Hamburg. Große Unterschiede bei Preismodellen der Unternehmen. Wo die Wagen für Kurzstrecken und längere Ausflugsfahrten am günstigsten sind.

Der rot-grüne Senat propagiert das Carsharing als Mobilitätsangebot der Zukunft. Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) stellte erst kürzlich zwei Pilotprojekte in Eimsbüttel und Ottensen vor, wo öffentliche Parkplätze zugunsten von Carsharing-Stellplätzen wegfallen könnten. Auch viele Unternehmen setzen darauf, dass sich künftig viele Stadtbewohner lieber hin und wieder ein Fahrzeug leihen, statt selbst eines zu besitzen. So gibt es in der Hansestadt mittlerweile sieben größere Anbieter. „Wir wachsen hier jedes Jahr“, sagt beispielsweise Carsten Redlich, Geschäftsführer von Cambio in Hamburg. Das Unternehmen ist ein Pionier des Carsharings, bereits seit 2007 in Hamburg aktiv und hat hier nach eigenen Angaben mittlerweile 5600 registrierte Kunden. Konkurrent car2go ist in der Hansestadt mit rund 770 kleinen, weiß-blauen Smarts im Stadtbild präsent. Zum September will das Unternehmen des deutschen Automobilherstellers Daimler auch Fahrzeuge der A-Klasse und Mercedes-GLA in Hamburg anbieten, wie Sprecherin Vera Pfister dem Abendblatt sagte. „Hamburg ist ein guter Markt“, heißt es zur Begründung. Damit zieht man mit Mitbewerber DriveNow von BMW gleich, der Fahrzeuge der Marken Mini und eben BMW anbietet.

Cambio arbeitet sogar mit Wohnungsunternehmen zusammen. Für ein Neubauprojekt mit 50 Wohnungen in Barmbek stellt das Unternehmen beispielsweise Auto-Garagen für zwei Fahrzeuge bereit. Ein Carsharing-Auto, so heißt es bei Cambio, könne in den Städten 8 bis 20 private Pkw ersetzen und so zur Entlastung bei der allgemeinen Parkplatznot beitragen. Doch bei allem Wachstum ist Carsharing kein einfacher Markt. Ein Anbieter in Hamburg ist wegen Insolvenz inzwischen auch schon wieder von der Bildfläche verschwunden.

Der Automobilclub ADAC in Hamburg bewertet die Carsharing-Angebote dann auch nicht ganz so euphorisch wie die Verkehrsbehörde. „Wir halten das für eine sinnvolle Ergänzung für den öffentlichen Nahverkehr“, sagt der Sprecher des ADAC Hansa, Hans Duschl. Allerdings sollte die Zahl der Carsharing-Parkplätze in Hamburg auf ein „sinnvolles Maß“ begrenzt bleiben, um den Parkplatzdruck nicht noch weiter zu erhöhen. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des ADAC zeige, dass nur die wenigsten Autofahrer bereit seien, ihr Auto abzuschaffen und komplett auf Carsharing umzusteigen. Immerhin planen drei Prozent der Befragten laut Umfrage einen solchen Schritt in den nächsten sechs Monaten.

Aber für wen lohnt es sich, auf den eigenen Wagen zu verzichten und stattdessen das Carsharing zu benutzen? Aus wirtschaftlicher Sicht, so sagt der ADAC-Sprecher, rentiert sich der Umstieg auf Carsharing für all diejenigen, die im Jahr weniger als 6000 bis 10.000 Kilometer fahren. Nach einer Beispielrechnung des ADAC kostet ein neuer VW Golf, der vier Jahre lang jährlich 15.000 Kilometer gefahren wird, monatlich 590 Euro. Für einen Smart, den es auch beim Carsharing zu leihen gibt, zahle man pro Monat 362 Euro.

Wer ein Auto ausleihen möchte, wird mit verschiedenen Konditionen und Tarifmodellen konfrontiert. Die Angebote der einzelnen Unternehmen unterscheiden sich teils sehr. Das Abendblatt stellt die wichtigsten vor.

Mal gibt es Grundgebühren, mal nicht. Einige rechnen minuten- oder auch tageweise ab. Oft wird eine relativ hohe Selbstbeteiligung zwischen 500 und 1000 Euro bei Versicherungsschäden verlangt. Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Carsharing-Modelle: Bei DriveNow (560 Autos) und car2go können nach einer Anmeldung die über das Stadtgebiet auf normalen Parkplätzen verteilten Fahrzeuge wie eine Art Selbstfahrer-Taxen spontan gemietet werden. Abgerechnet wird meist nach Minuten, Benzin und Versicherung sind im Preis enthalten – diese Autos eignen sich am besten für Kurzfahrten.

Die Wagen der stationären Carsharing-Anbieter, unter anderem Cambio mit etwa 40 festen Stationen und Greenwheels mit rund 35 Stationen, werden meist für längere Fahrten oder sogar eine Urlaubsreise genutzt. Hier hat man in der Regel die Auswahl zwischen verschiedenen Fahrzeugmodellen. Kleinere Anbieter sind der Autovermieter Starcar, Matcha und Flinkster, ein Unternehmen der Deutschen Bahn mit sechs Stationen.

