Hamburg. 19-Jähriger hatte sein Opfer in Stellingen verletzt, gebissen und sexuell misshandelt. Das Urteil: zwei Jahre Haft auf Bewährung.

In welche Raserei muss Nasiri Z. (19) verfallen sein, als er eine gleichaltrige Frau biss und kratzte, während er sich an ihr verging? Die junge Frau wehrte sich heftig, als er am Neujahrsmorgen in der Nähe des S-Bahnhofs Stellingen auf ihr kniete, ihr den Mund zudrückte, sie halb entkleidete und schließlich auf ihr masturbierte.

Wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung am Neujahrsmorgen hat das Hamburger Landgericht den jungen Mann zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht, in dem der Sühnegedanke eine wichtige Rolle spielt, hat das Jugendstrafrecht vor allem einen erzieherischen Auftrag. Die Strafkammer hielt es am Montag für erwiesen, dass der etwa 19 Jahre alte Flüchtling am Neujahrsmorgen eine gleichaltrige Frau angriff, verletzte und sexuelle Handlungen an ihr vornahm. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung gefordert, der Verteidiger Freispruch.

„Das ist nicht der Silvesterfall, auch wenn es am Neujahrsmorgen dazu kam“, stellte die Vorsitzende der Jugendkammer, Anne Meier-Göring, fest. Die junge Frau hatte mit Freunden an der Reeperbahn Silvester gefeiert und war mit drei jungen Männern, darunter auch dem Angeklagten, mit der S-Bahn nach Stellingen gefahren. „Wir gehen davon aus, dass sie zu dem Zeitpunkt unter dem Einfluss von K.-o.-Tropfen stand“, sagte die Richterin. In Stellingen stiegen die vier alkoholisierten jungen Menschen aus, wie Bilder von Überwachungskameras zeigen.

Rüge für den Verteidiger

Vor einem Restaurant griff der Angeklagte die Frau zum ersten Mal an, stieß sie nach Zeugenaussagen zu Boden und kniete sich auf sie. Vermutlich einer der anderen beiden Männer entwendete das Handy der 19-Jährigen und rannte damit weg. Die Zeugen riefen die Polizei. Doch nur zwei Minuten bevor die Beamten eintrafen, lief die Frau davon, der Angeklagte hinter ihr her. Die Frau kam erneut zu Boden, wie, konnte nicht geklärt werden. Die 19-Jährige hatte nach der Tat geschwollene Lippen, Bissspuren am Oberkörper und Hämatome. „Es gab ein nicht einvernehmliches Geschehen“, stellte Meier-Göring fest. Sie rügte zugleich scharf die Argumentation des Verteidigers, wonach zwischen Täter und Opfer Einvernehmen geherrscht habe in jener Nacht.

In seinem letzten Wort hatte der Angeklagte gesagt: „Ich habe einen Fehler gemacht, und das tut mir sehr leid.“ Das Gericht wertete die Reue und das Erschrecken des Angeklagten über die eigene Tat als strafmildernd. Er habe kein Aggressionspotenzial oder keinen gestörten Sexualtrieb. Außerdem habe er auf die Aussage des Opfers im Prozess mit großer Beschämung reagiert. Er sei erst zwei Monate vor der Tat nach Deutschland gekommen, geschickt von seinem Vater in Kabul. Dort sei er schon im Alter von 14 Jahren mit einer 15-Jährigen verheiratet worden und habe zwei Kinder. „Ich hoffe sehr, dass Ihre Familie irgendwann wieder stolz auf sie sein kann“, sagte Meier-Göring in Richtung des Angeklagten.