Hamburg. Die Stadt setzt auf Seriengebäude, erste Projekte sind schon auf dem Weg. Opposition fürchtet eintönige Bauten.

Günstige Serienbauten, kleinere Wohnungen und ein Verzicht auf teure Ausstattung bei Fußböden und Küchen – angesichts immer weiter steigender Mietpreise werden die Forderungen nach einer Art Preisbremse beim Wohnungsbau in Hamburg immer lauter. Gestern hatte die Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer, Karin Loosen, im Abendblatt-Interview gefordert, dass auch die Bürger ihre Ansprüche herunterschrauben müssten.

Mit einem sogenannten Effizienzwohnungsbau will hingegen der rot-grüne Senat die Preise dämpfen und macht damit nun zum ersten Mal Ernst: Für zwei städtische Baugrundstücke in Bramfeld (Bramfelder Dorfgraben) und Neugraben-Fischbek (Baugebiet Vogelkamp) ist dazu jetzt ein Wettbewerb für den Verkauf angelaufen. Veräußert werden die Areale mit der Verpflichtung, dort Mietwohnungen mit einer Baukostengrenze zu bauen, sodass die Nettokaltmiete maximal acht Euro pro Quadratmeter Wohnfläche betragen darf. Zum Vergleich: Üblich sind heute Mietpreise bei Neubauten von zwölf bis sogar 14 Euro – je nach Lage.

Möglich soll der günstigere Preis durch eine Art Serienproduktion von Standardtypen werden. Der Stadtentwicklungsexperte der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Olaf Duge, nennt als Referenz die Pläne des Unternehmens FeWa in Bergedorf, wo solche Häuser für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive gebaut werden. „Bis zu 40 Prozent der Baukosten kann man so sparen“, sagt der Politiker.

Eine Zahl, die von Experten aber bezweifelt wird. „Wir glauben nicht an so hohe Einsparungsmöglichkeiten durch serielle Bauweise“, sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), dem die Genossenschaften und die städtische Saga angeschlossen sind. Vermutlich werde sich keines der VNW-Mitgliedsunternehmen daher an dem Wettbewerb um die beiden Grundstücke beteiligen, so Breitner.

Kritik kommt auch von der Opposition. Die Bauexpertin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Birgit Stöver, befürchtet Bausünden durch „immer gleiche Fassaden und Holzplattenbauten“. Auch die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann sieht „eintönige Bauten“ auf Hamburg zukommen. „Ich sehe die Gefahr von Stigmatisierung, wenn schon am Wohnungsbau und der Architektur zu erkennen ist, dass hier arme Menschen wohnen“, sagt sie. Die Vorschläge der Architektenkammer seien indes zu begrüßen, sagen beide Politikerinnen.

So hatte Kammer-Präsidentin Loosen im Abendblatt-Interview vorgeschlagen, einfach Estrichböden zu gießen oder Bäder mit Minimalausstattung zu bauen. Auch kleinere Wohnungsgrößen und sich wiederholende Grundrisse könnten Kosten sparen. Ebenso eine Standardisierung der Gebäude, allerdings dürfe dabei an den Fassaden nicht auf Vielfalt verzichtet werden. Großes Einsparpotenzial sieht die Architektin bei staatlichen Vorschriften wie beispielsweise der Energiesparverordnung. Der Aufwand stehe oft in keinem Verhältnis zum Nutzen. Doch daran will die Stadt nicht rütteln. Und Politiker wie der Grüne Olaf Duge sieht darin auch keinen wesentlichen Preistreiber; er verweist auf entsprechende Studien.

Eine Einschätzung, die von vielen Fachleuten allerdings nicht geteilt wird: So fordern beispielsweise der Grundeigentümerverein und der Mieterverein in Hamburg in ungewohntem Gleichklang ebenfalls einen Verzicht auf immer neue Energiesparverordnungen und andere Vorschriften. „Da gibt es einen Wust, das muss am besten alles auf den Prüfstein“, sagt Heinrich Stüven, Vorsitzender des Hamburger Grundeigentümervereins. So habe sich das Bauen allein durch die neue Energiesparverordnung um acht Prozent verteuert, während der tatsächliche Einspareffekt bei unter einem Prozent liege. Ähnlich die Einschätzung von Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Hamburger Mietervereins. „Man muss da die Kirche im Dorf lassen und nicht die letzten zwei Prozent noch einsparen wollen.“

Die Forderung der Architektenkammer nach kleineren Wohnungen und gesenkten Standards unterstütze er aber auch, sagt Chychla. Man brauche nicht unbedingt einen Holzfußboden: „Lieber einfach und vernünftig als gar kein Dach über dem Kopf.“ Kleinere Wohnungen seien zudem sinnvoll, weil es heute eben mit 55 Prozent einen enorm hohen Anteil von Singlehaushalten in Hamburg gebe. Das Leben spiele sich bei ihnen nicht mehr so häufig in der Wohnung ab.

Auch der Chef des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, Breitner, sieht noch andere Einsparpotenziale als der Senat. So würden beispielsweise die Hamburger Bezirke Bauprojekte mit zahlreichen eigenen Forderungen überfrachten, was das Bauen und später die Mieten ebenfalls teurer mache. Breitner: „Wir sollen auch Straßen bauen, Tiefgaragen, gern auch einmal eine ganze Kita.“