Dritte Carsharing-Möglichkeit sind die beiden Internet-Plattformen „drivy.de“ und „tamyca.de“, auf denen Autos von Privaten an Privaten vermittelt werden, ähnlich den Plattformen für Ferienwohnungen. Die Internet-Vermittler übernehmen Registrierung, Versicherung und Bezahlung.

Welches Angebot der Carsharing-Unternehmen am besten für welches Nutzungsverhalten passt, welche Tarifmodelle sich für die Kurzstrecke und welche für längere Fahrten rechnen, hat das Abendblatt anhand zweier Beispielrechnungen durchgespielt:

Stationäre Anbieter:

Berechnet wird in der Regel die Benutzung in einer Kombination aus Zeit und Kilometern; Benzin und Versicherung sind inklusive. Nach einmaliger Regis­trierung bucht man zum Beispiel bei Cambio über Telefon, Internet oder Smartphone-App ein Fahrzeug an einer Station und muss es dort in der Regel auch wieder abgeben. Dabei gibt es verschiedene Tarifmodelle und unterschiedlich teure Fahrzeuge. Für eine ungefähre Vergleichbarkeit wurden bei diesen Beispielen Registrierungskosten oder Sonderpakete nicht mitberechnet und möglichst einfache Tarifmodelle ohne Grundgebühr für einen relativ kleinen Wagen gewählt. Verglichen wurden dabei die Kosten für eine kurze Einkaufsfahrt von zehn Kilometern, die insgesamt zwei Stunden dauert. Zweite Beispielfahrt ist ein Ausflug, der insgesamt sechs Stunden dauert und ins Umland führt. 70 Kilometer werden dabei zurückgelegt.

Cambio
(www.cambio-carsharing.de): Tarifbeispiel: eine Stunde 2,10 Euro und 21 Cent pro Kilometer: Die Einkaufstour schlägt dabei mit 6,30 Euro zu Buche und der Ausflug mit 27,30 Euro.


Greenwheels:

(www.greenwheels.de) Tarifbeispiel: eine Stunde 1,99 Euro und 25 Cent pro Kilometer, Einkaufsfahrt: 6,48 Euro, Ausflug: 29,44 Euro.


Flinkster
:
(www.flinkster.de) Tarifbeispiel: eine Stunde 2,30 Euro und 18 Cent pro Kilometer: Einkauf: 6,40 Euro, Ausflug: 26,40 Euro.


Matcha

(www.drive-matcha.de) Tarifbeispiel: eine Stunde 3 Euro, 20 Cent pro Kilometer (30 Kilometer frei); Einkauf: 6 Euro, Ausflug: 26 Euro


Share A Starcar
(www.share-a-starcar.de) Tarifbeispiel: 99 Cent die Stunde und 29 Cent pro Kilometer. Einkauf: 4,88 Euro, Ausflug: 26,24 Euro.

Flexible Anbieter:

Auch dabei sind Tanken und Versicherung inklusive. Nach einmaliger Regis­trierung bekommt man eine PIN-Nummer, reserviert das nächstgelegene Auto per Internet oder App auf dem Smartphone und kann es so auch öffnen und starten.

Am Ende stellt man es auf einem öffentlichen Parkplatz wieder ab. Das Geschäftsgebiet ist aber mit kleinen Ausnahmen begrenzt auf das Hamburger Stadtgebiet nördlich der Elbe. Bei diesem Modell wird nach Zeit – meist minutenweise – abgerechnet sowie das eigentliche Fahren und das Parken. Das System ist auf Fahrten von A nach B ausgerichtet und weniger auf Ausflüge mit längerem Aufenthalt.

Car2go: (www.car2go.de) Smart-Fahrzeuge, demnächst auch Mercedes A-Klasse und GLA. Anmeldung 19 Euro. Minutenpreis: 29 Cent (Smart), Prepaid ab 23 Cent. Minutenpreis fürs Parken: 19 Cent.

DriveNow (www.drivenow.de), BMW und Mini, Anmeldung 29 Euro. Minutenpreis 31 Cent im günstigsten Fall, Prepaid ab 24 Cent. Minutenpreis fürs Parken: 15 Cent.

Internet-Vermittlung:

Bei Tamyca.de und drivy.de werden Autos zwischen Privatleuten vermittelt – Carsharing im eigentlichen Sinne des Wortes also.

Weil der Preis letztlich durch die Vermieter festgelegt wird, ist ein objektiver Vergleich nicht möglich. Bei einem kurzen Check zeigte sich jedoch, dass es bei beiden Anbietern für eine fiktive Ausflugsfahrt über sechs Stunden und mit insgesamt 70 Kilometern einige Angebote in Hamburg zur Auswahl gibt, allerdings sind sie nicht alle rasch verfügbar.

Die Preise variieren dabei stark, weil einmal PS-starke Kombis, dann aber auch wieder ältere Kleinwagen angeboten werden. Zwischen 21 und bis zu 49 Euro betrug dabei die Preisspanne.