Hamburg. Constantin von Oesterreich präsentiert zum Abschied einen Gewinn. Stefan Ernisch soll nun die Privatisierung voranbringen.
Aus dem Raum „Elbe 1“ im HSH-Nordbank-Gebäude fällt der Blick auf eine riesige Baustelle: Die ehemalige Landesbanken-Passage, die von der Spitalerstraße zum Gerhart-Hauptmann-Platz führte, wurde abgerissen und wird von der HSH durch eine zeitgemäße Shoppingmeile ersetzt. Eine schöne Symbolik. Denn auch acht Stockwerke höher wird an diesem Tag einiges umgebaut, wird Alt durch Neu ersetzt. Zugespitzt könnte man sagen: Die HSH Nordbank begibt sich auf die letzte Etappe ihrer bewegten Unternehmensgeschichte. In zwei Jahren wird es sie in der heutigen Form nicht mehr geben, entweder findet sich ein Käufer, oder sie wird abgewickelt.
An seinem letzten Arbeitstag legt der scheidende Vorstandschef Constantin von Oesterreich die Zahlen für das Geschäftsjahr 2015 und damit quasi seine Abschlussbilanz vor: 450 Millionen Euro Gewinn stehen vor Steuern zu Buche (nach Steuern: 98 Millionen), etwa das Doppelte des Vorjahres. Auch für 2016 werden schwarze Zahlen erwartet. Neugeschäft und Gewinnmargen seien stabil, die Risikovorsorge hoch, die weiter sinkenden Personalausgaben habe man „im Griff“ – ganze sieben Minuten braucht von Oesterreich, um die Lage des Instituts zu referieren. Dann überlässt er die Bühne seinem Nachfolger Stefan Ermisch.
Ein nicht ganz freiwilliger Abschied
Erst auf Nachfrage erlaubt sich von Oesterreich einige persönliche Worte: „Wir sind von einer krisen- und mediengeschüttelten Bank, die schlecht organisiert war, zu einer richtig guten Bank geworden“, blickt er auf seine Zeit im HSH-Vorstand zurück, dem er seit 2009 angehört. „Wir haben in diesen sieben Jahren im Schützengraben gewaltig viel erreicht.“ Übersetzt bedeutete dies: Die Basis für den Verkauf der Bank ist aus seiner Sicht gelegt.
Die HSH Nordbank in Zahlen
Dass die Eigentümer, die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, diesen Job nicht mehr ihm, sondern Ermisch anvertrauen, dass sein Abgang doch nicht – wie anfangs suggeriert – ganz freiwillig ist, dass er daher seine 500.000 Euro Jahresgehalt bis Herbst 2017 weiter bezieht, über all das verliert von Oesterreich kein Wort. Zum Glück, für ihn, fragt auch niemand danach. Der 63-Jährige wirkt erleichtert, dass es nun vorbei ist.
Die Aufgabe, die HSH Nordbank bis Februar 2018 für einen Käufer attraktiv zu machen, fällt nun Ermisch zu. Anders als sein Vorgänger weist der 50-Jährige, bislang stellvertretender Vorstandschef, martialische Begriffe wie „Himmelfahrtskommando“ oder „Schützengräben“ von sich: „Wir leben ja in friedlichen Zeiten.“ Aber auch Ermisch räumt ein: „Dass das eine große Herausforderung ist, muss mir niemand sagen.“ Er sei aber „ausdrücklich positiv gestimmt für die Zukunft“.
Wie berichtet, hatte die EU Anfang Mai endgültig die Wiedererhöhung der Ländergarantie von sieben auf zehn Milliarden Euro genehmigt. Außerdem dürfen Hamburg und Kiel der HSH zum 30. Juni über eine gemeinsame Anstalt fünf Milliarden Euro an faulen Schiffskrediten abnehmen – damit werden die Länder quasi Eigentümer von knapp 300 Schiffen. Im Gegenzug verpflichten sie sich gegenüber der EU, sich bis Februar 2018 von der HSH zu trennen – denn die Wettbewerbshüter in Brüssel mögen keine Staatsbanken.
Personalkosten sollen reduziert werden
Der Verkaufsprozess beginne 2017, sagte Ermisch. Darüber zu spekulieren, ob sich eher ein aus- oder ein inländischer Geldgeber finde, sei „viel zu früh“. Den noch gut 2800 Mitarbeitern habe er aber bereits „sehr klar“ gesagt, dass weitergespart werden müsse: Die Kosten für Personal und Verwaltung sollen 2018 nicht mehr bei 500, sondern nur noch bei 425 Millionen Euro liegen. Immerhin war Ermisch kürzlich mit gutem Beispiel vorangegangen und hatte verkündet, der Vorstand verzichte auf den angebotenen Bonus im Fall eines erfolgreichen Verkaufs.
CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer sagte, er habe „starke Zweifel, ob der Ausstieg aus der HSH in dieser Form klappt“. Erbost zeigte er sich angesichts der Prognose der HSH, dass sie von der Ländergarantie bis zu 7,5 Milliarden Euro in Anspruch nehmen werde. Das liege über den Prognosen des Senats, so Kleibauer: „Es wird mehr als deutlich, dass der Bürgerschaft bei der Entscheidung über die HSH-Rettung Ende 2015 nicht alle Fakten vorgelegt wurden.“ Entweder habe der Finanzsenator Informationen vorenthalten, „oder Senat, Bank und Berater sind komplett überfordert“.
Norbert Hackbusch (Linke) schlug in die gleiche Kerbe: „Ist dem Senat eigentlich klar, was er mit seiner durch das Parlament geprügelten Entscheidung, die Bank erneut zu retten, den Bürgern angetan hat?“ Wie er erwartet habe, nutze die Bank ihre komfortable Situation „schamlos aus“, so Hackbusch: „Positive Effekte gehen stets zugunsten der Bank, negative Effekte werden auf die Länder abgeschoben.“ Michael Kruse (FDP) kritisierte, dass die ausgewiesenen Gewinne die kritische Lage nicht überdecken könnten: „Bürgermeister Scholz und Finanzsenator Tschentscher haben es trotz mehrjähriger Verhandlungen zur Wiedererhöhung der Garantie nicht geschafft, die HSH Nordbank in sicheres Fahrwasser zu bringen.“