Hamburg. Die Kinokomödie „Happy Burnout“spielt unter anderem in der Elblounge. Mit dabei sind Wotan Wilke Möhring und Anke Engelke.
Die Elblounge in Blankenese: Wotan Wilke Möhring und Ulrike Krumbiegel sitzen sich gegenüber. Er als Altpunk Poscha mit Spitznamen Fussel, der nicht erwachsen werden will und sich vor jeder Verantwortung drückt. Sie als Ärztin, die mit ihm ein Aufnahmegespräch führt, denn um weiterhin Hartz IV beziehen zu können, lässt Poscha sich in eine Klinik einweisen. Angeblich leidet er am Burn-out-Syndrom.
„Willkommen bei uns“, begrüßt Krumbiegel den „Patienten“ säuselnd und fragt, wie er sich fühle. „Ich habe sehr lange Zeit meine Probleme mit mir selber ausgemacht. Ich wollte niemand belasten“, antwortet der mit gedämpfter und gespielt bedrückter Stimme.
Simulant trittft auf echte Patienten
Die beiden beugen sich vor, kommen sich näher und näher. Eine knisternde Atmosphäre, doch Regisseur André Erkau unterbricht. Er wünscht sich die Szene „ein bisschen flirtiger“. Das bekommt er geliefert. In Hamburg wird zurzeit der Film „Happy Burnout“ gedreht. Am Mittwoch diente dem Team die Elblounge als Location.
In der Klinik wird Fussel viele neue Erfahrungen machen. Er kommt als Simulant und trifft dort andere Patienten, die tatsächlich unter dem Burn-out-Syndrom leiden. Sie haben wirklich Probleme und merken natürlich, dass der Mann ihnen etwas vorspielt, aber auch, dass man seine unbändige Energie und seinen Charme für den eigenen Vorteil durchaus sinnvoll einsetzen kann.
„Es war ein sehr sinnliches Miteinander“
Der Film hat eine kuriose Vorgeschichte. Vor vier Jahren drehte das gleiche Team die Tragikomödie „Das Leben ist nichts für Feiglinge“. Deren Erfolg, besonders aber die intensive Art der Zusammenarbeit ließen die Crew schon damals an eine Fortsetzung denken.
„Es war ein sehr sinnliches Miteinander“, erinnert sich Erkau, von dem auch die Tiefkühlkost-Komödie „Arschkalt“ stammt. Nachdem man zwischendurch ein Drehbuch verworfen hatte, schrieb nun Gernot Gricksch dem Hauptdarsteller eine neue Geschichte auf den Leib, auf die sich alle einigen konnten.
„Das ist hier kein Aufklärungsfilm über Burn-out. Es geht darum, wie schwer es ist, mit sich selbst, aber auch mit anderen in Kontakt zu treten“, sagt Erkau. Das ist zwar überwiegend ziemlich komisch, hat aber immer auch wieder ernste Untertöne. „Wer hilft am Ende eigentlich wem? Nach solchen Themen haben wir lange gesucht, und wir wollen sie nicht nur mit norddeutschem Understatement beantworten“, sagt er.
Wotan Wilke Möhrings Vergangenheit als Punk
So hat man Wotan Wilke Möhring noch nie auf der Leinwand gesehen: Er trägt Springerstiefel, seine Haare sehen reichlich asymmetrisch aus. „Das ist ein angedeuteter ehemaliger Irokese, der auf die Seite gefallen ist“, erklärt er seine „Frisur“. „Deshalb habe ich mir zum ersten Mal in meinem Leben Extensions machen lassen müssen.“
Wenn er die Haare tatsächlich so wachsen lassen würde, könnte er vier Jahre lang keinen anderen Film drehen, glaubt er. Mit Punks kennt er sich aus, denn zwischen 17 und 21 Jahren war er selbst einer. „Kein Bettel-Punk, sondern eher Anarcho und noch zerrissener. Ich habe Systemfragen gestellt und Kontra gegeben.“ Er werde oft für Rollen gesucht, in denen er „große Jungen“ spielen soll. „Anscheinend ist da etwas dran“, grübelt er.
„Hamburg ist einfach meine Stadt“
Ab dem kommenden Donnerstag ist Möhring in der Komödie „Seitenwechsel“ in den Kinos zu sehen. Er spielt einen Fußballtrainer, der seiner Frau (Mina Tander) nicht mehr viel zu sagen hat. Eines Morgens wachen beide im Körper des jeweils anderen auf und machen ganz neue Erfahrungen.
Am Dienstag war die Premiere in Berlin. Möhring ist um 3.30 Uhr in Hamburg angekommen und hat sich gleich in die Dreharbeiten zu „Happy Burnout“ gestürzt. „Wenn man eine Frau spielt, ist man so weit weg von sich wie noch nie“, findet er.
Er sucht neue Herausforderungen und Spaß. Weihnachten wird man ihn im TV-Dreiteiler „Winnetou“ als Old Shatterhand sehen können. Nach dessen anstrengenden Dreharbeiten hat er erst einmal Pause gemacht, um Zeit mit seinen Kindern zu verbringen und um sich seine Spielfreude zu erhalten. „Die kleinste Ausprägung von Burn-out kennen wir doch alle.“
Deshalb ist „Happy Burnout“ sein erster Film in diesem Jahr. Auch als „Tatort“-Kommissar Thorsten Falke hat er immer wieder in der Hansestadt zu tun. „Hamburg ist einfach meine Stadt. Ich mag diesen Humor“, sagt der Mann mit dem Lebensmittelpunkt Köln.
Für „Happy Burnout“ sind 32 Drehtage angesetzt, von denen nach Angaben von Produzent Michael Eckelt die Hälfte in Hamburg absolviert wird. Mit dabei sind auch die Schauspieler Michael Wittenborn, Kostja Ullmann und Victoria Trauttmansdorff. Der Film soll 2017 ins Kino kommen.