Bonn/Hamburg. Die Umsätze der Paketdienstleister steigen vor allem durch den Onlinehandel. Auch Hamburger Hermes-Gruppe profitiert.

Schnelle Anlieferung, zeitgenaue Zustellung – zufriedene Gesichter der Kunden. Und wenn es richtig drückt, erledigt eine Drohne den Job. Die Paketdienstleister sind das wichtigste Rad im Getriebe des boomenden Onlinehandels. Die Branche gehört seit Jahren zu den Bereichen der Wirtschaft, in denen es unaufhaltsam nach oben geht. Und wenn Post-Chef Frank Appel in wenigen Tagen die Bilanz für das vergangene Jahr vorlegt, hat er das boomende Paketgeschäft wieder auf der Habenseite.

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK), der die Post-Konkurrenten vertritt, rechnet in diesem Jahr über alle Sparten mit einem Zuwachs von rund fünf Prozent. Ein überdurchschnittliches Wachstum verbuchen dabei die Paketsendungen an private Haushalte, resümierte die Kölner Beratungsgesellschaft Consult KE im vergangenen Dezember in einer Marktstudie für den BIEK.

Einen Zuwachs von rund fünf Prozent hält auch der größte Konkurrent der Deutschen Post, die Hamburger Hermes-Gruppe, für realistisch. „Durch den Poststreik im vergangenen Sommer und ein hervorragendes Weihnachtsgeschäft haben wir ein überdurchschnittlich gutes Jahr hinter uns“, sagt Unternehmenssprecher Martin Frommhold. Auch im kommenden Geschäftsjahr, das bei Hermes am 1. März beginnt, werde es weiter aufwärts gehen. Dabei hilft den Hamburgern, dass sie nicht nur von den zahlreichen Aufträgen der Muttergesellschaft Otto profitieren, sondern auch viele Zustellungen für große Wettbewerber wie Amazon erledigen.

Einen großen Schub hat der Onlinehandel insgesamt mit der Ausweitung der mobilen Kommunikation erhalten. Nicht nur per Mausklick vom heimischen Computer, bestellt wird vermehrt über das Smartphone von unterwegs. Dabei müssen die Paketzusteller nicht nur Kapazitäten ausweiten, sondern auch mit neuen Zustell­optionen die Wünsche einer immer anspruchsvoller werdenden Kundschaft bedienen.

Paketshops und Packstationen sind zwar weiterhin das Rückgrat der Zustellernetze, doch sie werden inzwischen ergänzt durch eine Fülle neuer Formen und Formate: Seit fast zwei Jahren vermarktet die Post nun schon die Paketkästen, die Briefchef Jürgen Gerdes einmal als „größte Erfindung seit dem Briefkasten“ bezeichnete. Die Wettbewerber gehen voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte mit der Unibox an den Start. Beide Kästen haben einen unschätzbaren Vorteil: Die Zustellung gelingt immer auf Anhieb. Das spart Kosten und schont die ohnehin dünnen Margen in einer Branche, in der hart um Marktanteile gekämpft wird. Ähnlich sicher ist die Zustellung über den Paketbutler – eine abschließbare Tasche, die an der Wohnungstür befestigt wird und von der Telekom entwickelt wurde.

Zustellung wird durch dieDigitalisierung immer flexibler

Die Digitalisierung hat viele Möglichkeiten der Zustellung geschaffen. So drängen immer neue Service-Varianten auf den Markt: Zustellung ins Büro oder am gleichen Tag, Adressumleitung, Abgabe beim Nachbarn und Anlieferung in einem festen Zeitfenster, Sendungsverfolgung oder Steuerung der Zulieferung über das Internet. Der Onlinekonzern Amazon erwägt angeblich eine Paketzustellung in Deutschland innerhalb von 90 Minuten nach Bestellung.

„Wir vereinfachen die Zustellung für Sie“, umgarnt der US-Paketdienstleister UPS die Kundschaft und bietet ihr die Möglichkeit, Lieferpläne über Smartphone und App während der Zustellphase zu verändern. Aus den USA kommt eine weitere Idee: Pakete durch Privatpersonen zustellen lassen – auch Crowd Sourcing genannt.

Ins Blickfeld ist inzwischen auch ein mobiler Paketkasten gerückt: Der Kofferraum des Autos. Gemeinsam mit Audi und Amazon erprobt die Post derzeit in München den mobilen Zustellpunkt im Fahrzeug. Auch die österreichische Post ist bei der Kofferraum­logistik am Ball. Mit VW und T-Systems läuft seit vergangenem Herbst ein Feldversuch.

Zur spektakulärsten aller Zustellformen gehört die Paketdrohne. Die Idee wurde von Amazon in den USA vorangetrieben. Das Unternehmen startete vor einem Jahr mit einem Minihubschrauber einen ersten Versuch. Die Deutsche Post gilt als Vorreiter in Deutschland. Der erste „Paketflieger“ überquerte den Rhein in unmittelbarer Nähe der Bonner Konzernzentrale. Später erfolgte ein Testflug auf die Insel Juist. Bis Ende März testet die Post nun die zweite Generation der Drohne zwischen Reit im Winkl und dem beliebten Skigebiet der Winkl­moosalm. Ein ähnliches Modell mit einem Lieferterminal hatte der Wettbewerber DPD, der zur französischen La Poste gehört, im vergangenen Herbst in der Schweiz erprobt. „Die Drohnentechnologie leistet einen Beitrag zur Erweiterung von Logistiknetzwerken durch die Überwindung großer Hindernisse“, heißt es in einer Mitteilung von DPD. So sieht das auch Dirk Klasen von der Deutschen Post: Im Fokus stehen schwer zugängliche Orte wie Inseln oder Bergregionen, aber keinesfalls die Regelzustellung.

Drohnen haben noch mittechnischen Problemen zu kämpfen

In Hamburg müht sich derzeit Blume 2000, eine Lieferung von Sträußen per Drohne auf den Weg zu bringen. Allerdings hat der größte Blumenhändler Deutschlands noch mit einer Reihe von technischen und rechtlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Bei einer Testvorführung Ende vergangenen Jahres musste das Fluggerät aufgrund des starken Herbstwindes in der Hansestadt am Boden bleiben.

Bei der Hamburger Hermes-Gruppe steht man der neuen Technologie angesichts solcher Unwägbarkeiten eher skeptisch gegenüber. Der Paketdienstleister treibt lieber ein anderes Projekt voran. Im vergangenen Jahr hat die Otto-Tochtergesellschaft damit begonnen, Paketshops in Kiosken von U-Bahn-Stationen einzurichten. Vor allem Berufspendlern soll auf diese Weise ein zusätzlicher Service geboten werden. „Dieses Konzept hat sich außerordentlich gut bewährt“, sagt Unternehmenssprecher Frommhold. Daher werde jetzt erwogen, das Angebot in Hamburg und über die Metropole hinaus auf andere Großstädte wie Berlin, München oder auch Frankfurt am Main auszuweiten.