Hamburg. Monatlich bezahlt die Hansestadt für die Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung fast 2000 Euro.
Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen ist in Hamburg deutlich teurer als in vielen anderen Großstädten. Das geht aus einer Auswertung von Antworten des Senats auf Anfragen der FDP-Abgeordneten Jennyfer Dutschke und der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider sowie dem Vergleich mit Kommunen in anderen Bundesländern hervor.
Nach Angaben des Senats zahlt Hamburg für die Unterbringung eines Flüchtlings in einer zentralen Erstaufnahme jeden Monat 1951,11 Euro. Darin sind sogenannte Platzkosten – Abschläge zum Personal oder zur Miete (855,62 Euro) – genauso enthalten wie Belegungskosten für Verpflegung, Dolmetscher, Objektsicherung oder Kinderbetreuung (1095,49 Euro). Die monatlichen Kosten für einen Platz in einer Folgeunterkunft, in die Flüchtlinge nach einem halben Jahr umziehen sollen, betragen dagegen 446,27 Euro.
Legt man diese Zahlen zugrunde und führt man sie mit der Antwort des Senats auf die Anfrage der Linken-Abgeordneten Schneider nach fehlenden Plätzen in Folgeunterkünften zusammen, so wirft diese Rechnung Fragen auf. Denn dem Senat zufolge leben derzeit fast 7000 Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA), obwohl sie längst einen Anspruch auf die Unterbringung in einer Folgeunterkunft haben. Die CDU-Abgeordnete Karin Prien hat ausgerechnet, dass durch die sogenannten Überresidenten Mehrkosten entstünden, die sich im Monat auf rund neun Millionen Euro summierten. Auf das Jahr hochgerechnet würden das 108 Millionen Euro bedeuten.
Unterdessen ergab eine Recherche der beiden Journalistinnen Julia Friedrichs und Bettina Malter von dem spendenfinanzierten Recherchezentrum Correctiv.org, dass Hamburg im Vergleich zu vielen anderen Kommunen in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich mehr Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen ausgab.
Während Hamburg 2015 im Monat durchschnittlich 1250 Euro für einen Flüchtling bezahlte (in der Zahl sind sowohl Kosten für Flüchtlinge in ZEAs sowie in Folgeunterkünften enthalten), lagen die monatlichen Kosten für einen Flüchtling in Bremen bei 833 Euro, in Leipzig bei 388 Euro, in Köln bei 578 und in Wiesbaden sowie Mainz bei 1110 Euro. Allerdings lagen die Ausgaben in anderen Städten wie Hannover (1666 Euro) oder Karlsruhe (1500 Euro) über den Hamburger Ausgaben.
Ein Grund für die hohen Kosten ist nach den Worten von Kerstin Graupner, Sprecherin der Flüchtlingskoordination, der Verzicht Hamburgs auf die Unterbringung von Flüchtlingen in Sporthallen. „Turnhallen, in denen es bereits sanitäre Einrichtungen gibt, sind oft billiger herzurichten als Baumärkte.“ Zudem gebe es in der Hansestadt knapp 40 zum Teil kleine Erstaufnahmeeinrichtungen. Diese seien teurer in der Herrichtung und im Betrieb als große Unterkünfte, wie sie in Flächenländern häufiger seien.
Regelmäßig werde die Umwandlung von ZEAs in Folgeeinrichtungen geprüft
Die Umwandlung von ZEAs in Folgeeinrichtungen werde regelmäßig geprüft, sagte Graupner weiter. Geplant ist, dass es in Zukunft nur noch die eine zentrale Erstaufnahme in Rahlstedt geben soll, die vergangene Woche offiziell eröffnet wurde.
Die FDP-Abgeordnete Jennyfer Dutschke bemängelte eine mangelnde Kostentransparenz und zu geringe Kontrolle der Ausgaben für die Versorgung von Flüchtlingen. „Das Problem in Hamburg besteht darin, dass Aufträge größtenteils nicht ausgeschrieben werden“, sagte die Politikerin. „Betreiber von Einrichtungen, Caterer, Reinigungs- und Wachdienstleister erhalten vielfach den Zuschlag, ohne dass Vergleichsangebote eingeholt und geprüft werden.“ Eine Abwägung von Kosten und Leistungen gebe es nicht. Hinzu komme, dass der Senat nicht den Versuch unternehme, „die Betreiber der Erstaufnahmen zu einer sparsamen Haushaltsführung zu verpflichten“.
Nach den Worten von CDU-Fraktionsvize Karin Prien sind die Kosten der ZEA-Unterbringung aus dem Ruder gelaufen. „Wieder zeigt sich die Unsinnigkeit des Königsteiner Schlüssels bei der Verteilung von Flüchtlingen.“ Hier fehle das Engagement von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) für eine gerechte Verteilung der Lasten.
Prien verwies auf die im Lise-Meitner-Park in Lurup geplante Folgeunterkunft, deren Eröffnung im November vergangenen Jahres geplant war und die noch immer nicht bezogen sei. „Das anhaltende Behördenversagen bedeutet nicht nur seit Monaten für 900 Flüchtlinge ein Leben im Baumarkt unter prekären Umständen, sondern ist zudem eine Verschwendung von Millionen Steuergeldern.“
Die Folgeunterkunft im Lise-Meitner-Park steht seit Längerem im Fokus. Bei der Abnahme der rund 500 Wohncontainer im Wert von etwa 30 Millionen Euro war festgestellt worden, dass diese nicht den Brandschutzbestimmungen entsprechen würden. Im April wurde bekannt, dass Betten, Matratzen, Schränke und Stühle im Wert von rund einer halben Million Euro ersetzt werden müssen, weil falsche Möbel gekauft wurden. Jetzt soll die Unterkunft Ende Mai eröffnet werden.