Hamburg . Für seine neue Shanty-CD nimmt Moderator Yared Dibaba ein Video in der Showbar von Kiez-Größe Olivia Jones auf.

Die Finger schmerzen auch noch am Tag danach. Aber bitte, was soll man machen, wenn Karl-Heinz, genannt Kalle, Schwensen einem zur Begrüßung die Hand schraubstockähnlich drückt. Jammern? Geht nicht. Erst recht nicht hier, an der Großen Freiheit, wo die harten Jungs regieren.

Es war ein Klassentreffen der besonderen Art am Mittwochabend in Olivias Showbar. Nacheinander standen Vorzeige-Zwielichtgestalt Schwensen, Carlo von Tiedemann, NDR-Moderator mit Legendenstatus und Eddy Kante, 33 Jahre Bodyguard in Diensten von Udo Lindenberg in der Zarge. Ach ja, kurz vor knapp stakste noch Olivia Jones in ihr eigenes Reich, als Gastgeberin darf man sich schon mal verspäten.

Unterdessen wummerte bereits zum x-ten Mal der Song „St. Pauli“ aus den mächtigen Boxen der Showbar. Unter der riesigen Discokugel, wo sonst eher leicht bekleidete Damen und Herren ihre Travestie- und Comedykünste zeigen, tänzelte Yared Dibaba vor einem Männerchor in Matrosenanzügen. Klingt abgedreht, ist abgedreht. Denn Dibaba, nach eigenem Bekunden der erste Plattdeutsch-Entwicklungshelfer mit äthiopischen Wurzeln, macht jetzt in Shantys. Läuft, kann man sagen. Erste TV-Auftritte gab es schon, am Donnerstag schmetterte Dibaba mit seinen Mannen beim EM-Fanfest.

Türsteher Eddy gibt den Eddy

Du kommst hier nicht rein. Eddy Kante und Yared Dibaba
Du kommst hier nicht rein. Eddy Kante und Yared Dibaba © ChickenShack Filmproduktion | ChickenShack Filmproduktion

Aber natürlich geht heutzutage nix mehr ohne ein gescheites Video. Manche Künstler investieren Millionen in die Produktion, Dibaba reicht Wasser, belegte Brötchen und Kuchen. Denn abschlagen kann man ihm eh nichts, wahrscheinlich gibt es im TV-Business, sonst ein Hort ewiger Eifersüchteleien und Intrigen, niemanden, den alle, wirklich alle, so nett finden. „Yared ist ein ganz Lieber“, sagt Carlo von Tiedemann, „für den mache ich das gern.“

Andererseits ist der Job auch überschaubar. Kurz in die Maske, dann ein bisschen mitwippen und mitgrölen – und dabei möglichst begeistert gucken, das kann man schon mal machen. Schwensen spielt einfach sich selbst, lässig lächelnd fläzt er sich mit einem Glas Sekt zwischen zwei außerordentlich gut aussehenden Frauen auf dem Sofa und guckt wie immer durch seine dunkel getönte goldumrandete Pilotenbrille, womöglich hat er sie sich inzwischen auf die Nase tackern lassen.

Auch Eddy gibt den Eddy. Als grimmiger Türsteher überwacht er den Eingang zur Bar, lässt auch, haha, den Star Dibaba nicht rein. Kante verlangt das Losungswort. Tja, wie kann das nur lauten. Etwa „St. Pauli“, wie der Titelsong? Yes, Dibaba darf passieren.

Beim Dreh, Profis wissen das, gibt es kaum etwas Nervigeres als Umbaupausen. Zum Glück hat man im winzigen Biergarten von Olivia immer was zu Schnacken. Kante klagt über Wasser in den Knien, Spätfolge eines schweren Motorradunfalls vor sieben Jahren, krempelt zum Beweis seine Lederhose hoch; okay, muss man jetzt nicht gesehen haben. Dann bietet er an, er könne mit seiner Harley durch die Bar brettern, Action in so einem Video könne ja nicht schaden. Aber diese Idee finden Olivias Manager dann doch nicht so gut.

Single erscheint am Montag

Stolz zeigt Kante auf seinem iPhone ein gemeinsames Foto mit Udo, entstanden nach dessen Konzert in Hannover Mitte Juni. Also doch Versöhnung nach dem Riesenkrach um Kantes Autobiografie 2013, über die sich der Panik-Rocker so geärgert hatte? „Es gibt zumindest keinen Hass mehr“, sagt Kante. Bei der After-Show-Party nach dem Konzert zuvor in Hamburg habe ihn Otto Waalkes schon zum Udo führen wollen, Friedenskuss in der gemeinsamen Heimat, was wäre das für eine Geschichte gewesen.

Doch der Eddy wollte nicht: „Der Udo ist 70, hatte ein dreistündiges Konzert hinter sich, da musste ich ihn doch in Ruhe lassen.“ Dabei guckt Kante so gerührt, dass man ihn am liebsten in den Arm nehmen möchte, was allerdings nur mit Klitschko-Gardemaß möglich wäre. Von Tiedemann klönt noch ein bisschen von früher („Ich habe die Beatles live gesehen“) und von heute („Faste gerade, ich brauche das von Zeit zu Zeit“). Olivia muss dagegen schon wieder los, flötet noch ein schnelles Tschüs, die Touristen warten schon auf ihre Führung. Und Dibaba? Der ist einfach nur glücklich.

Video ist im Kasten, kommt in zwei Wochen raus, die Single schon am Montag. Läuft. Irgendwann schlendert dann auch Schwensen von dannen. Zum Glück ohne einen Händedruck zum Abschied.