Hamburg. In direkter Nachbarschaft zu den Musikclubs Indra und Gruenspan sollen neue Wohnungen gebaut werden. Kritiker befürchten Konflikte.
Im Herzen von St. Pauli wird wohl bald wieder fleißig gebaut. Mitten auf der Großen Freiheit in direkter Nachbarschaft zu den beiden legendären Musikclubs Indra und Gruenspan soll ein neues Quartier entstehen. Geplant ist. das Areal an der Große Freiheit 58-70 in den kommenden Jahren „behutsam nachzuverdichten“, wie es aus dem Bezirksamt Hamburg-Mitte heißt. Bislang sind auf der Fläche der ehemaligen Fischräucherei unter anderem die Druckerei St. Pauli und das Urban-Gardening-Projekt „Gartendeck“ untergebracht.
In Zukunft sollen dort rund 40 ausschließlich öffentlich geförderte Mietwohnungen und weitere Gewerbeeinheiten entstehen. Über die Pläne des Bezirksamts Hamburg-Mitte und der zuständigen Sprinkenhof GmbH als Bauherr wurde in den vergangenen Monaten auf St. Pauli viel diskutiert. Streitpunkte waren bis zuletzt vor allem die unsichere Zukunft des im Jahr 2011 im Rahmen des Internationalen Sommerfestivals von Kampnagel initiierten Projekts „Gartendecks“ und die in vielen Augen „massive Nachverdichtung“ des Quartiers.
Büro aus St. Pauli gewinnt städtebaulichen Wettbewerb
Noch vor einem Jahr hatte sich der Sanierungsbeirat Wohlwillstraße daher für einen sofortigen Stopp des geplanten Wettbewerbsverfahrens ausgesprochen. Sowohl Stadtplanungsausschuss wie auch der zuständige Ausschuss für Wohnen und Stadtteilentwicklung lehnten das jedoch mit großer Mehrheit ab.
Umso mehr freut man sich nun im Bezirksamt, nach eigener Aussage eine gute Lösung für alle Beteiligten gefunden zu haben. Demnach konnte sich das lokale Architekturbüro Heyden und Hidde aus St. Pauli gegen fünf Mitbewerber durchsetzen und den städtebaulichen Wettbewerb nun für sich entscheiden. Das Büro plant und baut bereits im nahegelegenen Pestalozziquartier zwischen Großer und Kleiner Freiheit genossenschaftlichen Wohnungsbau mit insgesamt 28 öffentlich geförderten Wohnungen, einer Gewerbeeinheit und einer Tiefgarage.
Großteil des Gartendecks auf dem Dach
Die Architekten planen, das Areal an der Großen Freiheit in einen südlichen Gewerbehof, in dem die Druckerei und weitere Betriebe untergebracht werden sollen, und einen nördlichen Wohnhof zu unterteilen. Der Gewerbehof soll nach Angaben von Heyden und Hidde bewusst im Süden des Areals errichtet werden, um damit auch die eher lärmintensiven Musikclubs miteinzuschließen und zu erhalten.
Das "Gartendeck" soll zwar auf einer Fläche von rund 1000 Quadratmetern erhalten bleiben, allerdings wird ein Großteil der Aktivitäten wohl zukünftig auf dem Dach der Druckerei stattfinden müssen. Im Inneren des Gewerbehofs ist lediglich ein kleiner Teil für die Urban-Gardening-Initiative vorgesehen.
Unklar ist noch, was bei einer Bebauung mit den bestehenden Gebäuden im Innenhof der ehemaligen Fischräucherei passieren soll. Aus dem Bezirksamt heißt es, man wolle "Lösungsvorschläge für die Weiternutzung und den Erhalt der Objekte" erarbeiten. "Schwerpunkt ist dabei die sinnvolle und verträgliche Ergänzung des Gebäudeensembles durch Neubauten unter angemessener Berücksichtigung der als erhaltenswert eingestuften Gebäudeteile."
Kritiker befürchten Konflikte zwischen Wohnen und Gewerbe
Kritiker bemängeln jedoch nach wie vor die in ihren Augen „massive Verdichtung“ in dem Quartier. "Aufgrund der Verdichtung sind Konflikte weiterhin vorgezeichnet", sagte ein Mitglied des Sanierungsbeirats nach der Vorstellung der Entwürfe. Er befürchtet, dass mit der Schaffung von rund 40 Wohnungen Nutzungskonflikte mit den "alt eingesessenen, lärmemittierenden Gewerbebetrieben", wie der Druckerei oder den Musikclubs Indra und Gruenspan, programmiert seien.
Eine Problematik, der man sich im Bezirksamt offenbar bewusst ist. "Eine zunehmende Problematik in Innenstadtlagen liegt im Aufeinandertreffen von Wohnnutzungen und anderen Nutzungen, die das Wohnen durch Lärm und andere Emissionen belasten können", sagt Baudezernent Bodo Hafke. Die jetzige Lösung zeige jedoch beispielhaft, "wie Wohnen, Clubs und Gewerbe in enger Nachbarschaft platziert werden können, ohne dass grundsätzliche Konflikte zu erwarten sind". Genaue Details zu den bestehenden Entwürfen sollen nun weiter ausgearbeitet werden.