Mehr als 3000 Handwerker arbeiten Tag und Nacht bei Blohm+Voss, um die „Queen Mary 2“ zu erneuern.

Sie ist etwas unpässlich, Ihre Majestät. Wenn die Reederei Cunard die „Queen Mary 2“ anpreist, dann ist in der Regel von Glanz und Luxus die Rede. Vom royalen Stolz der alten Luxusliner, den das Kreuzfahrtschiff mit seinem formschön geschwungenen Bug wie ein Vermächtnis vor sich herträgt. Nun hat sich die Königin der Meere eine Auszeit genommen. Seit zwölf Tagen liegt das Schiff im Dock von Blohm+Voss zur größten Runderneuerung seit der Indienststellung vor zwölf Jahren. Und so hat Cunard sein Flaggschiff noch nie gezeigt: ohne Glanz, ohne Glamour, ungeschminkt. „,Queen Mary 2‘ unplugged“, sagt dazu Kevin Oprey, der Kapitän des stolzen Schiffes.

Oprey lädt an diesem heißen Junitag zu einem Schiffsrundgang, was eine kleine Sensation ist, denn die britische Cunard Reederei legt ansonsten keinen gesteigerten Wert darauf, ihre Königin beim Aufmöbeln ablichten zu lassen. Sogar aus den USA sind Journalisten angereist, um sich diese Gelegenheit nicht entgehen zu lassen. Nach einem umständlichen Einstieg in den Schiffsbauch irgendwo auf Deck zwei stehen sie nun im Britannia Club Restaurant oder in dem, was davon übrig ist. Die edlen Holzpaneele an den Wänden erinnern noch an das gehobene Ambiente des Speisesaals. Ansonsten sind die Möbel weggeräumt und die Teppiche herausgerissen.

Die Zwischendecken sind abmontiert, weil elektrische Kabel und Rohrleitungen ausgewechselt werden. Überall stehen Kisten und Kästen, Eimer und Handwerksutensilien herum. Auf Deck drei ist eine Armada originalverpackter einarmiger Banditen in Reih und Glied angetreten, die später im Kasino ihren Dienst versehen werden. Und so langsam bekommen die Besucher eine Vorstellung davon, was ein „Master Refit“, eine Generalüberholung, eines Kreuzfahrtschiffes bedeutet. Der Kapitän bemerkt jedenfalls die sorgenvollen Blicke bezüglich des Zustands der Queen und sagt beruhigend: „She’s still alive!“ – keine Sorge, sie ist noch am Leben.

Vor allem ist das Schiff voller Leben. Überall wuseln Menschen herum, Tischler, Elektriker, Monteure, Ingenieure Schweißer, Innenarchitekten, insgesamt zwischen 3000 und 3500 Handwerker sind an Bord, und alle haben nur ein Ziel: Am 17. Juni müssen sie fertig sein. Dann muss die „Queen“ wieder im alten Glanz erstrahlen. Sogar noch schöner, wenn man der Reederei glauben darf, die gern vom „nächsten Kapitel“ im Leben des Schiffes spricht. Einen hohen zweistelligen Millionenbetrag hat Cunard für die Schönheitskur ausgegeben, die eher einem Umbau der „Queen“ gleichkommt.

Besonders deutlich wird das auf den Decks 13 und sieben, wo zum Teil völlig neue Kabinen entstehen oder andere umgebaut werden. Hier ist das Schiff an einer Seite bis auf seine Stahlhülle entkernt. Niemals können hier innerhalb von 14 Tagen neue Kabinen entstehen, sagen die Besucher kopfschüttelnd. „Doch, doch, das wird schon“, lautet die Antwort. Die Lösung: Die Kabinensegmente sind schon an Land gebaut worden, zum Teil in Finnland. Sie werden nun nur noch ins Schiff gehievt und zusammenmontiert.

Gerade hebt ein Kran einen weißen Container von der Pier. „Das ist eine Nasszelle“, sagt ein Werftmitarbeiter. Was heißt hier Nasszelle? Wohl eher ein luxuriöses Bad. Schränke, Waschtisch und Spiegel sind schon vormontiert. ­Toilette, Badewanne und Waschbecken werden später an Bord hinzugefügt.

Zeit ist Geld für ein Kreuzfahrtschiff, und Liegezeit ohne Gäste ist verlorenes Geld. Deshalb wird auf der „Queen“ rund um die Uhr gearbeitet. Alles geht Hand in Hand. Im Queens Grill Restaurant hängen schon die neuen Art-déco-Lüster an der Decke, darunter stehen zwei Sägetische, weil die Tischlerarbeiten an den Wänden noch lange nicht abgeschlossen sind.

