Hamburg. Naturschützer kritisieren geringe Wiederaufbereitungsquoten im neuen Abfallwirtschaftsplan der Umweltbehörde.
Nach Luft- und Lärmbelastung gibt es in Hamburg nun auch wieder einmal Streit über das dritte wichtige Umweltthema: die Müllentsorgung. Der Senat hat gerade den Entwurf eines „Abfallwirtschaftsplans für Siedlungsabfälle“ vorgelegt. Reaktion des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND): „Der Senatsentwurf gehört ins Altpapier“ – und der Plan müsse vollkommen überarbeitet werden.
„Die bis 2020 in Aussicht gestellten Recyclingquoten für Wertstoffe bleiben deutlich hinter dem Machbaren zurück“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. „Noch nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Recyclingquote von 65 Prozent wird erreicht.“ Noch immer enthalte der Hamburger Restmüll mehr als 50 Prozent Wertstoffe, die getrennt erfasst und recycelt werden könnten, so Braasch. „Von diesem Potenzial sollen innerhalb von zehn Jahren aber gerade mal 20 Prozent gehoben werden.“ Allein am Beispiel der Leichtverpackungen zeige sich, „welchen Nachholbedarf Hamburg bei der Getrenntsammlung hat“. Während in Bremen mehr als 30.000 Tonnen Leichtverpackungen pro Jahr getrennt erfasst würden, erreiche Hamburg bei mehr als doppelt so vielen Einwohnern im Jahr 2012 gerade einmal 27.600 Tonnen, so der BUND-Chef.
Biotonnen fehlen immer noch
Besonders problematisch sei aus Sicht des BUND „die schleppende Aufstellung von Behältern für die Getrenntsammlung“. Nach der Planung des grünen Umweltsenators würden selbst in zehn Jahren noch rund 350.000 Hamburger Haushalte nicht an die Biotonne, 300.000 nicht an der Wertstofftonne und 250.000 nicht an die blaue Altpapiertonne angeschlossen sein.
„Wir fordern Umweltsenator Kerstan und die Stadtreinigung auf, deutlich nachzulegen“, so Braasch. „Es kann nicht sein, dass Wertstoffe weiter in hohem Umfang verbrannt werden und viele Haushalte keine Möglichkeit zur Getrenntsammlung haben.“ Wenn Hausbesitzer die Behälter nicht aufstellen wollten, müsse „der gesetzliche Anschlusszwang konsequent durchgesetzt werden“, so Braasch. Zuletzt hatte die Stadtreinigung nach eigenen Angaben rund 31.000 Briefe an diejenigen verschickt, die bisher keine solche Tonnen aufgestellt haben. 90 Prozent der Briefe gingen an die Wohnungswirtschaft, zehn Prozent an Einzelhausbesitzer. In dem Schreiben sei auch eine zwangsweise Aufstellung der Recyclingtonnen angedroht worden, hieß es seinerzeit von der Stadtreinigung.
Kommentar: Wir müssen uns ändern
Trotz dieser Mahnung hätten aber bis heute 13.100 Hamburger Immobilienbesitzer, zumeist Vermieter, nicht reagiert. Nun will die Stadtreinigung die Daumenschrauben anziehen. „Ein mit der Umweltbehörde verabredetes Konzept sieht vor, in diesen Fällen auch blaue und grüne Wertstofftonnen ohne Abstimmung mit dem Grundeigentümer aufzustellen“, so Stadtreinigungs-Sprecher Reinhard Fiedler. „Wir werden zunächst in eindeutigen Fällen die fehlenden Wertstofftonnen aufstellen. Eindeutig sind Fälle, in denen wir wissen, dass es ausreichend Platz für die fehlenden Wertstofftonnen gibt und Mieter sich über die Weigerung der Grundeigentümer, etwa eine Biotonne aufzustellen, bei uns beklagt haben.“
Wer Abfall trennt, schützt die Umwelt
Richtig glücklich ist man mit der Situation auch in der Umweltbehörde nicht. „Der Abfallplan ist eine Zielvorgabe. Insbesondere bei der getrennten Erfassung von Bio- und Grünabfällen sind wir ein gutes Stück vorangekommen“, sagte Sprecher Björn Marzahn. „Am Ende der Fahnenstange sind wir aber nicht. Wir wollen und müssen besser werden und deutlicher machen: Wer Abfall trennt, schützt die Umwelt und spart Gebühren.“
Tatsächlich muss die Umweltbehörde in ihrem neuen Planentwurf einräumen, dass Hamburg seine Recyclingziele zuletzt in fast allen Bereichen verfehlt hat. Bei den Zahlen bis 2012 waren die angestrebten Recyclingmengen lediglich bei Bioabfällen erreicht worden. Beim Altpapier, Wertstoffen und Grünabfällen landete man deutlich unter den Erwartungen. Beim Altglas sah es besonders schlecht aus: hier erreichten die Hamburger 2012 gerade einmal den Stand von 2007. Die dem Recycling zugeführte Menge lag mit 479.000 Tonnen 27.000 Tonnen unter dem Ziel.
Die im neuen Plan festgelegten Ziele für das Jahr 2025 erscheinen den Kritikern beim BUND auch nicht übermäßig ehrgeizig. Die Restmüllmengen sollen von 463.700 Tonnen im Jahr 2014 auf 375.000 Tonnen im Jahr 2025 zurückgeführt werden. Die Recyclingquote 3, in die auch die Rohschlacke aus der Müllverbrennung einbezogen wird, soll bis 2025 von zuletzt 51 Prozent auf 64 Prozent sinken. „Derzeit liegt für Deutschland bei Siedlungsabfällen insgesamt eine Verwertungsquote von 88 Prozent vor“, schreibt der BUND in seiner Stellungnahme an die Umweltbehörde. „Auch dieser Vergleich zeigt, wie wenig ambitioniert der Entwurf des Abfallwirtschaftsplans ausfällt.“