Altstadt. Hamburger erweisen ihrem Altbürgermeister beim Trauerzug durch die City die letzte Ehre. Prominente erinnern sich an ihn.
Schon von zehn Uhr an strömten die ersten Trauergäste ins Thalia Theater, ab kurz vor halb elf bildete sich vor dem Eingang eine lange Schlange von prominenten und weniger prominenten Menschen, die vom Alt-Bürgermeister Henning Voscherau an diesem sonnigen Freitag Abschied nehmen wollten. Während des Wartens auf den Einlass wurden viele Erinnerungen an Voscherau ausgetauscht. Die meisten Anekdoten hatte dabei der frühere Bremer Bürgermeister Henning Scherf zu erzählen.
Voscherau schulde ihm eigentlich noch eine Torte, die habe er aber nie bekommen, so Scherf. Beide hätten nämlich bei einem Derby HSV gegen Werder auf ihre jeweiligen Heimatstädte getippt – und Werder habe damals gewonnen. „Henning Voscherau und mich verbindet sehr viel“, so Scherf.
Henning Scherf: "Wir haben zusammen Fußball gespielt"
„Wir haben zusammen studiert und zusammen Fußball gespielt, da hab ich ihm wegen meiner Größe öfter den Ball weggeköpft. Wir haben aber auch die Städte Hamburg und Bremen von immer nur erbitterten Konkurrenten zu Partnern gemacht.“ Bei manchen Anlässen seien die beiden Männer sogar verwechselt worden, die beide Henning mit Vornamen hießen, beide aus dem Norden stammten und beide promovierte Juristen waren, erzählte Scherf.
Der SPD-Politiker Thomas Mirow erinnerte sich daran, wie Voscherau ihn zum Chef der Senatskanzlei machen wollte. Da sei er nicht etwa von Voscherau zum Gespräch gebeten worden, so Mirow – sondern dieser habe plötzlich bei ihm zu Hause vor der Tür gestanden und gefragt, ob er hereinkommen dürfe. „Das war sein Art, immer sehr persönlich.“
Voscherau im Familienkreis beigesetzt
Schauspieler und Regisseur Eberhard „Möbi“ Möbius kamen die Tränen, als er erzählte: „Wir haben so unglaublich viel zusammen gemacht, das kann ich alles gar nicht aufzählen.“ Zuletzt habe Voscherau im Tamm-Museum bei der Veranstaltung „Darf Politik noch Spaß machen?“ eine wunderbare Rede gehalten – wie immer klug und humorvoll zugleich. Und natürlich, sei sein Schluss gewesen: Ja, Politik dürfe auch Spaß machen.
Aydan Özoguz, Staatsministerin und Bundesbeauftragte für Migration und Flüchtlinge, erinnerte sich vor allem daran, wie Voscherau sie lange vor ihrer politischen Karriere unterstützt habe – als sie für die Körberstiftung deutsch-türkische Projekte vorantrieb und für Integrationsthemen zuständig war. Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz attestierte dem verstorbenen Altbürgermeister eine wunderbare Kombination aus „messerscharfem Verstand und Mutterwitz“.
Voscherau: "Sie müssen Ihren Namen ändern!"
Von einem amüsanten Erlebnis mit Voscherau hatte schließlich der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Danial Ilkhanipour zu berichten. „Als ich mit 16 als Juso zum ersten Mal mit ihm zusammentraf, da schaute Henning Voscherau auf mein Namensschild und sagte: Wenn Sie in der Politik Karriere machen wollen, dann müssen Sie Ihren Namen ändern. Der ist viel zu kompliziert.“ Gleichwohl habe er sich aber doch nicht in Müller oder Meyer umbenannt, so Ilkhanipour.
Nach dem Ende der Trauerfeier im Thalia Theater konnten die Hamburger von ihrem früheren Bürgermeister Abschied nehmen. Noch während die Veranstaltung im Inneren lief, versammelte sich vor dem Gebäude am Alstertor eine große Menschenmenge, die geduldig auf den Beginn des Trauerzuges wartete.
Es war 12.24 Uhr, als der Konvoi durch die Innenstadt startete. Der anthrazitfarbene Wagen, der den Sarg von Henning Voscherau enthielt, fuhr in Richtung Binnenalster, wo sich entlang des Ufers zahlreiche Menschen an die Straße gestellt hatten, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Wer nicht genau wusste, was dort vor sich ging, spürte trotz des Sonnenscheins die getragene Stimmung des Abschieds.
Bischöfin Fehrs trägt sich ins Kondolenzbuch ein
Der Konvoi fuhr über die Bergstraße und die Mönckebergstraße, passierte dann in Schrittgeschwindigkeit den Rathausmarkt. Hinter einer Absperrung auf dem Marktplatz klärte eine ältere Dame zwei interessierte Schüler darüber auf, wer der Verstorbene war.
Im Rathaus, vor dem Halbmast geflaggt war, hatten die Gäste der Trauerfeier im Abschluss Gelegenheit, sich in das Kondolenzbuch für den Verstorbenen einzutragen. Viele Prominente machten hiervon Gebrauch, unter ihnen Bischöfin Kirsten Fehrs, Ehrenbürger Michael Otto, der frühere Verlagsmanager Gerd Schulte-Hillen und seine Frau Irene, Sonja Schulz, Witwe des früheren Bürgermeisters Peter Schulz, und Ex-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber. Vor dem Rathaus bildeten sich lange Schlangen mit Wartenden, die ebenfalls kondolieren wollten.
Der Wagen mit dem Sarg Henning Voscheraus indes fuhr weiter zum Ohlsdorfer Friedhof. Dort wird der verstorbene Altbürgermeister am heutigen Sonnabend im Kreise der Familie beigesetzt.