Hamburg. Versagt die Mietpreisbremse? Seit ihrer Einführung steigen die Mieten stark an. Zu dem Ergebnis kommen Schüler des Gymnasiums Ohmoor.
Die Nettokaltmieten steigen in Hamburg offenbar stärker als gedacht. Diese Vermutung legt das Ergebnis einer Untersuchung nahe, die Oberstufenschüler des Gymnasiums Ohmoor in Niendorf durchgeführt haben. Demnach liegt bei Neuvermietungen die Kaltmiete in Hamburg im Schnitt inzwischen bei 12,45 Euro pro Quadratmeter. Das ist ein Plus von 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit würde die Miete bei Neuverträgen im Schnitt um 55 Prozent über der Hamburger Durchschnittsmiete von 8,02 Euro pro Quadratmetern liegen.
Weiter kommen die Schüler zu dem Ergebnis, dass sich der Wohnraum im Hamburger Umland sogar um 7,3 Prozent verteuert habe, mit 8,35 Euro pro Quadratmeter jedoch weiter deutlich unter dem städtischen Niveau liege. Der Wahlkurs Geografie der Klasse 11 des Gymnasiums Ohmoor führt die Untersuchung in jedem Jahr durch. Auch dieses Mal sind die Schüler so vorgegangen, dass sie in den Monaten Februar und März die Wohnungsannoncen der großen Online-Portale und im Hamburger Abendblatt untersucht haben. Aus 2981 Angeboten innerhalb Hamburgs und 2124 Anzeigen aus den Randbezirken haben sie dann Mittelwerte gebildet. Das Projekt wurde erstmals im Jahr 1986 durchgeführt und steht seit Beginn unter der Leitung von Carl-Jürgen Bautsch, Leiter des Wahlkurses Geografie.
Zur Einordnung: Rund 700.000 Wohnungen in Hamburg werden laut Angaben des Mietervereins zu Hamburg frei vermietet. Etwa ein Drittel aller Wohnungen werden von der Saga und den Baugenossenschaften vergeben. Bei letzten werde die Mietpreisbremse in weiten Teilen beachtet. Vor dem Hintergrund, dass die in der Schülerstudie untersuchten Annoncen die Genossenschaftswohnungen nicht berücksichtigen und die Zahl mit knapp 3000 nicht den gesamten Markt wiedergibt, können die Ergebnisse nur einen Ausschnitt widerspiegeln.
„Mieten steigen schneller als Lebenshaltungskosten“
Siegmund Chychla, Chef des Mietervereins zu Hamburg, bewertet die erhobenen Zahlen dennoch als aussagekräftig. „Trotz der Mietpreisbremse stiegen die Mieten innerhalb eines Jahres in Hamburg 19 Mal schneller als die allgemeinen Lebensunterhaltungskosten“, sagt er. Damit sei aus seiner Sicht der Beweis erbracht, dass der Bundesgesetzgeber an der Mietpreisbremse dringend nachbessern müsse, um die Verlangsamung des Mietenanstiegs in angespannten Wohnungsmärkten zu erreichen. „Interessanterweise steigen die Mieten zudem laut der Studie gerade in den Stadtteilen zweistellig, die nach Plänen der Wohnungswirtschaft aus der für die ganze Stadt geltenden Mietpreisbremse herausgenommen werden sollen“, so Chychla weiter. Das sind laut Schüler-Studie besonders Stadtteile in B-Lagen, wie in Allermöhe (+23,6 Prozent), Bahrenfeld (+20,1 Prozent) und Farmsen (+16,8 Prozent).
Die Mietpreisbremse gilt in Hamburg seit dem 1. Juni 2015. Ziel ist es, sprunghafte Mieterhöhungen zu verhindern. Die Mietpreisbremse besagt, dass bei Neuvermietungen einer Wohnung die Miete maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Bei der Ermittlung der angemessenen Mietpreise fließen zudem Faktoren wie die Ausstattung, das Alter und die straßengenaue Lage der Wohnung mit ein. Bei Neubauten und umfassender Modernisierung der Wohnung gilt die Mietpreisbremse jedoch nicht. Ebensowenig, wenn der Vermieter schon zuvor hohe Mieten verlangt hat.
Bei Mietwucher kann Geld zurückverlangt werden
Hat ein Mieter bei seiner eigenen Wohnung den Verdacht, dass die Miete zu hoch angesetzt ist, empfiehlt Chychla die Kontaktaufnahme mit dem Mieterverein. „Wir prüfen dann, ob tatsächlich ein Mietwucher vorliegt. Ist das der Fall, erteilen wir eine schriftliche Rüge. In einigen Fällen konnte so schon erwirkt werden, dass Mietkosten zurückerstattet wurden. Wenn das nicht klappt, müssen rechtliche Schritte eingeleitet werden.“ Das Problem bestehe auch darin, dass es keine festgelegten Sanktionen gibt. „Der Mieter hat zwar die Möglichkeit, sich zu wehren und das Geld zurückzubekommen, der Vermieter hat aber außer einer Rückzahlung nichts zu befürchten.“
Zu der aktuellen Untersuchung äußerte sich auch der Immobilienverband Nord. „Der Trend der steigenden Mieten ist durchaus nachvollziehbar dargestellt“, sagt IVD-Geschäftsführerin Carolin Hegenbarth. „Allerdings heißt Mietererhöhung nicht automatisch, dass gegen die Mietpreisbremse verstoßen wird. Da muss man sich die Einzelfälle genauer ansehen.“