Hamburg. Viele Firmen sehen das Einkaufszentrum im Überseequartier skeptisch. Die Handelskammer will Hamburgs Innenstadt aufwerten.

Vernachlässigt Hamburg seine Einkaufsstraßen in der Innenstadt? In der HafenCity soll, wie berichtet, Hamburgs größtes Einkaufszentrum entstehen. Schon seit 2001 baut die Stadt zwischen Sandtorkai und Elbe neue Straßen, Plätze und Flaniermeilen, während Alt- und Neustadt im Wesentlichen unverändert blieben.

Der Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz sagt: „Die HafenCity ist durch eine hochwertige Gestaltung ihrer öffentlichen Räume gekennzeichnet. Eine vergleichbare Qualität ist in der Kern-City nun an wenigen Plätzen und aufgrund privater Investitionen in den Business Improvement (BID) entstanden.“ Die Stadt solle deshalb auch im Bereich der Innenstadt Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung vornehmen. Dazu müsse unbedingt ein Masterplan für die Gestaltung von Plätzen gehören, um dort die Aufenthaltsqualität systematisch zu erhöhen, sagt Schmidt-Trenz.

Handelskammer Geschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz
Handelskammer Geschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Das ist einer von sechs Punkten eines Forderungskataloges der Handelskammer Hamburg unter dem Titel „Eckpunkte für die erfolgreiche Entwicklung des Überseequartiers als Baustein der Hamburger Innenstadt“, die der Bürgerschaft und dem Senat vorgelegt wurde. Anlass ist das geplante Einkaufszentrum im südlichen Überseequartier der HafenCity.

Dort wird das französische Immobilienunternehmen Unibail-Rodamco bis 2021 rund eine Milliarde Euro investieren. Der erste Spatenstich ist für Januar 2017 geplant. Herzstück soll ein riesiges Ladenzen­trum mit rund 80.500 Quadratmetern Bruttogeschossfläche für Einzelhandel auf drei Ebenen plus 8.000 Quadratmeter Fläche für Gastronomie werden. Auch ein Kino mit Riesenleinwand und 2700 Plätzen ist geplant. Zum Vergleich: Die gesamte Einzelhandelsfläche in der Innenstadt ist etwa 345.000 Quadratmeter groß.

Bauvorhaben sorgt für Diskussionen

Das Bauvorhaben in der HafenCity sorgt für kontroverse Diskussionen, denn die Einzelhändler in der Innenstadt haben Angst vor der Konkurrenz eines Shopping-Centers dieser Größe.

Der Trägerverbund Projekt Innenstadt spricht sogar von einem Umsatzrückgang von bis zu 15 Prozent, wenn 2021 das Einkaufszentrum eröffnet wird. Unibail-Rodamco kalkuliert mit rund zwölf Millionen Besuchern pro Jahr im südlichen Überseequartier – das würde etwa der Menge an Fluggästen entsprechen, die jedes Jahr in Fuhlsbüttel starten und landen. Der Deutschland-Chef des Investors, Ulrich Wölfer, sagt: „Wir schaffen eine Einkaufserlebniswelt für Hamburg, die es so noch nicht gibt.“

Die Sorge der Kaufleute wird auch in einer Umfrage der Handelskammer deutlich: Von den Einzelhändlern in der Innenstadt – von denen sich rund 300 an der Umfrage beteiligt hatten – rechnen 41 Prozent mit „negativen Auswirkungen“. Insgesamt hatten 915 Unternehmen an der Umfrage teilgenommen. 59 Prozent der befragten Firmen sehen das Vorhaben als einen Gewinn für den Wirtschaftsstandort Hamburg, aber nur 50 Prozent sehen das südliche Überseequartier als einen Gewinn für die Hamburger City.

Innenstadt darf nicht vergessen werden

Für Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz steht fest: „Die Entwicklung des südlichen Überseequartiers ist ein Gewinn für Hamburg. Aber die Innenstadt darf dabei nicht vergessen werden.“ Ziel müsse es sein, dass die Kern-City und das Überseequartier mehr zusammenwachsen und voneinander profitieren.

Deshalb ist eine weitere Forderung der Handelskammer, dass es „eine attraktive städtebauliche Verknüpfung“ zwischen der Innenstadt und der HafenCity gibt: „Es muss ansprechende, publikumsbezogene Nutzungen entlang der wichtigsten fußläufigen Verbindungen zwischen den beiden Quartieren geben. Von besonderer Bedeutung sei dabei die Domplatz-Achse, also der Straßenzug Schmiedestraße, Alter Fischmarkt, Brandstwiete sowie der Burchardplatz im Kontorhausviertel, sagt Schmidt-Trenz.

Die Handelskammer spricht in ihrem Forderungskatalog einen weiteren Punkt an, der für Diskussionen sorgen dürfte: „Wir würden uns wünschen, die Zahl der bislang vier verkaufsoffenen Sonntage pro Jahr auszuweiten oder zu flexibilisieren“, so Schmidt-Trenz. Der Handelskammer-Chef: „Auch wir sind gegen eine grundsätzliche Freigabe der Sonntagsöffnung, aber in Berlin gibt es beispielsweise bis zu zehn verkaufsoffene Sonntage.“ Eine weitere Forderung der Kammer ist, dass Hamburg überregional und international stärker als Einkaufsmetropole vermarktet wird.