Hamburg. Am Montag beginnen die Haushaltsberatungen des Hamburger Senats. Nur gewisser Grundstock für Flüchtlingsausgaben.
Die E-Mail, die am 4. Februar alle Behörden in Hamburg erreichte, kam nicht überraschend. Die Aufstellung eines neues Haushalts, in diesem Fall des Doppelhaushalts 2017/2018, beginnt traditionell mit diesem „Aufstellungsrundschreiben“ aus der Finanzbehörde, also der Aufforderung, Vorschläge für die künftigen Ausgaben zu machen.
Für Kopfzerbrechen in den Führungsetagen der Ämter sorgt eher, wie diese Schreiben seit dem Regierungswechsel 2011 formuliert sind. Denn während die Behörden es früher gewohnt waren, relativ kreativ und optimistisch ihre „Bedarfe“ anzumelden – die dann insgesamt in der Regel weit über dem zur Verfügung stehenden Geld lagen, was wiederum heftige Verteilungskämpfe auslöste –, haben Bürgermeister Olaf Scholz und Finanzsenator Peter Tschentscher (beide SPD) 2011 das „Top-Down-Prinzip“ eingeführt: Die Höhe der Ausgaben, für den Gesamthaushalt wie für jede einzelne Behörde, steht von vornherein fest: Diese „Eckwerte“ hat der Senat schon am 26. Januar beschlossen.
Die Behörden dürfen nur innerhalb dieses Rahmens Ausgabenvorschläge machen. Das sorgt auf der einen Seite in manchen Amtsstuben für Frust, auf der anderen für Klarheit. Zur Sicherheit hat Haushaltsdirektor Hans Hinrich Coorssen in seiner Mail vom 4. Februar noch einmal betont, dass die Eckwerte eine „verbindliche Maßgabe“ sind. Selbst das einzige Schlupfloch in diesen virtuellen Grenzen hatte noch disziplinierende Wirkung: Wenn eine Behörde mehr Geld haben wollte als ihr zugestanden wurde, musste sie selbst Vorschläge einreichen, welchen anderen Ressorts sie die Mittel wegnehmen will – das hat die Neigung zu solchen Vorstößen spürbar reduziert.
Wenn der Senat am Montag um 14 Uhr im Rathaus zusammenkommt, um im Bürgermeistersaal drei Tage lang den Etatentwurf für 2017 und 2018 zu beraten und dann zu beschließen, wird daher vieles schon geklärt sein. Verschiebungen wird es vermutlich nur noch im Detail geben.
Fest steht bereits, dass pro Jahr knapp 13 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, also rund 26 Milliarden für den Doppelhaushalt. Nachdem SPD und Grüne Ende 2015 auf die sehr hohen Steuereinnahmen der vergangenen Jahre reagiert und das Finanzrahmengesetz geändert hatten, stehen ihnen etwa 400 Millionen Euro pro Jahr mehr zur Verfügung als in den Vorjahren. Auf dieser neuen Basis dürfen die Ausgaben aber weiterhin nur um maximal ein Prozent pro Jahr steigen, um von 2019 an sicher die Schuldenbremse einhalten zu können. 2014 und 2015 war das bereits gelungen, als die Stadt 420 und 200 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet hatte. Auch 2016 wird sie wohl keine neuen Schulden machen müssen.
Während das nicht erwartet worden war, wird 2017 das erste Jahr sein, für das mit einem Überschuss geplant wird: Gut 40 Millionen Euro Plus sieht die Finanzplanung des Senats vor, 2018 sollen es dann schon 156 Millionen Euro sein.
Für die Personalausgaben, die gut ein Drittel des Etats ausmachen, ist eine Steigerung von 1,5 Prozent eingeplant. Eventuell höhere Tarifabschlüsse muss jedes Ressort wie gehabt selbst ausgleichen. Diese Regel stellt vor allem Behörden mit viel Personal wie Innen- und Schulbehörde sowie die Bezirksämter vor Probleme. Auch an dem Ziel, die Verwaltung pro Jahr um 250 Vollzeitkräfte zu reduzieren, wird festgehalten – wobei sich selbst Insider die Frage stellen, wie das in einer wachsenden Stadt und angesichts der Herausforderungen durch die Flüchtlingsthematik funktionieren soll.
Die Veranschlagung der Ausgaben für Flüchtlinge, zuletzt immerhin gut 600 Millionen Euro im Jahr, war nach Abendblatt-Informationen auch einer der umstrittensten Punkte im Vorfeld. Angesichts der sinkenden Flüchtlingszahlen wird der Ansatz zwar etwas niedriger sein. Aber eventuellen Begehrlichkeiten schieben die Haushaltspolitiker bereits einen Riegel vor. „Der Etat 2017/2018 wird eine ganz schöne Herausforderung“, sagte Farid Müller (Grüne). „Die Steuereinnahmen sind zwar höher als erwartet, aber viele Ausgaben, zu denen wir verpflichtet sind, auch. Daher haben wir kaum Spielraum und müssen sehr diszipliniert sein.“
Scholz und Tschentscher möchten wie bisher verfahren und den Behörden für Flüchtlingsausgaben nur einen gewissen Grundstock zur Verfügung stellen. Für eventuelle Mehrbedarfe soll zentral in der Finanzbehörde ein Topf zur Verfügung stehen – aus dem gibt es aber nur Geld, wenn die Behörden exakt den Bedarf nachweisen können. Dem Vernehmen nach hätten Innen- und vor allem Sozialbehörde das gern anders geregelt und gleich mehr Geld bekommen, sind jedoch abgeblitzt.
Anders die Kulturbehörde: Ihr Etat wird um die Betriebskosten für die Elbphilharmonie, die 2017 um drei Millionen Euro im Jahr steigen, erweitert. Hier gilt das Wort des Bürgermeisters, dass das Konzerthaus nicht zu Lasten anderer Kulturangebote gehen darf.
Die Opposition beobachtet die Haushaltsplanung gespannt. Aus Sicht von CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer ist das angesichts der guten Rahmenbedingungen kein Hexenwerk: „Wir haben Rekord-Steuereinnahmen, extrem niedrige Zinsen und bekommen mehr Bundesmittel als früher. Da sollte es doch möglich sein, einen vernünftigen Haushalt aufzustellen, ohne Reserven anzutasten oder die Einhaltung der Schuldenbremse zu gefährden.“