Hamburg. Otto Group setzt weiter auf das Internet und will nach der Restrukturierung wieder wachsen. Unternehmen erwartet steigenden Gewinn.

Nachdem der Otto-Konzern im vergangenen Jahr einen Rückgang bei der Zahl der Mitarbeiter meldete, will das Unternehmen nun wieder wachsen – auch in der Hansestadt. Von „300 offenen Stellen“ sprach am Mittwoch Vorstandschef Hans-Otto Schrader allein für den Firmensitz. Insbesondere die Digitalisierung des Geschäfts erfordert neue Mitarbeiter in den Bereichen Internethandel, Datenmanagement oder Programmierung.

Zuvor war die Zahl der Beschäftigten bei Otto in der Hansestadt binnen Jahresfrist gesunken: Von 8600 auf aktuell 8200 Mitarbeiter schrumpfte die Belegschaft der Firma mit Zentrale in Bramfeld. Der Rückgang resultiert aus Verkäufen von Töchtern wie dem Büroartikelanbieter Otto Office und Bru­neau.

Weitere 65 Mitarbeiter mussten gehen, weil Otto seine Firma für Zahlungsabwicklung, Yapital, geschlossen hat. Auch wenn es für den digitalen Bezahldienst wegen der übermächtigen Konkurrenz keine Überlebenschance gab, setzt der Konzern stärker als je zuvor auf das Internet.

Zukunft der Otto Group liegt im digitalen Bereich

„Es ist uns klar, dass die Zukunft des Shoppings für die Otto Group im digitalen Bereich liegt“, sagte Schrader bei der Präsentation der Bilanz für das abgelaufene Jahr. Er kündigte Investitionen von mehr als 300 Millionen Euro an. Davon soll ein Teil in die Logistik-Tochter Hermes fließen, die vom boomenden Onlinehandel profitiert.

Das meiste Geld steckt das Familienunternehmen in die Digitalisierung und Vernetzung des Handels. Der Konzern setzt schon seit einigen Jahren darauf, dass immer mehr Menschen Kleidung, Elektronik und sogar Möbel über ihre Smartphones und Tablets im Internet kaufen.

Alexander Birken, der zukünftige Otto-Chef, der in sieben Monaten das Amt von Hans-Otto Schrader übernehmen wird, erwartet eine radikale Veränderung durch den digitalen Wandel: „Bald werden wir sagen, 2016 war alles ja noch ziemlich gemütlich“. Der 51-Jährige sprach von einer größeren Experimentierfreude und Agilität, die den Konzern in der Zukunft erwarte. Die Frage wird sein, so Birken, „sind wir die digital Getriebenen oder die Treiber der Digitalisierung?“.

Hälfte des Umsatzes im Internet generiert

Der Konzern erzielt heute bereits mehr als die Hälfte seines weltweiten Umsatzes, der um gut fünf Prozent auf zwölf Milliarden Euro stieg, im Internet. In Deutschland kletterten die Onlineerlöse im vergangenen Geschäftsjahr 2015/2016 um mehr als zwölf Prozent auf 4,6 Milliarden Euro.

Nach Jahren geringeren Wachstums schnitt die Otto-Gruppe nach eigenen Angaben damit etwas besser ab als der deutsche E-Commerce-Markt. Davor war das Wachstum niedriger ausgefallen – Zalando und Alibaba schnappten Otto Marktanteile weg.

Sorgenkinder wurden verkauft

Für die einzelnen Konzernbereiche zog Schrader bei seiner letzten Bilanzvorlage nach neun Jahren an der Firmenspitze eine gemischte Bilanz. Die Tochter Crate & Barrel in den USA sei nun profitabel, ebenso das Geschäft in Russland. Der lange schwächelnde Onlineshop Mytoys wachse wieder kräftig. Allerdings arbeiteten sowohl Mytoys als auch der Sportartikel-Händler Sportscheck noch nicht profitabel, berichtete Schrader.

Weitere Sorgenkinder waren für Otto die Wirtschaftsauskunftei Bürgel und der Händler Alba Moda, beide Firmen wurden verkauft. Im laufenden Jahr wolle er sich erneut von einigen Töchtern trennen, die nicht mehr zur Gruppe passen, sagte Schrader.

Auch bei dem kriselnden Versender 3SI in Frankreich musste das ­Management feststellen, dass eine Sanierung nicht möglich sei. Die unprofitablen Handelsaktivitäten der französischen Tochter will Otto daher bis zum Ende des Geschäftsjahres abstoßen. Die daraus resultierenden Belastungen von 280 Millionen Euro – etwa durch die in Frankreich üblichen hohen Abfindungen – musste der Konzern bereits im abgelaufenen Jahr verbuchen.

Dadurch entstand in der Bilanz ein Nachsteuerverlust von 190 Millionen Euro. Der Gewinn vor Steuern (Ebit) wird mit 187 Millionen Euro ausgewiesen – nach 44 Millionen Euro im Vorjahr. Für das laufende Jahr ist Schrader beim Ertrag optimistisch: Der Vorstandschef rechnet mit einem deutlich steigenden Gewinn.