen werden ein Dach über dem Kopf brauchen, der alte Plan von 6000 Wohnungen jährlich ist längst obsolet. Nötig ist eher das Doppelte. Die Stadt wird sich in einem Maße und einer Schnelligkeit wandeln, wie wir es seit den 1970er-Jahren nicht mehr erlebt haben. Oberbillwerder wird nicht der letzte Name sein, den es mit Leben zu füllen gilt. Es muss schnell gehen – und zugleich finanzierbar sein. Bisher gültige Anforderungen wie etwa an die Energie-Effizienz von Neubauten werden kaum zu halten sein, die bislang übliche eher lockere Bebauung ebenso wenig. Eine andere Frage rückt dafür in den Mittelpunkt: Wie lässt sich die Konzentration bestimmter sozialer oder ethnischer Gruppen, wie lassen sich Gettos verhindern? Wir erleben gerade den Beginn einer nachhaltigen Verabschiedung der Prioritäten.
All das wird die Stadt diskutieren müssen – in aller Offenheit und mit allen Betroffenen. Die traditionellen Dauerdebatten und ewigen Verzögerungen indes werden wir uns nicht länger leisten können. Weder in Oberbillwerder noch anderswo.