Hamburg . Zur Abwehr möglicher Terrorangriffe kauft die Hansestadt 130 Sturmgewehre, Schutzwesten und Panzerwagen.

Sturmgewehre, Maschinenpistolen, kugelsichere Schutzwesten, Panzerwagen – die Hamburger Polizei rüstet im Kampf gegen den Terror massiv auf. Wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet, wollen die Polizeien der Länder Bremen und Hamburg insgesamt 163 Sturmgewehre kaufen, eine öffentliche Ausschreibung dazu läuft bereits. 33 Sturmgewehre sollen demnach nach Bremen gehen, Hamburg bekommt 130.

Auf Abendblatt-Anfrage bestätigte Polizeisprecherin Karina Sadowsky die geplante Anschaffung. Die Ausschreibung stehe im Zusammenhang mit dem neuen Terrorkonzept der Polizei. Über den genauen Einsatzbereich könne die Polizei aus taktischen Gründen jedoch keine Angaben machen.

163 Sturmgewehre in drei Ausführungen

Wie aus der öffentlichen Ausschreibung hervorgeht, ordern die Bremer und Hamburger Polizei 163 Sturmgewehre in drei verschiedenen Ausführungen. Bisher verfügt nur das Mobile Einsatzkommando (MEK) über derartige Kriegswaffen, die eine immense Feuerkraft und Reichweite besitzen. Im Notfall ließen sich damit auch auf größere Entfernungen Terroristen zuverlässig ausschalten. Außerdem sollen auch 27 Farbmarkierungswaffen mit dem Kaliber 5,56 mal 45 Millimeter angeschafft werden.

Nach Abendblatt-Informationen soll mit den Sturmgewehren die Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE) zusätzlich ausgerüstet werden, für den Umgang damit ist eine spezielle Schulung erforderlich. Außerdem erhält die Polizei 150 Maschinenpistolen des Typs MP5, geliefert werden sie vom Waffenhersteller Heckler&Koch zum Preis von exakt 302.796,81 Euro. Die Maschinenpistolen haben indes eine deutlich geringere Reichweite als die Sturmgewehre und gehören seit Jahren zur Standardbewaffnung der Polizei.

Kugelsichere Schilde und Westen

Um die Beamten besser zu schützen, setzt die Polizei zudem auf kugelsichere Schilde und Westen der Schutzklasse 4, die auch dem Beschuss durch Sturmgewehre standhalten sollen – eine Reaktion auf die Anschläge von Paris. Dort feuerten die Terroristen mit Kalaschnikows. Die Schutz­kleidung soll so gelagert werden, dass die Schutzpolizisten der Wachen schnell darauf zugreifen können. „Ende September ist die erste Ausrüstung da“, sagt Polizeisprecher Timo Zill.

Ob die Sturmgewehre und die Schutzausrüstung an allen 24 oder an ausgesuchten Wachen deponiert werden, steht nach Abendblatt-Informationen noch nicht fest. Gerade bei Terroranschlägen nach dem Paris Muster kommt es indes auf jede Sekunde an – im Notfall müssen die Beamten sofort auf ihre schwere Ausrüstung zugreifen können. Das Verfahren, Tatorte abzuriegeln und zu warten, bis Spezialeinheiten vor Ort sind, sei überholt, sagt der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders: Die Täter müssten ausgeschaltet werden, bevor sie viele Menschen töten könnten.

G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017

Zusätzlich erweitert die Polizei ihren Fuhrpark um einen schwer gepanzerten Mannschaftstransport­wagen, der bis zu zehn Polizisten Platz bietet und auch einem Sturmgewehrbeschuss (Schutzklasse VR 8) und Brandsätzen trotzt. Das neue Fahrzeug ist Bestandteil des Sicherheits- und Einsatzkonzepts für den OSZE-Gipfel am 8. und 9. Dezember und den G20-Gipfel in Hamburg (Juli 2017).

Nicht nur die Polizei, auch die Justiz stellt sich auf eine langfristige Bedrohung durch den (islamistischen) Terror ein. Vor wenigen Tagen hat Justizsenator Till Steffen (Grüne) den Aufbau eines zweiten, mit fünf Richtern besetzten Staatsschutzsenats am Hanseatischen Oberlandesgericht angekündigt, der vermutlich Ende 2016/ Anfang 2017 seine Arbeit aufnehmen wird. Die beiden Senate sind nicht nur für Terrorverfahren in Hamburg, sondern auch in den Bundesländern Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Verhandelt werden dort sämtliche Staatsschutzverfahren, die die Bundesanwaltschaft entweder selbst anklagt oder die sie an die Generalstaatsanwaltschaften der Länder delegiert hat.

Um die zusätzliche Arbeit bewältigen zu können, bekommt auch die Staatsanwaltschaft nach Angaben der Justizbehörde mehr Personal: zwei Dezernenten und zwei Servicekräfte, die ausschließlich für den Bereich Staatsschutz zuständig sind. Einzelheiten zu möglichen Ermittlungen gegen Hamburger IS-Kämpfer will die Anklagebehörde jedoch nicht nennen. „Zu konkreten – etwa bei der Generalstaatsanwaltschaft anhängigen – Verfahren können wir aktuell aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen“, sagt Oberstaatsanwältin Nana Frombach.