Hamburg. Abschreibung von 176 Millionen Euro. Dabei nimmt die Aktie der Hamburger Reederei langsam wieder Fahrt auf.

Der Schritt war lange erwartet worden, am Dienstag war es nun so weit. Die Stadt Hamburg bewertet ihren Anteil an der Reederei Hapag-Lloyd niedriger und nimmt deshalb eine entsprechende Wertberichtigung vor. Im Jahresabschluss 2015 der städtischen Beteiligungsholding HGV werde eine Aktie von Hapag-Lloyd mit 34 Euro bewertet statt wie bisher mit 43 Euro, sagte ein Sprecher der Finanz­behörde. Daraus ergebe sich eine Abschreibung von 176 Millionen Euro auf den Buchwert. Auf die Hamburger Anteile an der HSH Nordbank wurden 89 Millionen Euro abgeschrieben. Unmittelbare Auswirkungen für die Kassenlage der Stadt Hamburg haben die Abwertungen aber nicht, sie werden gegen die Rücklagen der HGV gebucht.

Zudem ist Hapag-Lloyd gerade dabei, sich wirtschaftlich zu berappeln. Doch die Zeiten haben sich gewandelt: Stück für Stück hat sich das Wertpapier des Schifffahrtsunternehmens wieder aus seinem Tief von weniger als 15 Euro nach oben gekämpft. Innerhalb von zwei Monaten ist der Kurs der Aktie um rund 25 Prozent gestiegen. Mit einem Stückpreis von 20,35 Euro hatte das Papier jüngst sogar seinen Einstiegskurs von 20,05 Euro kurzzeitig leicht übertroffen. Der Grund dafür ist nicht auf den weltweiten Schifffahrtsmärkten zu suchen. Denn dort hat sich die Lage nicht entspannt. Aber im Unternehmen selbst werden derzeit Dinge auf den Weg gebracht, welche die Anleger hoffnungsvoll stimmen.

Der geplante Zusammenschluss mit der arabischen Reederei United Arab Shipping Company (UASC) gibt dem Unternehmen kräftigen Auftrieb. Seit April verhandelt der Vorstand mit den Arabern, was die Fantasie der Hapag-Lloyd-Anleger beflügelt. Sollte das Geschäft zustande kommen, erhält Hapag-Lloyd über UASC Zugriff auf die weltweit größten Containerschiffe, die auf der hart umkämpften Route zwischen Asien und Europa höchste Effizienz versprechen. Diese Frachter fehlen bisher in der Flotte der Hamburger.

Noch größere Bedeutung hätte die Fusion aber wohl langfristig für Hapag-Lloyd. Schließlich stecken die Reedereien weltweit in einem unerbittlichen Existenzkampf. Die Überkapazitäten an Schiffen und die niedrigen Fracht­raten werden sich nach Meinung von Experten nicht so schnell erholen. Am Ende kann nur derjenige überleben, der den Kunden wegen seiner Größe attraktive Schifffahrtsverbindungen zu günstigen Preisen anbieten kann. Durch den Zusammenschluss mit UASC würde Hapag-Lloyd nach Angaben des Branchendienstes Alphaliner den Rivalen Evergreen Line überholen und von Platz sechs auf Platz fünf der weltgrößten Containerreedereien vorrücken. Der Abstand zur Nummer vier, den chinesischen COSCO Container­lines, wäre überschaubar.

Laut Thomas Wybierek, Schifffahrtsanalyst der NordLB, ergibt sich für Hapag-Anleger dadurch ein „positives Szenario“. Zusätzlichen Rückenwind habe Hapag-Lloyd auch durch das Anziehen der Frachtraten im Südamerikahandel erhalten. Da mache sich nun die bereits zuvor realisierte Fusion der Hamburger mit der chilenischen Containerreederei CSAV bezahlt, so Wybierek. „Insgesamt ist der Markt aber immer noch hart umkämpft – und positive Impulse sind nicht auszumachen.“

Diese muss Hapag-Lloyd selbst entwickeln. So hat der Zusammenschluss mit CSAV bereits zu jährlichen Einsparungen von umgerechnet 356 Millionen Euro geführt. Vorstandschef Rolf Habben Jansen hat zudem zwei größere Sparprogramme aufgelegt, die etwa durch einen verbesserten Einkauf und eine Optimierung der Schiffsauslastung weitere 534 Millionen Euro an Einsparungen bedeuten. Weniger Kosten dürfte die Fantasie der Anlieger beim Blick auf den Gewinn beflügeln.

Zugleich hat Habben Jansen unter dem bezeichnenden Namen „Compete to win“, also „kämpfen, um zu gewinnen“, ein gegenläufiges Programm aufgelegt, das mehr Umsatz bringen soll. Dazu hat der Reederei-Chef mit Thorsten Haeser wieder einen eigenen Vertriebsvorstand eingeführt, den es bei Hapag-Lloyd seit 2013 nicht mehr gegeben hat. Haeser hat die Aufgabe, zusätzliche Kunden zu gewinnen und damit mehr Ladung für Hapag-Lloyd zu akquirieren. Habben Jansen wird dabei von seinem eigenen Versprechen getrieben: Er will in diesem Jahr ausreichend Gewinn machen, damit er seinen Anteilseignern, zu denen neben CSAV (31,4 Prozent) und dem Logistikunternehmen Klaus-Michael Kühne (20,2 Prozent) mit 20,6 Prozent auch die Stadt Hamburg gehört, erstmals eine Dividende ausschütten kann.

Hamburger erzielen höchsten Gewinn pro Container

Auf den ersten Blick gibt das erste Quartal 2016 wenig Anlass zur Hoffnung: Der operative Gewinn vor Steuern lag bei 4,8 Millionen Euro. Das sind annähernd 170 Millionen Euro weniger als ein Jahr zuvor. Zieht man aber in die Betrachtung das Marktumfeld mit ein, dann zeigt sich auf den zweiten Blick, dass Hapag-Lloyd auf dem aufsteigenden Ast ist. Denn die anderen Reedereien haben noch schlechter abgeschnitten: Im Vergleich der operativen Ergebnisse der Reedereien liegt Hapag-Lloyd auf dem dritten Platz, noch vor Evergreen. Und vergleicht man die Gewinne pro transportierten Container, dann rangieren die Hamburger sogar auf Platz eins – die Einsparprogramme greifen also. Auch die Stadt als Anteilseigner kann nun auf einen dauerhaften Anstieg des Aktienkurses hoffen.