Hamburg. Wirbel um Empfehlung, Kindergeburtstage zu verschieben. 6000 Polizisten werden im Einsatz sein, Haltestelle Rathaus wird gesperrt.

Die Sicherheit beim Treffen der OSZE-Außenminister in den Messehallen im Dezember sorgt für Aufregung in der rot-grünen Koalition. Wie berichtet, sieht ein internes Papier massive Sperrungen während des Gipfels vor. Es enthält die Bitte an die Anwohner, keine private Feiern während des Gipfels auszurichten. Die Grünen-Abgeordnete Antje Möller bezeichnete eine solche Empfehlung als „absolut absurd“. Innensenator Andy Grote betonte im Gespräch mit dem Abendblatt: „Jeder darf einen Kindergeburtstag feiern. Wir empfehlen es nur nicht, weil es etwas mühsam werden kann“.

Kindergeburtstage möglichst verschieben

Das umstrittene Konzept wurde in Vorbereitung auf eine Infoveranstaltung für die Anwohner im Karolinenviertel verfasst. Darin heißt es, die Stadt sei dankbar, wenn Kindergeburtstage und Feiern „wenn möglich verschoben“ würden. Die Grünen-Innenexpertin Antje Möller sagte, sie kenne das Papier nicht, aber damit sei möglicherweise eine Grenze überschritten worden.

„Ich hätte mir einen anderen Austragungsort gewünscht. Nun ist es unsere Aufgabe, die Sicherheit zu gewährleisten und unbedingt eine Verhältnismäßigkeit bei den Eingriffen in die Bürgerrechte zu wahren“, sagte Möller. Die Abgeordneten seien bisher nicht informiert worden. Grote sagte, die Formulierung mit dem Kindergeburtstag sei nur ein „illustratives Beispiel“ .

Nach Abendblatt-Informationen ist die Planung der Polizei für den Großeinsatz am 8. und 9. Dezember weit fortgeschritten. Demnach sollen mindestens 6000 Beamte zur Sicherung des Treffens der 57 Außenminister der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingesetzt werden. An den zwei Tagen werden 3500 Gäste, darunter Delegationen der USA, Türkei, Ukraine und Russlands in Hamburg erwartet.

Kontrollpunkte im Karoviertel

Diverse Hotels wie das Vier Jahreszeiten und das Atlantic an der Alster sowie das Steigenberger an der Stadthausbrücke sollen die Teilnehmer beherbergen. Wie das Abendblatt erfuhr, wird ein Teil der Delegationen außerhalb Hamburgs untergebracht und zum Tagungsort eskortiert werden. Neben dem Karolinenviertel und Teilen der Sternschanze werden an den Hotels eigene Kontrollpunkte eingerichtet. Dort kann es zu zeitweiligen Sperrungen des Autoverkehrs in der Innenstadt kommen. Die U-Bahn-Haltestelle Rathaus wird am 8. Dezember komplett gesperrt.

„Wir stehen vor einer Einsatzlage, die wir so noch nicht hatten“, sagt Gerhard Kirsch, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders, sprach von einer „immensen Belastung“, für die Beamten wurde eine Urlaubssperre ab Anfang Dezember verhängt. „Die enorme Sicherheit ist nötig, da mutmaßlich gewaltbereite linke Demonstranten aus ganz Europa zu erwarten sind. Ich erwarte aber auch, dass die Koalitionäre ihre Unstimmigkeiten nicht auf dem Rücken der Beamten austragen“, sagte Lenders.

Innensenator Andy Grote verspricht, den Eingriff in das öffentliche Leben so gering wie möglich zu halten: „Nach jetzigem Stand liegt nur ein Gebäude in der Sicherheitszone im Karolinenviertel“. Die größte Einschränkung sei, den Ausweis vorzuzeigen und Besuch außerhalb der Sicherheitszone zu empfangen. Der Weihnachtsmarkt am Rathaus werde während des OSZE-Treffens nicht geschlossen. „Bei sportlichen Großveranstaltungen sind auch die gesamtstädtischen Straßensperrungen wesentlich intensiver“, sagte Grote.

Eingriffe in die Grundrechte

Für Christiane Schneider, Innenexpertin der Linken, sind die bekannt gewordenen Maßnahmen aus dem Sicherheitskonzept „weitreichende Eingriffe in die Grundrechte“, wie sie auf Nachfrage sagte. „Es stellt sich die Frage, ob man eine derartige Veranstaltung in der Stadt stattfinden lassen muss, wenn die Bewegungsfreiheit der Anwohner aufgrund des hohen Aufwands bei der Gefahrenabwehr eingeschränkt wird.“ Darüber hin­aus leuchte nicht ein, „was es bringen soll, Kindergeburtstage zu verschieben.“

Der CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator findet, dass die Maßnahmen mit Augenmaß gewählt seien. „Sicherlich ist es schöner, wenn es keine Einschränkungen gibt, aber den Ausweis vorzuzeigen, ist zumutbar.“ Dies sei erforderlich, um die Sicherheit zu gewährleisten. Bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung hätte es nicht überrascht, wenn die Einschränkungen größer ausgefallen wären.

Die FDP kündigte an, die Sicherheit bei OSZE-Treffen und G-20-Gipfel auf die Agenda des Innenausschusses zu setzen. Sie erwarte dazu „eine schriftliche Vorabinformation“. Der Vorsitzende des Ausschusses, Ekkehard Wysocki (SPD), sagte: „Es ist eine Ehre, dass das OSZE-Treffen in Hamburg stattfinden wird“. Aber: „Die Anwohnerinnen und Anwohner im Karolinenviertel dürfen nicht übermäßig in ihrem täglichen Leben eingeschränkt werden“, so Wysocki.