Obwohl sie Pflicht ist, trennen viele Hamburger organischen Müll nicht. Dabei schont das die Umwelt – und spart Geld.
Eigentlich müsste auf jedem Hamburger Grundstück, das die Voraussetzungen erfüllt, längst eine Biotonne stehen. So sieht es die Hamburger Wertstoffverordnung vor, die bereits seit 2011 gilt und die getrennte Entsorgung von organischen Küchen- und Gartenabfällen zur Pflicht macht. Trotzdem haben aber erst zwei Drittel der schätzungsweise 780.000 „anschlussfähigen“ Haushalte in Hamburg Zugang zu einer Biotonne. Insgesamt seien bisher 120.000 Stück von den grünen Behältern aufgestellt worden, sagt Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung. „Da ist noch viel Luft nach oben.“
In die Biotonne gehören unverpackte Reste von rohen und gekochten Lebensmitteln, also neben Obst-, Gemüse- und Fleischresten auch Eierschalen, altes Brot und nicht mehr genießbare Milchprodukte. Auch Gartenabfälle können in der Biotonne entsorgt werden. Wer große Mengen Geäst, Laub und Unkraut entsorgen und damit nicht seine Biotonne vollstopfen möchte, sollte auch daran denken, dass er seine Gartenabfälle gegen eine geringe Gebühr bei den Recyclinghöfen abliefern kann. Der erste Kubikmeter ist kostenlos.
Von der Pflicht zur Biotonne ausgenommen werden kann nur, wer schriftlich begründet, warum er keinen Platz für eine Biotonne hat und diesen auch nicht schaffen kann beziehungsweise bei dem die Mülltonnen im Keller stehen und es deshalb nicht zumutbar wäre, dort eine Biotonne unterzubringen, die gefüllt meist schwerer ist als die anderen Mülltonnen. Diese Ausnahmen treffen auf schätzungsweise 150.000 Haushalte zu. Ausgenommen ist zudem, wer seinen Bioabfall selbst kompostiert.
Mieter beschweren sich über Vermieter
Die meisten Einfamilienhäuser in Hamburg erfüllen die Vorgaben der Wertstoffverordnung bereits: Mehr als 90 Prozent hätten eine grüne Tonne oder einen eigenen Kompost, sagt Fiedler. Großen Nachholbedarf gebe es dagegen bei Mietshäusern. Viele Vermieter hätten Schreiben der Stadtreinigung bisher schlicht ignoriert. „Wir bekommen immer wieder Beschwerden von Mietern, dass ihr Vermieter bisher keine Biotonne anbietet“, sagt Fiedler. „Die Mieter können an dieser Situation aber nichts ändern.“
Was für die Biotonnen spricht? „Wer seinen Müll trennt, spart viel Geld und schont die Umwelt“, sagt Fiedler. Die Entsorgung des Abfalls aus einer Biotonne kostet ihm zufolge im Schnitt nur ein Fünftel dessen, was als Gebühr für eine gleich große Restmülltonne zu bezahlen wäre. Eine 240-Liter-Tonne etwa, die alle zwei Wochen geleert wird, kostet für Bioabfall 3,02 Euro pro Monat. Für Restmüll werden bei gleicher Größe und gleichem Intervall 15,18 Euro pro Monat fällig. Die Leerung der blauen Papiertonnen (240 Liter) alle vier Wochen bringt für Grundeigentümer keine zusätzlichen Kosten mit sich.
Für eine Biotonne müsste ein Vermieter aber womöglich extra Platz schaffen und könnte entstehende Kosten nicht auf die Mieter umlegen. Dafür müsste er die Nebenkostenabrechnung entsprechend anpassen, wobei er selbst kein Geld sparen würde, sondern nur der Mieter. Vor allem aus diesen Gründen haben viele Vermieter die Umstellung wohl bisher gescheut.
Im Jahr 2014 hatte die Stadtreinigung bereits die Großvermieter angeschrieben; 2015 folgten kleinere Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften. Derzeit schreibt die Stadtreinigung erneut Vermieter an, die immer noch keine Biotonne aufgestellt haben. Ein Bußgeld droht den Verweigerern zwar nicht. Die Stadtreinigung könnte aber irgendwann selbst die Tonne aufstellen. „Momentan versuchen wir es noch mit Überzeugungsarbeit“, sagt Fiedler.
Aus Bioabfall wird Energie
Denn da ist ja auch noch das Thema Umweltschutz: Der Bund hatte die getrennte Entsorgung des Biomülls beschlossen, damit mehr von diesen Stoffen als Düngemittel und zur Gewinnung von Biogas genutzt werden können. Je mehr von solchen erneuerbaren Energiequellen anstelle von fossilen Brennstoffen wie Erdgas und Kohle zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden, desto weniger zusätzliche Treibhausgase gelangen in die Luft. Und: „Wenn Bioabfall und Restmüll getrennt werden, können wir sie effizienter nutzen, weil sich mehr Energie aus dem Abfall rausholen lässt“, sagt Reinhard Fiedler.
Wie das aussehen kann, demonstriert die Stadtreinigung im Biogas- und Kompostwerk Bützberg in Tangstedt. Dort landen sämtliche Abfälle aus den 120.000 Hamburger Biotonnen. Pro Jahr werden in der Anlage bis zu 70.000 Tonnen organische Küchen- und Gartenabfälle zu rund 1,3 Millionen Kubikmeter Biomethan verarbeitet. Aus den Gärresten wird Kompost gemacht – bis zu 35.000 Tonnen pro Jahr. Mit dieser Leistung ist das Biogas- und Kompostwerk Bützberg nach Angaben der Betreiber die größte Anlage dieser Art in Norddeutschland.