Am Eingang zum Canyon Ranch Spa treffen Chaos und Perfektion aufeinander. Die Treppe des über zwei Ebenen gehenden Wellnessbereichs ist bereits fertig gestaltet. Schaut man nach rechts, schmeichelt indirektes Licht den Augen, raffiniert in den Boden eingelassene grüne LED-Beleuchtung unterstreicht die liebevolle Bepflanzung. Beim Blick nach links begrüßen einen die 300 Watt der Arbeitslampe, während ein Handwerker unter Mithilfe eines Dudelsenders aus einem mitgebrachten Transistorradio großzügig Kleister auf einer Wand verteilt. Den schwersten Job haben rund ein Dutzend Decksmitarbeiter. Sie knien auf dem Außendeck und pulen den Teer aus den Ritzen zwischen den hölzernen Planken. Die Fugen müssen neu gefüllt werden, kalfatern nennt man das in der Fachsprache. Auf dem terrassenförmig angelegten Heck stehen große Container, in denen der gesamte Müll gesammelt wird. Im ausgepumpten Pool hat sich dreckiges Regenwasser gesammelt, in dem Verpackungsreste ­schwimmen.

Die „Queen Mary 2“ zu Besuch in Hamburg

Die „Queen Mary 2“ ist zu Besuch in Hamburg

Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Queen Mary 2" läuft am frühen Freitagmorgen in den Hamburger Hafen ein © dpa | Lukas Schulze
Die
Die "Queen Mary 2" im Hamburger Hafen © dpa | Lukas Schulze
Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Queen Mary 2" läuft am frühen Freitagmorgen in den Hamburger Hafen ein © dpa | Lukas Schulze
Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Queen Mary 2" läuft am frühen Freitagmorgen in den Hamburger Hafen ein © dpa | Lukas Schulze
Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Queen Mary 2" bei seiner Einfahrt in den Hamburger Hafen © dpa | Lukas Schulze
Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Queen Mary 2" läuft am frühen Freitagmorgen in den Hamburger Hafen ein © dpa | Lukas Schulze
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Ab und zu blitzt die Eleganz des Schiffes durch: Die schmiedeeisernen Geländer an den Treppenaufgängen mit den verzierten Glasmosaiken sind schon fertig. Aber niemand beachtet sie, weil jeder auf seine Arbeit konzentriert ist. Auf Höhe der Bar Sir Samuels (irgendwo auf Deck drei) stapeln sich etliche Sessel und Stühle. Hier hat kurzerhand eine Polsterei ihre Werkstatt aufgemacht, um diejenigen Sitzmöbel wieder aufzufrischen, die nicht ausgetauscht werden. Über allem hängt der Brandgeruch der Schweißarbeiten.

Antrieb und Bugstrahlruder werden erneuert

Etliche Decks tiefer wird der Antrieb erneuert. Die vier Schiffsschrauben werden überholt, ebenso die Stabilisatoren und die drei Bugstrahlruder. Am 17. Juni soll alles funktionieren. Dann sind einige Testfahrten vorgesehen, bevor die „Queen“ am 21. Juni wieder mit Gästen die Fahrt von Hamburg nach New York ­antritt.

Damit die vielen Arbeiter im Schichtbetrieb ausreichend verpflegt werden, laufen die Küchen an Bord im Dauerbetrieb. Gleich zwei Küchenmeister kümmern sich um das leibliche Wohl der Arbeiter. Nicholas und Mark Old­royd sind fast schon Legenden bei Cunard. Die Zwillinge haben zusammen auf einem Schiff angefangen. Erst als sie sich zu Souschefs hocharbeiteten, trennten sich ihre Wege. Der eine ist heute Chefkoch auf der „Queen Mary 2“, der andere auf der „Queen Victoria“. Normalerweise gebe es schon eine gewisse Rivalität mit seinem Bruder, wer auf seinem Schiff die raffinierteren Menüs anbietet, sagt Nicholas Oldroyd. Für den Werftaufenthalt hätten sie sich zusammengetan, weil die Arbeit riesig ist. „Wir geben am Tag 17.000 Essen aus. Allein 3000 Schnitzel, jeden Tag“, sagt Oldroyd.

Wieder an Land fällt auf, dass der formschön geschwungene Bug inzwischen frisch gestrichen ist. Von außen ist sie fast wieder perfekt, die schöne, ­luxuriöse „Queen“.