Neustadt. Peter Zantop, einer der gefährlichsten Schwerverbrecher Hamburgs, sitzt seit 2003 in Haft. Erneuter Totalausfall bei Gericht.
Da sitzt er, gefesselt, zwei Justizbeamte neben sich. Er trägt eine hellblaue Schirmmütze, reckt das markante Kinn hoch. Wer den Auftritt von Peter Zantop vor der ersten Instanz miterlebt hat, darf sich am Montag über den erneuten verbalen Totalausfall nicht wundern: Vom Richter nach seinem Namen gefragt, bricht es sofort aus ihm heraus: „Blas meinen S..., du kleine Schw...“ Der Richter gelassen: „Das nehmen wir zu Protokoll.“
Nach nur 16 Minuten wird Zantop zurück ins Gefängnis verfrachtet, weiter verhandelt wird in seiner Abwesenheit – Zantop will es so. Während des ersten Prozesses im Juni 2015 hatte ihn die Richterin nach 70 Minuten wegen ungebührlichen Verhaltens aus dem Saal werfen lassen und zu einem Jahr Haft verurteilt. Dagegen ging der 57-Jährige in Berufung.
Peter Zantop erschoss 1998 einen Autohändler
Peter Zantop ist einer der gefährlichsten Schwerverbrecher Hamburgs. 1998 erschoss er den Autohändler Stellan Alfredsson auf einem Schrottplatz im Moorburger Elbdeich – 50.000 Euro soll er für den Auftragsmord kassiert haben. Im Januar 1999 tötete er den Immobilienmakler Günter Steppan mit 32 Messerstichen in dessen Wohnung und verletzte seine Partnerin lebensgefährlich. 2003 wurde er zu lebenslänglicher Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
Angeklagt ist der 57-Jährige am Montag wegen gefährlicher Körperverletzung. Im Februar 2014 schleuderte in einer Pantry-Küche der JVA Fuhlsbüttel dem Mitgefangenen Jörg B. eine Schale mit heißem Essen ins Gesicht. Der Mann erlitt Verbrennungen ersten und zweiten Grades an Ohr und Arm.
Von dem Angriff gibt es eine Videoaufzeichnung, ohne Ton, aber visuell eindeutig, sie wird am Montag im Gerichtssaal vorgespielt. Darauf zu sehen ist, wie Zantop sich in der Pantry-Küche eine mit Alufolie verschweißte Menage nimmt, sie öffnet und Jörg B. irgendetwas mit Suppe und Spätzle ins Gesicht feuert. Danach widmet sich Zantop in aller Seelenruhe der weiteren Zubereitung seines Mahls.
Opfer und Zeuge Jörg B. ist ein sehr großer, kräftiger Mann. Zantop und er seien damals nicht gut miteinander ausgekommen, sagt er. Leider sei er Zellennachbar von Zantop gewesen, der nachts so laut Autorennspiele auf der Playstation gedaddelt habe, „dass ich kein Auge zutun konnte und das Geschirr vibrierte“. Er habe sich wohl in „zehn bis 50 Anträgen“ über Zantop beschwert – möglicherweise sei er deshalb sauer auf ihn gewesen. Er jedenfalls habe ihn nicht provoziert.
Für die Justiz könnte es schon bald ein Wiedersehen mit Zantop geben
Etwas anders klingt das in einem vom Gericht verlesenen Schreiben Zantops an die Anstaltsleitung kurz nach dem Vorfall. Es ist ein Brief, verfasst in gedrechseltem, juristischem Fachjargon. Zantop mag daherkommen wie ein Straßenschläger, doch hat der 57-Jährige im Gefängnis mehrere Semester Jura an der Fernuni Hagen studiert. In dem Brief beschuldigt er Jörg B., böse Gerüchte über ihn verbreitet und mehrfach aggressiv gegen seine Zellentür gebollert zu haben. An jenem 8. Februar 2014 habe sich Jörg B. vor ihm in der Küche aufgebaut mit den Worten: „Ich bleibe hier so lange ich will, du F...“ Da habe er eben gehandelt, und zwar in „Putativnotwehr“. Sein ehemaliger Knastkumpel Chris-Sven Z., 38, bestätigt diese Version im Wesentlichen. Seine Angaben als Zeuge sind jedoch praktisch wertlos – selbst Zantops Verteidiger Björn Eckert geht von einer Gefälligkeitsaussage aus.
Am Ende reduziert das Gericht die Strafe von zwölf auf sechs Monate. Verurteilt wird Zantop nicht wegen gefährlicher, sondern nur wegen einfacher Körperverletzung. Grund: Es habe nicht aufgeklärt werden können, wie heiß das Essen war, mit dem er Jörg B. bewarf. Für die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung bedürfe es aber einer „erheblichen Gesundheitsschädigung“. Für die Justiz könnte es schon bald ein Wiedersehen mit Zantop geben, er ist noch wegen Beleidigung und Sachbeschädigung angeklagt, weil er in seine Zellenwand mit einer Teekanne ein Hakenkreuz-Muster geritzt und die Spalte mit seinen Exkrementen aufgefüllt haben soll.