Hamburg. Ein Ex-Manager und der Chef einer Event-Agentur sollten sich wegen Untreue verantworten. Nun kommt es jedoch nicht zum Prozess.
Die 20 Prostituierten und Hostessen, die im Juni 2007 zum Amusement der besten Versicherungsvertreter der Hamburg-Mannheimer beitragen sollten, trugen farblich unterschiedliche Bänder. So konnten, so hieß es vor Beginn der Sex-Orgie in der Budapester Gellert-Therme, alle Mitarbeiter gleich sehen, „mit wem sie sich unterhalten müssten und mit wem nicht.“
Juristisch hätte der schillernde Fall um die Lustreise von mehr als 60 Versicherungsvertretern vom 14. Juli an vor dem Hamburger Landgericht aufgearbeitet werden sollen – doch kurz vor dem Auftakt ist der Prozess geplatzt.
Beide Angeklagten haben nun doch einer von der Staatsanwaltschaft angebotenen Verfahrenseinstellung zugestimmt. Manager Daniel A., 46, habe sich verpflichtet, eine Geldbuße in Höhe von 5000 Euro, Event-Manager Robert A., 50, eine Geldbuße von 10.000 Euro zahlen. Wenn die Angeklagten die Summe bis zum 13. Juli entrichteten, finde die Hauptverhandlung nicht statt, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen. Eine Einstellung nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung wäre aber schon vor Jahren möglich gewesen – die Angeklagten machten davon jedoch nicht Gebrauch, weil sie eine „Aufarbeitung in einem geordneten Verfahren anstreben“, so Wantzen.
Extrem lange Prozessdauer Hintergrund des Sinneswandels
Hintergrund des Sinneswandels ist offenbar die extrem lange Prozessdauer. Das Landgericht hatte vorerst 54 Verhandlungstage angesetzt und den aus Sicht der Verteidigung zentralen Zeugen, dessen Aussage womöglich das Verfahren hätte erheblich verkürzen können, erst für den 22. Verhandlungstag geladen. "Mein Mandant arbeitet in Berlin und müsste erst zwei, dann dreimal pro Woche nach Hamburg kommen; als junger Unternehmer würde er sich damit wirtschaftlich zu Tode verteidigen", sagte sein Anwalt Ulf-Diehl Dreßler dem Abendblatt. „Wäre verhandelt worden, wäre Daniel A. nach kurzer Prozessdauer freigesprochen worden“, ist sich Dreßler sicher.
Lustreisen wie die im Juni 2007 seien in der Branche damals Usus gewesen. So gehe aus einer betriebsinternen E-Mail hervor, dass ein damaliges Vorstandsmitglied Daniel A. damit beauftragt habe, eine weitere Incentive-Reise nach Budapest im Jahr darauf in der „gewohnten Art und Weise und Diskretion zu organisieren“. Der Skandal um die Sex-Orgie in der Gellert-Therme war 2011 nach einer Strafanzeige der Konzernmutter Ergo aufgeflogen.
Beide Männer waren wegen Untreue und Beihilfe zur Untreue angeklagt. Sie sollen mit der Beauftragung der 20 Prostituierten beziehungsweise mit der Verschleierung der Liebesdienste in der Rechnung gegen die damaligen internen Richtlinien der Hamburg-Mannheimer verstoßen und einen Schaden von 52.000 Euro verursacht haben.