Hamburg. Nach Befragungen soll dort das Angebot an Elektro-Leihautos beginnen. CDU unterstützt das Modellprojekt – mit Einschränkungen.

In zwei Hamburger Quartieren soll die Mobilität der Zukunft getestet werden, Deshalb werden in Eimsbüttel und Ottensen, den beiden ausgewählten Pilotstadt­teilen, feste Stellflächen für Elektro-Leihautos gesucht. Anwohnern soll damit der Verzicht auf ein eigenes Auto schmackhaft gemacht werden, zumindest aber sollen sie sich den Verzicht leichter vorstellen können. Denn für das Projekt würden herkömmliche Parkplätze verloren gehen.

In den beiden Pilotgebieten werden laut Verkehrsbehörde vorraussichtlich im September zunächst jeweils 300 Anwohner von Interviewern zu ihren favorisierten Mobilitätsgewohnheiten befragt. Dabei sollen die Bürger Auskunft darüber geben, wie sie zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Wochenendausflug kommen, welche Alternativen sie sich vorstellen könnten und wie ein Leihangebot nach ihrem Gusto aussehen sollte.

Die Befragung sei „ergebnisoffen“, es handelt sich um ein wissenschaftliches „Urban Travel Monitoring“ des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Erst die gewonnenen Daten sollen Aufschluss über das tatsächlich benötigte Angebot in den Quartieren geben. Etwa welche Art von Leihfahrzeug wo verlässlich stehen müsste.

Anlass zur Hoffnung, dass dieses Modell angenommen wird, gibt der Verkehrsbehörde ein Paralleltrend in Hamburg. Denn trotz zunehmender Pkw-Zulassungen steigen die Nutzerzahlen des öffentlichen Nahverkehrs und des StadtRads, wird Carsharing immer beliebter. In den vergangenen zehn Jahren sind im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) 40 Prozent mehr Abonnements verkauft worden, die Radleihe boomt, und die klassischen Carsharing-Anbieter wie Cambio oder Greenwheels haben mit Car2Go und Drive now sehr erfolgreiche Konkurrenz bekommen. Laut eigenen Angaben haben die beiden Durchstarter der Leihwagenszene binnen fünf bzw. drei Jahren am Markt jeweils etwa 100.000 Hamburger Nutzer überzeugen können.

Zusammen bringen sie eine Flotte von fast 1500 Autos auf die Straße, Car2Go erwägt aktuell, neben seinen Zweisitzermodellen größere Fahrzeuge anzubieten. Impulsgeber für den nun startenden, wissenschaftlich begleiteten Modellversuch für eine ganze Nachbarschaft ist deshalb wohl nicht zufällig die BMW-Gruppe, die hinter Drive now steht. Die Verkehrsbehörde versichert aber, dass alle Beteiligten (Hochbahn, Bezirke Altona und Eimsbüttel sowie Innenbehörde) anbieter­offen planen wollen. Das heißt: Jeder Leihfahrzeug-Anbieter könne teilhaben, infrage kommen aber ausschließlich Stellflächen für Elektroautos. Zehn bis 15 herkömmliche Parkplätze müssten dafür in den beiden Vierteln aufgegeben werden, schätzt Staatsrat Rieckhof. Das sei die Kernherausforderung in dem Projekt

Angesichts des Leidensdrucks erhoffe er sich eine kooperative Nachbarschaft. Denn: „Der durch die wachsende Einwohnerzahl bewirkte Parkdruck und die Notwendigkeit, wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität zu ergreifen, zwingt uns, über moderne Mobilitätslösungen nachzudenken.“ Richtig und wichtig sei dabei, die Bürger in ihrem Quartier direkt einzubinden, nichts „von oben“ zu entscheiden. Ob tatsächlich der Wunsch bestehe, Alternativen wie Carsharing stärker zu nutzen, soll herausgefunden werden. Dass Carsharing ein strategischer Hebel ist, den Pkw-Besitz zu reduzieren, werde aber angenommen.

Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, unterstützt das Modellprojekt mit Einschränkungen. „Wir fordern, dass die Befragung der Anwohner tatsächlich ergebnisoffen durchgeführt werden muss. Nur so kann die nötige Akzeptanz vor Ort erreicht werden.“

Wichtig sei zudem, dass nicht mehr Parkplätze vernichtet würden, als für E-Autos geschaffen werden. Denn, so Thering, „es wäre falsch, Menschen in neue Mobilität zu zwingen, indem man ihnen die Möglichkeit nimmt, das Auto zu parken.“

Dass junge Erwachsene das eigene Auto immer weniger als Statussymbol wahrnehmen und lieber Carsharing nutzen, gleichzeitig die Zahl der zugelassenen Autos aber steigt, ist für Thering Indiz dafür, beiden Entwicklungen Rechnung tragen zu müssen. „Die mutwillige rot-grüne Parkraumvernichtung ist deshalb falsch und muss sofort beendet werden!“ Der richtige Weg laute für die Union: Angebote schaffen, aber keinen Zwang ausüben.

Für Wieland Schinnenburg, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, ist bei der Mobilitätsentwicklung in Hamburg ohnehin schon viel falsch gelaufen. Nun stehe zu befürchten, „dass Rot-Grün noch mehr versemmeln wird.“ Es dürfe bei dem Projekt zu keiner Bevormundung von Bürgern kommen, forderte Schinnenburg. Parkplätze sollten nicht verloren gehen.