Hamburg. Nach einem Monat am „Schmusegitter“ darf der Kater zu Weibchen Marushka. Der Tierpark Hagenbeck setzt große Hoffnungen in ihn.
Als die Schwanzspitze in nervöse Zuckung gerät, ist es mit dem Versteckspiel vorbei. Das Tigerweibchen hat ihren männlichen Artgenossen erspäht. Ab jetzt ist sie im Offensivmodus. Mit angelegten Ohren schleicht die Tigerin Richtung Kater, schießt kurz auf ihn zu. Gebrüll. Ohrfeige. Er schmeißt sich auf den Rücken.
Es ist kurz nach 10 Uhr im Tierpark Hagenbeck. Das neue Tigermännchen soll erstmals in Gesellschaft gebracht werden. Nach fast einmonatiger Eingewöhnung am sogenannten Schmusegitter durfte der erst 16 Monate alte Neuzugang Yasha gemeinsam mit dem angestammten, vier Jahre älteren Weibchen Marushka das große Gehege erkunden. Ohne trennenden Zaun- und zunächst ohne Berührungsängste.
Der erste Kontakt ist gut gelaufen
Ein mächtiger Tatzenhieb, ein angsteinflößendes Fauchen und noch eine kurze Attacke von hinten, schon waren die Kräfteverhältnisse geklärt. Zu Gunsten des Weibchens. Fürs Erste hat sich Yasha friedlich unterworfen und sein Revierverhalten defensiv ausgelegt. „Ist gut gelaufen“, sagte Tierarzt Michael Flügger zum ersten Aufeinandertreffen. Der sicherheitshalber bereitgelegte Feuerwehrschlauch, um die Tiere im Notfall per Wasserstrahl zu trennen, würde nicht gebraucht.
Das junge männliche Tier war Anfang Juli aus dem schwedischen Wildpark Nordens Ark nach Hamburg gekommen. Mittelfristig soll Yasha bei Hagenbecks Sibirischen Tigern wieder für Nachwuchs sorgen. Bis er geschlechtsreif ist, dauert es allerdings noch zwei Jahre.
2015 waren mehrere Jungtiere gestorben
Wie berichtet, hatte der Tierpark im vergangenen Jahr eine ganze Zuchtlinie bei den größten Raubkatzen der Welt verloren. Zunächst war der erste Wurf der Tigerin – drei Jungtiere – binnen kurzer Zeit gestorben. Wenig später erkrankte der erst vier Jahre alte Kater Lailek an einer Nervenkrankheit und starb. Seither war Marushka auf der Tigeranlage allein.
Da im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) ein neues, genetisch passendes Männchen gefunden werden musste, dauerte die Suche einige Zeit. Zunächst wurde dem Tierpark ein Kater aus Kasachstan in Aussicht gestellt, nun ist es ein Männchen aus Schweden geworden. „Ein wichtiges Tier im Programm“, sagte Flügger. Entschieden werden solche Transfers von Joe Cook, der europäischen Zuchtkoordinatorin der Amurtiger aus dem Londoner Zoo. Etwa 260 Raubkatzen stehen dafür in den 345 Zoos des Europäischen Zooverbands (EAZA) zur Verfügung.
Noch ist das Männchen nicht geschlechtsreif
Tiger leben für gewöhnlich einzelgängerisch. Dabei können sie ein Revier von bis zu 400 Quadratkilometern für sich beanspruchen – ein Grund für ihren bedrohten Status in der Natur, da der Mensch den Lebensraum zunehmend einengt. Reviere von Männchen überlappen sich in freier Wildbahn allerdings mit denen mehrerer Weibchen, insofern kommen die Tiere auch immer wieder kurzzeitig zur Paarung zusammen. Bisher verhielt sich der junge Kater bei Hagenbeck ruhig und entspannt – gute Aussichten für die Paarbildung. Nun fehlen nur noch Geschlechtsreife des Männchens und die offizielle Zuchtgenehmigung vom EEP für das Paar.