Stadt geht bei der umweltfreundlichen Versorgung in vielen Punkten voran. Energiebilanz des Rathauses ist jedoch schlecht.
Auch die Politik und die Verwaltung leisten ihren Beitrag für ein ökologischeres Hamburg. So hat der Senat etwa kürzlich neue Regeln zur „umweltfreundlichen Beschaffung“ in allen Behörden beschlossen. Danach spielen bei der Kaufentscheidung neben dem Preis nun auch etwa die „Lebenszykluskosten“ eines Produkts, Reparatur- und Recyclingfähigkeit, Verpackung, Klimabelastung und Ressourcenverbrauch eine Rolle. Produkte mit extrem negativen Umweltauswirkungen wie etwa Kaffeekapseln, Mineralwasser in Einwegflaschen, Einweggeschirr oder chlorhaltige Putzmittel dürfen gar nicht mehr angeschafft werden. Wandfarben dürfen künftig keine Biozide mehr enthalten. Der neue Umweltleitfaden betrifft Einkäufe im Wert von jährlich rund 250 Millionen Euro.
Hamburgs Verwaltung nimmt laut Senat damit eine „Vorreiterrolle in Deutschland ein“. So setze man „ein wichtiges Signal an die Wirtschaft und an Privatleute, künftig ebenfalls noch stärker auf die Folgen einer Kaufentscheidung und auf die Geschichte hinter einem Produkt zu achten“, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne).
Bereits jetzt stammen rund zwei Drittel der fast 207 Millionen Seiten Kopierpapier, die jährlich verbraucht werden, aus dem Recycling. Durch den Einsatz von Recyclingpapier wurden laut Senat insgesamt mehr als 285 Tonnen CO2 vermieden und 51,9 Millionen Liter Wasser und 10,65 Millionen Kilowattstunden Energie gespart. Die eingesparte Menge Wasser decke den täglichen Trinkwasserbedarf von 414.800 Einwohnern. Der Anteil des Recyclingpapiers soll weiter steigen.
Justizsenator mit sauberstem Dienstwagen
Mindestens die Hälfte der derzeit 315 Mittelklasse-Pkw im Fuhrpark der Behörden müsse laut der neuen Umweltrichtlinie spätestens im Jahr 2020 mit Elektroantrieb fahren. Bei den Dienstwagen schneidet der Senat im Bundesvergleich schon jetzt sehr gut ab. „Hamburg, Rheinland-Pfalz und Bremen liegen deutlich unter dem letztjährigen Zielwert der EU von 130 Gramm CO2 pro Kilometer“, teilte die Deutsche Umwelthilfe im Mai mit. Hamburgs grüner Justizsenator Till Steffen liegt mit seinem VW Passat GTE 1.4 TSI Plug-in-Hybrid mit 106 Gramm CO2 pro Kilometer bundesweit an der Spitze beim Ranking der saubersten Dienstwagen.
Auch die Stromversorgung der städtischen Gebäude wurde im Rahmen der jüngsten Ausschreibung nach ökologischen Kriterien neu ausgerichtet. „Der Ökostrom muss in Anlagen erzeugt werden, die ausschließlich erneuerbare Energien als Energieträger nutzen“, sagt Umweltbehördensprecher Björn Marzahn. „Er muss atomstromfrei sein und darf nicht aus fossilen Energieträgern stammen.“ Derzeit beliefere die Energie Vertrieb Deutschland EVD die Stadt „mit Ökostrom aus Wasserkraft“, so Marzahn.
Auch bei der Bewirtung setzt man im Rathaus auf Öko und auch auf fair gehandelte Produkte. „Bei Fingerfood und Speisen werden vom Rathausservice immer auch Bioprodukte angeboten. Bei Getränken sind biologische, fair gehandelte und regionale Produkte der Standard“, sagte der stellvertretende Senatssprecher Sebastian Schaffer dem Abendblatt. „Das macht auch deshalb Sinn, weil viele dieser Getränkehersteller aus Hamburg kommen.“ Geliefert wird etwa von „Geld hängt an den Bäumen“, „Viva con Agua“, „Lemonaid/Charitea“ und „Fritz-Kola“.
Rathaus energetisch kaum zu verbessern
In Sachen Energieeffizienz der städtischen Gebäude gibt es je nach Baujahr große Unterschiede. Der Neubau an der S-Bahn Wilhelmsburg, in dem die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, die Umweltbehörde und der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung untergebracht sind, wurde für sein Nachhaltigkeits- und Energiekonzept 2014 mit dem Zertifikat der Gesellschaft für nachhaltiges Bauen in Gold ausgezeichnet. „Der Soll-Primärenergiebedarf beträgt 70 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr, der Ist-Primärenergiebedarf liegt nach einem energetischen Monitoring, welches für die Dauer von drei Jahren ausgelegt ist, für das Jahr 2015 bei 61,5 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr“, so Umweltbehördensprecher Marzahn. „Die deutliche Unterschreitung der Energieverbrauchswerte zeigt, dass das Energie-Monitoring zur Optimierung der Heizungsanlage mit Wärmepumpen und Geothermiefeld ein eindrucksvolles Zwischenergebnis ökologischen Bauens im Passivhausstandard darstellt.“
Deutlich schlechter sieht es beim altehrwürdigen Rathaus aus. „Es ist ein altes Gebäude und daher schwer mit den Energiebilanzen neuer Gebäude zu vergleichen. Es gibt nur eingeschränkte Möglichkeiten zur energetischen Verbesserung“, so der stellvertretende Senatssprecher Schaffer. „Das Schicksal teilen wir mit dem Buckingham Palace. Wir können zum Beispiel kaum zusätzliche Wärmedämmungen verbauen, weder von außen noch von innen, da wir sonst die prachtvollen Decken unserer schönen Säle von innen isolieren müssten. Wo es geht, versuchen wir natürlich etwas zu tun.“
Zur 100-Jahr-Feier habe man zum Beispiel die Bodenplatte zwischen dem zweiten Stock und dem Dachraum isoliert. In den Jahren 2009 und 2010 seien neue, wärmeisolierte Fenster und außerdem eine neue Lüftungszentrale eingebaut worden, so Schaffer. „Aber das Rathaus bleibt ein altes Gebäude mit eher schlechter Energiebilanz.“