Hamburg. Versender Hermes plant neue Technologie. In sechs Wochen könnten die ersten Geräte fahren – auch in Hamburg?

Kommt das Paket bald ohne Boten an die Haustür? Der Hamburger Paketdienst Hermes will die Zustellung mit Liefer-Robotern des britischen Anbieters Starship Technologies ausprobieren. Ein Pilottest in Deutschland solle im Sommer starten, kündigten die beiden Unternehmen am Freitag an. Fußgänger sollten sich also nicht wundern, wenn ihnen auf dem Bürgersteig demnächst ein „Mars Rover“-ähnliches Fahrzeug entgegenkommt.

Allerdings ist noch nicht klar, an welchem Ort Hermes den Roboter testet. „Es wird auf jeden Fall eine Großstadt sein“, sagt Ingo Bertram, Sprecher des Paketdienstes. „Wir haben in mehreren Städten einen Antrag zum Test des Roboters eingereicht, auch in Hamburg.“ In Deutschland gibt es noch keine Regelungen für den Betrieb solcher Fahrzeuge, deswegen sind für Tests Ausnahmegenehmigungen erforderlich.

Die batteriebetriebenen Starship-Roboter haben sechs Räder und eine Reichweite von fünf Kilometern. Sie verfügen über ein mit PIN-Code gesichertes Fach, in dem bis zu 15 Kilogramm Gepäck verstaut werden können. Damit sollen sie vollautomatisch auf den Gehwegen unterwegs sein. Das Gerät erfasst seine Umgebung mit neun Kameras. Zebrastreifen und Ampeln werden erkannt. Auch Bordsteinkanten soll es problemlos überwinden können. Bei bisherigen Tests in anderen Ländern wurden die Roboter meist noch von Menschen mitgesteuert, später soll ein Mitarbeiter über das Internet 50 bis 100 der Fahrzeuge überwachen und notfalls über das Internet eingreifen können.

Roboter meldet sich per App, wenn er vor der Haustür steht

Die Otto-Tochter Hermes plant die kleinen Transport-Roboter in ihren Filialen zu stationieren, wo sie aufgeladen und bepackt werden. Kunden, die sich ihre Warensendung in die Filiale senden lassen, können damit das Paket bis vor die Haustür geliefert bekommen. Die Pläne sehen vor, dass sie dazu über eine Hermes-App auf ihrem Handy den Roboter anfordern. Per App meldet er sich auch, wenn er vor der Haustür steht. „Der Roboter soll keineswegs unsere Lieferwagen ersetzen, aber er kann für Einzellieferungen im Nahbereich durchaus eine Ergänzung sein“, sagt der Hermes-Sprecher. „In Hamburg beträgt die durchschnittliche Entfernung der Shops zu ihren Kunden 400 Meter. Das könnte das Fahrzeug bewältigen.“

Nicht zuletzt suche Hermes aufgrund der zunehmenden Beschränkungen für den Autoverkehr in Innenstädten nach einer neuen, innovativen Lösung. Der neben der Deutschen Post größte deutsche Paketdienst rechnet damit, seinen Test in sechs Wochen starten zu können.

Die Firma Starship Technologies mit Hauptsitz in London und einer Produktion im estnischen Tallin wurde 2014 von den zwei Skype-Mitgründern Janus Friis und Ahti Heinla ins Leben gerufen. Das Unternehmen möchte schon im kommenden Jahr einen kommerziellen Service mit dem Roboter starten, und peilt Kosten von rund einem Dollar pro Zustellung an. Neben Hermes hat auch der Handelskonzern Metro Interesse. Er zeigte den Zustell-Roboter in dieser Woche auf seinem Firmengelände. Auch andere Anbieter arbeiten an solchen Lösungen: So probierte die international tätige Pizza-Kette Domino’s bereits einen eigenen Liefer-Roboter in Australien aus.

Immer wieder testen Versandhändler einen autonomen Lieferservice. Amazon arbeitet seit Jahren an der Herstellung zuverlässiger Drohnen, die die Waren per Luftfracht ausliefern sollen. Zuletzt erprobte Blume 2000 die Versendung von Blumen mittels Drohnen. Diese können jedoch bei stärkerem Wind nicht starten. Dem Starship-Roboter macht Wind dagegen nichts aus.