Hamburg . Zum Prozessauftakt hatte die Angeklagte erklärt, sie trage die Verantwortung. Jetzt soll ein Gutachter ihre Schuldfähigkeit prüfen.

Die Mutter, die am 7. November 2015 ihr Baby unter Decken erstickt haben soll, ist möglicherweise psychisch krank. Die 29-Jährige soll den kleinen Jungen im Elternschlafzimmer ihrer Wohnung in Harburg mit zwei Decken bedeckt haben, weil sie das Schreien ihres Kindes nicht mehr ertragen konnte.

DieMutter habe am Donnerstag vergangener Woche erstmals gegenüber Ärzten geäußert, in der Nacht vor der Tat Stimmen gehört zu haben, erklärte am Dienstag ihr Anwalt im Prozess vor dem Hamburger Landgericht. Die Stimmen hätten befehlenden Charakter gehabt und sie zur Kindstötung aufgefordert. Der Verteidiger beantragte, die Schuldfähigkeit der Angeklagten von einem Gutachter prüfen zu lassen. Sollte die Mutter schuldunfähig sein, müsse über eine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus entschieden werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Mutter Totschlag vor. Sie habe den Tod des fünf Monate alten Jungen in Kauf genommen, als sie ihm Decken auch über Kopf und Gesicht gelegt habe, um sein Schreien nicht mehr hören zu müssen. Zum Prozessauftakt Ende April hatte die Angeklagte erklärt, sie trage die Verantwortung für die Tat. Sie habe einen schrecklichen Fehler gemacht. In der von ihrem Anwalt verlesenen Erklärung war sie auch ausführlich auf ihre schwierige Kindheit im Bosnienkrieg (1992-1995) eingegangen. Dem Vater des Kindes hatte sie vorgeworfen, er habe sie und das Baby misshandelt.

Notruf-Protokolle wurden vom Gericht verlesen

Zum Antrag der Verteidigung vom Dienstag sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft: „Ich kann nur sagen, dass ich sehr überrascht bin.“ Der kleine Maximilian war am 7. November vergangenen Jahres gestorben. Nach dem Zudecken des Kindes war die Mutter aus dem Schlafzimmer gegangen und hatte nach eigenen Angaben im Wohnzimmer auf dem Handy Musik gehört und einen Film gesehen. Später fand sie das Baby leblos vor und rief die Feuerwehr.

Die Notruf-Protokolle über die dramatischen Minuten wurden am Dienstag vom Gericht verlesen. Demnach erklärte die Mutter der Notrufzentrale, dass ihr kleiner Junge nicht mehr atme. „Er ist total weiß angelaufen!“, sagte sie unter Schluchzen. Der Mitarbeiter der Leitstelle forderte sie auf, das Kind auf den Boden zu legen und es Mund zu Mund zu beatmen. Dann erklärte er der Mutter, wie sie eine Herzrhythmusmassage machen müsse, Wenige Augenblicke später waren die Rettungskräfte in der Wohnung, wie aus den Protokollen weiter hervorgeht. Die Feuerwehrleute versuchten vergeblich, das Baby zu reanimieren.

Die Polizei nahm die Mutter noch in der Wohnung fest. Sie kam in Untersuchungshaft. Seit vergangenem Monat befindet sie sich in einer gerichtsmedizinischen Klinik.