Hamburg. Feuerwehr, Polizei, Staatsanwaltschaft, Kultur: Hamburgs Haushalt sieht zahlreiche Mehrausgaben vor – ohne Schulden zu machen.

„Ja, ist denn schon Weihnachten?“ Manchem Beobachter der Hamburger Politik mag in den vergangenen Wochen der alte Werbespruch von Franz Beckenbauer in den Sinn gekommen sein. Kaum ein Tag verging, ohne dass eine Behörde stolz vermeldete, wofür sie künftig mehr Geld ausgeben darf – und das, nachdem Bürgermeister Olaf Scholz und Finanz­senator Peter Tschentscher (beide SPD) vor zwei Wochen bei der Präsentation des Haushaltsentwurfs für 2017/2018 noch Fragen nach offensichtlichen Budgetsteigerungen ausgewichen waren: Jeder bekomme, was er benötige, hieß es. Mit Abstand zeigt sich jedoch, dass es an zahlreichen Stellen spürbare Mehrausgaben gibt. Eine Auswahl:

Die Polizei wird bis 2020 von derzeit 7700 auf 8000 Vollzugskräfte aufgestockt – vor allem, um der Einbruchskriminalität Herr zu werden. Die zusätzlichen Ausgaben bezifferte Innensenator Andy Grote (SPD) auf 17 bis 20 Millionen Euro jährlich.


Die
Staatsanwaltschaft, das verkündete Justizsenator Till Steffen (Grüne) parallel, erhält eine eigene Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität mit zehn Stellen, fünf Staatsanwälte sowie fünf Servicekräfte. Die Mehrausgaben, die deutlich mehr als eine halbe Million Euro betragen dürften, finanziert die Behörde aus höheren Einnahmen der Justizkasse.

Auch die
Feuerwehr bekommt Zuwachs: Innerhalb von fünf Jahren soll die Zahl der Beamten bei der Berufsfeuerwehr von rund 2400 auf 2600 steigen. Zusammen mit einigen anderen Maßnahmen wie neuen Wachen und Löschbooten kalkuliert die Innenbehörde mit Mehrausgaben von durchschnittlich rund 25 Millionen Euro pro Jahr.


Hamburgs Krankenhäuser erhalten in den kommenden zwei Jahren insgesamt weitere 25 Millionen Euro – zusätzlich zu den städtischen Investitionen von 90 Millionen Euro pro Jahr. Da die Mittel zur Hälfte vom Bund kommen, bleiben für die Stadt rechnerisch Mehrausgaben von 6,25 Millionen Euro pro Jahr.


Der Integrationsfonds der Bürgerschaft wurde auf Antrag von SPD und Grünen eingerichtet, das Parlament kann so selbst Fördermittel für Projekte bewilligen. Gefüllt ist der neue Topf mit zehn Millionen Euro – pro Jahr.


Der bestehende Sanierungsfonds der Bürgerschaft wurde passend dazu ebenfalls um zehn Millionen Euro aufgestockt – allerdings bereits für das laufende Jahr. Mit dem Topf können die Abgeordneten kleinere Projekte zur Sanierung der Infrastruktur unterstützen.


Auch der Sport erhält mehr Geld für Integration, und zwar einmalig 800.000 Euro. Ziel ist es, „die Zugangswege zum Sport für Flüchtlinge zu erleichtern“.


Der Kulturbehörde werden die Mehrkosten für den Betrieb der Elbphilharmonie ausgeglichen – 2,8 Millionen Euro pro Jahr. Außerdem darf sie die Privattheater stärker unterstützen als bisher, allerdings wohl nur mit rund einer statt mit drei Millionen Euro, wie ein Gutachten empfohlen hatte.


Die Wissenschaftsbehörde kann jedes Jahr acht Millionen Euro mehr ausgeben. Insgesamt 40 Millionen Euro zusätzlich für fünf Jahre hatte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) in den Koalitionsverhandlungen herausgeholt und sich nun entschieden, damit kleine Hochschulen und die Spitzenforschung stärker zu fördern.

Die Liste ließe sich noch verlängern – und das führt zu der Frage, wie das zum Ziel des Senats passt, nie mehr Schulden zu machen. Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle. Erstens: Mehr Geld war auch in den vergangenen Jahren vorhanden, es wurde nur nicht ausgegeben. Daher gab es 2014 einen Überschuss von 420 Millionen und 2015 von rund 200 Millionen Euro. Aufgrund der anhaltend überplanmäßigen Steuereinnahmen haben SPD und Grüne Ende 2015 das Finanzrahmengesetz geändert, das vorschreibt, wie viel die Stadt maximal ausgeben darf. Diese Linie wurde um rund 400 Millionen Euro pro Jahr angehoben. Dadurch springen die Ausgaben einmalig um rund vier Prozent nach oben.

Dabei gilt: Ein Prozent Steigerung, also rund 100 Millionen Euro, ist ohnehin immer eingeplant. Und knapp 200 der 400 Millionen Euro fließen in eine zentrale Reserve für die Flüchtlings­kosten. Bleiben also rund 100 Millionen Euro, die tatsächlich zusätzlich ausgegeben werden. Möglich wurde das auch, so betont die Finanzbehörde, weil der Senat seit 2011 sparsam gewirtschaftet und die Ausgaben nur um maximal ein Prozent gesteigert habe, weil die Zinsausgaben niedrig sind und die Länder mehr Geld vom Bund erhalten.

„Unser Konsolidierungskurs war konsequent und erfolgreich, die Konjunktur und die Einwohnerzahl Hamburgs entwickeln sich gut. Daher sind wir in einer stabilen finanziellen Lage und können die politischen Schwerpunkte des Senats solide finanzieren“, sagte Finanzsenator Tschentscher dem Abendblatt. „Mit der entsprechenden Unterstützung des Bunds können wir auch die Kosten der Zuwanderung ohne Einschnitte in anderen Bereichen tragen.“ Für 2017 und 2018 plant der Senat sogar mit Überschüssen.

CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer übt dennoch Kritik: „Das ursprüngliche Konzept, die Ausgaben zu begrenzen, ist aufgegeben worden.“ Nach seiner Rechnung steigen die Ausgaben sogar um 6,1 Prozent. „Offensichtlich soll auch von schlechten Nachrichten abgelenkt werden“, sagt er. „Es ist ja unrealistisch, dass alle Senatsmitglieder das bekommen haben, was sie gefordert haben.“