Hamburg. Finanzinvestor Advent steigt bei dem Unternehmen aus. Es bestehen gute Aussichten für Hamburger Filialen.

Vor einigen Jahren noch hatte die Thalia-Kette mit immer neuen Negativschlagzeilen für Unruhe bei Kunden und Mitarbeitern gesorgt: Filialen wurden geschlossen, der Kampf gegen den übermächtigen US-Anbieter Amazon im Internet schien schon bald zum Aussterben der Buchläden zu führen. Gestern jedoch meldete Thalia Erfreuliches: Die Buchgruppe bekommt neue Eigentümer – und soll wieder wachsen.

Die Details: Ein Konsortium um die Freiburger Verlegerfamilie Herder erwirbt vom Finanzinvestor Advent die Kette mit 280 Filialen. Der neue Eigner, der seit 1798 Bücher verlegt, hält künftig die Mehrheit an einer Holding, die 65 Prozent der Thalia-Anteile kon­trollieren soll. Die übrigen Anteile liegen in Händen der Familie Kreke, die damit bei Thalia engagiert bleibt. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Das Bundeskartellamt muss der Übernahme noch zustimmen.

Nach den wiederholten Verkäufen der Kette hatte Thalia vor zwei Jahren viele Hamburger befürchten lassen, dass der Anfang vom Ende großer Buchhandlungen gekommen ist: Damals schloss Thalia mit der Filiale Große Bleichen einen der größten Standorte in Deutschland. Durch den Siegeszug des Online-Handels rutschte das gesamte Unternehmen in die roten Zahlen.

Thalia-Zukunft in Hamburg gesichert

Doch nun stehen die Zeichen auf Expansion, teilte die Gruppe mit. Thalia glänze inzwischen mit Umsatzzuwächsen über dem Branchentrend. „Thalia steht (..) wieder auf wirtschaftlich gesunden Füßen und wächst aus eigener Kraft“, betonte Advent-Manager Ranjan Sen. Das operative Ergebnis der Gruppe habe sich seit dem Einstieg von Advent auf rund 40 Millionen Euro mehr als verdoppelt, sagte ein Insider. Der Umsatz von Thalia lag nach Schätzungen des Magazins „buchreport“ zuletzt bei rund 960 Millionen Euro – halb so viel wie Amazon in Deutschland mit Büchern umsetzen dürfte, aber deutlich mehr als bei den Rivalen Weltbild und Hugendubel. Die Strategie, die zur Wende führte: Thalia schloss etliche Filialen, modernisierte Läden und Sortiment und setzte auf das Lesegerät Tolino, das dem Kindle von Amazon Paroli bieten soll.

Überwiegend positive Nachrichten gibt es nach den Turbulenzen der vergangenen Jahre nun auch für Hamburg: Die ebenfalls großflächigen Geschäfte in der Spitalerstraße, im AEZ und in der Europassage seien in ihrem Fortbestehen nicht gefährdet, teilten die Gesellschafter gestern dem Abendblatt mit. Die Läden sind „zeitgemäß und spiegeln die Kaufkraft an diesen Standorten wider“, hieß es zur Lage der wichtigen Filialen in Hamburg. Die Buchhandlung im Tibarg-Center hat Thalia neu gestaltet, sie eröffnet modernisiert am 14. Juli. Die Größe des Shops ist unverändert geblieben. Nach älteren Plänen schließt indes der Standort im Billstedt-Center – zum 30. September 2017. Die Umsatzentwicklung dort war bereits seit längerer Zeit rückläufig. Insgesamt betreibt Thalia in der Hansestadt dann noch neun Geschäfte.

Manager beteiligt sich selbst an der Holding

Im gesamten deutschsprachigen Raum wollen die Eigentümer nun weitere Buchläden eröffnen. In mittelgroßen Städten etwa und in neuen Einkaufscentern. Zuletzt hatte Thalia zusätzliche Geschäfte in Stendal und Neu-Ulm bezogen.

Im Herbst hatte Thalia-Chef Michael Busch die Sanierung für beendet erklärt – die Kette wolle nun mit ihren rund 4000 Mitarbeitern auf Wachstumskurs gehen. „Für unser Unternehmen beginnt ein neues Kapitel“, sagte Busch nun: „Wir gewinnen eine unternehmerische, langfristig ausgerichtete Eigentümerstruktur.“ Der Manager beteiligt sich selbst an der Holding. Manuel Herder, Chef des Verlagshauses, versicherte, die Geschäftsführung könne ihren Kurs fortsetzen. „Lesen ist einfach gut für die Menschen, der Buchhandel ist gut für unsere Städte“, sagte er. Thalia stehe wie kaum ein anderes Unternehmen für den Erhalt der innerstädtischen Lesekultur. Der alteingesessene Verlag Herder ist traditionell katholisch geprägt. Zu den verlegten Autoren gehört unter anderem Papst Franziskus. Das Sortiment bei Thalia wolle sein Haus aber nicht ändern, versicherte Herder.

Die aktuelle Übernahme folgt auf eine Reihe von Transaktionen rund um die Thalia-Kette: Eine gemeinsame Holding von Advent und der Familie Kreke hatte Thalia 2012 als Teil der damaligen Douglas Holding erworben. Zuvor hatte Jürgen Könnecke, langjähriger Inhaber und Geschäftsführer des einstigen Familienunternehmens, vor längerer Zeit seine verbliebenen Anteile an Thalia verkauft. Der Vater des Hamburgers hatte die Thalia-Buchhandlung im Thalia Theater 1931 gekauft, später trat der Sohn dann in seine Fußstapfen.

Mit dem Verkauf von Thalia hat der Finanzinvestor Advent nun die Zerlegung des ehemals börsennotierten Douglas-Konzerns nach vier Jahren abgeschlossen. Die Beteiligungsgesellschaft hatte bereits mit dem Weiterverkauf des Parfümerie-Geschäfts für fast drei Milliarden Euro ihren Einsatz mehr als verdoppelt. Der Schmuckhändler Christ, der Süßwarenhändler Hussel und die Modehäuser von AppelrathCüpper wurden ebenfalls verkauft.